Professor, Prediger und „Kirche+Leben“-Autor

Benedikt XVI. wird 90 Jahre alt: Erinnerungen an Münster

Auch wenn Benedikt XVI. als der bayerische Papst gilt: Wenn er an seinem 90. Geburtstag zurückschaut, gehört seine Zeit als Theologe in Münster zu den besonders prägenden Phasen – nicht nur, weil er damals „Kirche+Leben“-Autor war.

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Erst ein halbes Jahr war Papst Benedikt XVI. im Amt, als er öffentlich von seiner Zeit in Münster schwärmte. Genauer gesagt: im Petersdom, zum Abschluss der Seligsprechung von Kardinal von Galen im Oktober 2005. Der feierlichen Messe hatte er nicht vorgestanden – eine deutliche Änderung der Praxis von Johannes Paul II., der rekordverdächtig viele Seligsprechungsgottesdienste in Rom selber leitete.

Papst Benedikt ließ es sich aber nicht nehmen, am Ende der Feier für Kardinal von Galen zum Segen in den Petersdom zu kommen. Dabei erinnerte er sich vor rund 5000 Pilgern an seine Zeit als Theologie-Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität von 1963 bis 1966. Begeistert erzählte er auch von der Wallfahrt in Telgte – und von der kleinen Anbetungskirche St. Servatii im Herzen von Münster.

Auch wenn Benedikt XVI. nur acht Jahre Papst war – er galt von Anfang an als theologischer Papst, der anders als sein Vorgänger und sein Nachfolger weniger auf bedeutsame Gesten, sondern auf das gesprochene und geschrieben Wort setzte, um den Glauben zu verkünden. Münster war nach München und Bonn seine dritte Professorenstelle. Anschließend wirkte er in Tübingen und Regensburg.

 

Prediger im Paulus-Dom, Autor in „Kirche+Leben“

 

Noch aus seiner Zeit am Rhein stammte eine enge Verbindung zum Kölner Kardinal Joseph Frings, der den jungen Professor Joseph Ratzinger als Berater mit zu den Beratungen des Zweiten Vatikanischen Konzils nahm. Darüber berichtete er nicht nur vor der Dechantenkonferenz des Bistums Münster, sondern auch regelmäßig und exklusiv in „Kirche+Leben“. 1964 hielt er dreimal die Advents­predigten im St.-Paulus-Dom, die weite Beachtung fanden.

Johann Baptist Metz und Kardinal Joseph Ratzinger 1998 in Ahaus.Johann Baptist Metz und Kardinal Joseph Ratzinger 1998 in Ahaus.

Eine tiefe Freundschaft pflegte er mit dem Philosophen Josef Pieper, zu dessen Gesprächszirkel er gehörte. 1981 traf Ratzinger als Erzbischof von München auf Pieper, als dem Münsteraner der Romano-Guardini-Preis verliehen wurde.

 

Kamphaus und Lettmann bei Ratzinger

 

Ein halbes Jahr später berief Papst Johannes Paul II. den Münchner Kardinal zum Präfekten der Glaubenskongregation. Noch 1985 widmete Ratzinger sein Buch „Zur Lage des Glaubens“ seinem Freund Josef Pieper.

In dem neuen Amt in Rom hatte Kardinal Ratzinger den Ruf, als kompromissloser Konservativer hart durchzugreifen, wo er die Lehre der Kirche bedroht oder verletzt sah. Als nicht zuletzt durch ihn der Ausstieg der katholischen Kirche aus der staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatung angeordnet wurde, wollte der aus dem Bistum Münster stammende Bischof Franz Kamp­haus (Limburg) dem nicht entsprechen. Bischof Reinhard Lettmann begleitete ihn damals zu Gesprächen in den Vatikan.

 

Als Papst alle aktiven münsterschen Bischöfe ernannt

 

1998 kam Ratzinger ins Bistum Münster, zu einer öffentlichen Diskussion in Ahaus mit dem eher linkskatholisch orientierten Professor Johann Baptist Metz. Beide kennen sich aus Ratzingers Münster-Zeit. Nach der Papstwahl im April 2005 bekannte Metz, er sei nicht immer einer Meinung mit Ratzinger, „aber jetzt ist er mein Papst“.

Benedikt XVI. hat das Bistum Münster mit einigen Entscheidungen geprägt. 2008 ernannte er Felix Genn zum neuen Bischof, 2010 und 2011 auch alle derzeitigen Weihbischöfe: zunächst Dieter Geerlings, Christoph Hegge, Wilfried Theising und dann Stefan Zekorn

Buchtipp
Von 1963 bis 1966 war Joseph Ratzinger Professor in Münster. In diese Zeit fiel auch seine Mitarbeit beim Zweiten Vatikanischen Konzil in Rom. Die Erinnerungen damaliger Mitarbeiter und Studenten zeichnen zusammen mit einem Geleitwort von Bischof Felix Genn, zahlreichen bisher unveröffentlichten Dokumenten, Briefen und teils privaten Fotografien ein facettenreiches und lebendiges Bild der damaligen Zeit. Dem Buch liegen zudem 2 CDs mit Ton-Aufnahmen der drei Adventspredigten bei, die Joseph Ratzinger im Dezember 1964 im Dom zu Münster gehalten hat.

Manuel Schlögl: Joseph Ratzinger in Münster.
176 Seiten, gebunden, inkl. 2 CDs, 14,80 €, Dialogverlag Münster
ISBN 978-3-941462-72-4
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