Im Laufe meiner Lebensjahre habe ich mein Reiseziel nicht aus den Augen verloren. Ich kenne es seit mehr als 40 Jahren. Vielleicht ist das ein erstes Geheimnis dieses Ortes, dass er über all die Jahre äußerlich gleichgeblieben ist. Aber mein Leben hat sich verändert und mein Reisekoffer ist nicht nur mit den immer gleichen Reiseutensilien gefüllt, sondern heute habe ich neue Fragen und andere Themen mit im Gepäck.
Meine Expedition hat ein Ziel, die Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck. Von weitem grüßt mich als Westfale der Klosterbau der Abtei mit seinen Türmen mitten in den Baumbergen. Meine Anreise findet durch die freundliche Aufnahme durch die Mönche ihr Ende. Der kantige Zimmerschlüssel und der Gang auf dem Gästeflur zu meinem Zimmer sind mir vertraut. Beim Auspacken spüre ich schon diese andere Welt: die große Stille, der Glockenschlag und manchmal noch die letzten Duftfäden von Weihrauch.
Gastfreundschaft im Kloster
Themenwoche: Klöster mit Zukunft?
Klöster sind für viele Menschen trotz Kirchenkrise Bezugspunkte und Kraftorte. Dennoch fehlt vielen Orden und Gemeinschaften der Nachwuchs. Kirche+Leben widmet sich der Zukunft der Orden und stellt Menschen vor, die vom Klosterleben profitieren oder profitiert haben.
„Gastfreundschaft“ ein wichtiges Wort für die Benediktinerabtei Gerleve. Schön hat sie der heilige Benedikt für seine Klöster gedeutet, noch schöner deutet sie Fulbert Steffensky für mich: „Gastfreundschaft hat ihre Schönheit darin, dass sie eigentlich überflüssig ist. Die Gäste könnten auch zu Hause essen, aber sie essen mit mir, und das macht mir und den anderen das Essen köstlicher.“
Davon bin ich überzeugt, durch die gewährte Gastfreundschaft schmeckt mir das Essen im Kloster Gerleve gut und dadurch, dass ich Gast in ihrem Kloster sein darf, schmeckt auch den Mönchen das Essen besser. Meine Zeit im Kloster will ich mir freihalten für eine ungenutzte Zeit, für Gebet, das Lesen der Bücher, die ich mir inzwischen in der Bücherei gekauft habe. Und da ist noch die ein oder andere Predigt zu schreiben ist. Aber all diese Dinge tue ich in Ruhe und im Rhythmus der Gebete.
Zu allen Gebetszeiten eingeladen
Zu allen Gebetszeiten bin ich herzlich eingeladen. Wenn ich sie auch nicht alle in lateinischer Sprache verstehe, so lasse ich mich vom Gesang und Gebet der Mönche tragen.
Ich finde es berührend, wenn ich in den Gebeten, in den Ritualen und Gesten der Mönche lesen kann. Ihr Tun gibt meinem Glauben neue Festigkeit.
Die Abreise
Dann ist der Freitagmorgen. Abreisetag. Und wieder packe ich meinen Koffer. Diesmal ist das eine oder andere Buch, ein neuer Gedanke, aber vor allem das Geschenk des Glaubens, das mir die Mönche aus Gerleve wieder gemacht haben, dabei.
Die Rückreise nach Bielefeld ins Pfarrhaus ist äußerlich wieder dieselbe. Und trotzdem bin ich auf der Rückreise aus dem Kloster ein anderer geworden. Dank der Mönche aus der Beneditinerabtei Gerleve.
Herbert Bittis ist Pastor der Gemeinde St. Johannes Baptist in Bielefeld und bietet freie katholische Trauungen und Segensfeiern an. Weitere Informationen unter: www.gastundhaus.de