Fälle in Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf in den 1960er Jahren

Berlin: Priester und Ordensfrauen missbrauchten gemeinsam

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In Berlin gibt es Vorwürfe gegen mehrere Priester und Ordensschwestern: Sie sollen vor rund 60 Jahren gemeinsam Missbrauch an Minderjährigen geplant und verübt haben.

Sexuelle Gewalt an Kindern hatte im Erzbistum Berlin offenbar größere Dimensionen als vermutet. Wie das Erzbistum erklärte, geht es davon aus, "dass in den 1960er Jahren Priester und Ordensschwestern in Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf gemeinsam sexuellen Missbrauch an Kindern planten und durchführten und ein Zusammenhang zwischen bereits veröffentlichten Fällen besteht".

Dies hätten Aussagen von Betroffenen ergeben. Die Beschuldigungen wurden nach Angaben des Erzbistums auf ihre Glaubwürdigkeit geprüft und der Staatsanwaltschaft gemeldet. Wie viele Kinder und Jugendliche betroffen waren, sei noch nicht absehbar.

Einige Beschuldigte verstorben

Bisher seien sechs beschuldigte Priester und sechs Ordensschwestern identifiziert, so das Erzbistum. Sie seien überwiegend verstorben. Zwei noch lebende, hochbetagte Beschuldigte wurden oder werden laut Erzbistum mit den Vorwürfen konfrontiert.

"Die Beschuldigten kannten sich untereinander und vernetzten sich", so die Mitteilung. Beteiligt gewesen seien neben Priestern des Erzbistums Berlin auch Ordensfrauen der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau und der Schwestern von der heiligen Elisabeth ("Graue Schwestern"). Sie seien gegenüber den Kindern als Gruppe aufgetreten.

Die neuen Erkenntnisse ergaben sich laut Erzbistum, nachdem das Gutachten über Missbrauch durch Priester, Diakone und Ordensmänner auf dem Gebiet des Erzbistums seit 1945 vor zwei Jahren veröffentlicht worden war. Die in kirchlichem Auftrag verfasste Studie einer Anwaltskanzlei führt Fälle von 61 beschuldigten Geistlichen auf. Sie ist mit teilweise geschwärzten Angaben auf der Internetseite des Erzbistums abrufbar.

Körperliche Misshandlungen durch Schwestern

Nach dessen Angaben wurde durch Veranstaltungen in Pfarreien und Aussagen Betroffener ein Zusammenhang zwischen den Gutachtenfällen 21, 26 und 27 erkennbar. Darin berichten Betroffene von sexueller Gewalt durch Priester, die als Gemeindepfarrer und Religionslehrer tätig waren, sowie von körperlichen Misshandlungen durch Ordensschwestern. Nach Einschätzung der Gutachter wurden die teilweise damals schon bekannt gewordenen Beschuldigungen von kirchlichen Verantwortlichen zumeist nicht überprüft und Vergehen nicht angemessen geahndet.

Das Erzbistum ruft weitere Betroffene sowie Zeugen für mutmaßlichen planvollen Missbrauch auf, sich bei Ansprechpersonen für sexuellen Missbrauch oder bei der Interventionsbeauftragten des Erzbistums zu melden.

Digitale Sprechstunde mit Erzbischof Koch

Erzbischof Heiner Koch und der Generalvikar des Erzbistums, Pater Manfred Kollig, halten am 3. Mai ab 18 Uhr erneut eine digitale Sprechstunde zum Thema sexualisierte Gewalt sowie zu deren Aufarbeitung und Vorbeugung. Dazu ist eine Anmeldung erforderlich.

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