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„Die beste Entscheidung, die ich getroffen habe“, sagt Kerstin Bücker mit einem breiten Lächeln und deutet auf das Bild ihrer mittlerweile zweijährigen Tochter Julie. Die 34-Jährige lebt in Münster und arbeitet seit 2016 im Bereich digitaler und interner Kommunikation im Generalvikariat des Bistums Münster.
Bücker war zuvor Korrespondentin der Katholischen Nachrichten-Agentur in Brüssel: „Der Job hätte mit Kind nicht funktioniert“, sagt die ausgebildete Redakteurin. Schon die siebenjährige Wochenendbeziehung mit Pendeln war eine Herausforderung. Umso besser, dass sie seit 2016 in der Abteilung Medien- und Öffentlichkeitsarbeit alle Bedingungen vorfindet, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Rückkehr in den Job
Acht Monate nach der Elternzeit kehrte die Politikwissenschaftlerin, die auch Theologie und Geografie studiert hat, in ihren Job zurück. Die Arbeitszeit hat sie auf 20 Stunden in der Woche reduziert.
Der Wiedereinstieg klappte aber nur mit Unterstützung eines gut funktionierenden Familiennetzwerks: „Die Großelternpaare leben beide in Recke. Sie sind gerne die Stunde nach Münster gefahren, um Julie abwechselnd mit meinem Mann zu betreuen“, berichtet Kerstin Bücker, die ebenfalls aus Recke stammt. Auch die Schwester in Greven, oder die Schwägerin in Münster ließen sich für diese Aufgabe gerne einspannen.
Fotos machen das Loslassen leichter
Ist es ihr schwer gefallen, loszulassen? „In der ersten Zeit war es natürlich ungewohnt, dass ich vormittags nicht bei Julie war, aber dank der neuen Medien haben meine Eltern oder die Schwiegereltern öfter auch mal ein Foto aufs Handy geschickt.“ Sie findet, ihrer Tochter habe diese Zeit gut getan: „Jeder spielt anders mit ihr und entwickelt eigene Rituale.“ Da ist es auch völlig in Ordnung, wenn es beim Montags-Opa manchmal ein Schokoladeneis gibt.
Kerstin Bücker verantwortet unter anderem gemeinsam mit ihrer Kollegin Julia Geppert das Magazin „Liudger“, das Mitarbeitende im Bistum Münster informieren und unterhalten soll. „Wird es da mal eng, weil wir Redaktionsschluss haben und einfach viel aufläuft, kann mein Mann bei der Kinderbetreuung gut einspringen“, berichtet Bücker. Michael Bücker ist Professor für Datensicherheit an der Fachhochschule Münster: „Praktischerweise hat er jetzt keine Vorlesungen und kann Julie die erste Zeit bei der Eingewöhnung in der Kita begleiten.“
Job und Familie unter einem Hut
Die Kita ist ein großes Problem, findet Kerstin Bücker: „Wir haben uns die anderthalb Jahre über unser Famliennetzwerk gerettet. Aber wie ist das mit Alleinerziehenden oder anderen Paaren, die das nicht können?“
Angemeldet hat Ehepaar Bücker ihre Tochter bereits zu ihrem ersten Geburtstag. Geklappt hat es nicht, Plätze wurden erst ein Jahr später frei. „Eine Betriebs-Kita wäre toll“, sagt die Redakteurin, die sich ansonsten über die Möglichkeit, Job und Familie zu vereinbaren, nicht beschweren möchte.
Lösungen für alle Probleme
Gleitzeit, die Möglichkeit auch von zuhause aus zu arbeiten, sollte das Kind krank sein – all das ist möglich. Und noch wichtiger: „Ein Chef, der ein offenes Ohr hat, und zu dem ich gehen kann.“ Dort laute das Motto: „Wir finden für jedes Problem eine Lösung.“
Beim Bischöflichen Generalvikariat heißt diese Lösung unter anderem auch „PME Familienservice“. Dieser Personaldienstleister betreut auf Kosten des Arbeitgebers im Notfall für maximal drei Tage die Kinder: „Eine Kollegin hatte einmal den Fall, dass die Tagesmutter ihres Sohnes krank geworden ist. Da konnte der Dienst einspringen. Das hat gut geklappt“, berichtet Kerstin Bücker.
„Den perfekten Weg gibt es nicht“
Auch als Mutter Karriere machen – warum eigentlich nicht? Vor ihrer Schwangerschaft hatte sich Kerstin Bücker für eine zweijährige Fortbildung eingeschrieben. Diese nahm sie auch in ihrer Elternzeit wahr – teils finanziert vom Arbeitgeber und durch ein Stipendium.
Wie reagiert ihr Umfeld auf ihre Berufstätigkeit? „Egal, wie Familien ihr Leben regeln, irgendetwas ist immer. Gehe ich arbeiten, und das Kind ist noch klein, heißt es: ,Wie – du gehst schon wieder arbeiten?‘ Bleibe ich zuhause, heißt es: ,Wie – du gehst noch nicht arbeiten?‘ “ Sie nehme unterschiedliche Strömungen in der Gesellschaft wahr und meint: „Den perfekten Weg gibt es nicht.“
Jongleur der Zeit
In der Personalabteilung des Bistums ist man zumindest nah dran. Laurenz Gebbeken leitet die Gruppe Personalmanagement. 700 Mitarbeitende in der Verwaltung in Münster und weitere 1400 Mitarbeitende im Pastoralen Dienst, in Bildungseinrichtungen des Bistums, der Eheberatung und Telefonseelsorge, der Kreisdekanate sowie der Regionalbüros, für die die arbeitsrechtliche Beratung übernomen wird, gehören dazu: „Wer bei uns einen Antrag auf Teilzeit stellt, bekommt den in aller Regel auch genehmigt“, sagt Gebbeken. Ebenso gibt es Auszeiten oder Zeit für zu pflegende Angehörige: „Das sind Dinge, die uns von der Privatwirtschaft unterscheiden.“ Der Emsdettener war lange Jahre Personalverantwortlicher in einem großen Unternehmen.
Als „Jongleur“ kann man ihn auch bezeichnen: Der Diplom-Verwaltungswirt kümmert sich um die Aquise neuer Mitarbeiter – eben dann, wenn jemand in Elternzeit geht oder Stunden reduziert. Dann muss er die Stellen nachbesetzten.
Auch Pflege ist ein Thema
Noch werde das Label „Kirche als Arbeitgeber“ gut angenommen: „Wo andere Fachkräftemangel spüren, kommen wir noch gut zurecht – auch wenn es schwieriger geworden ist, zum Beispiel einen guten Architekten zu finden.“
Die Zertifizierung des Münsterschen Generalvikariats als Familienfreundlicher Arbeitgeber sei ein Pluspunkt. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass der Altersdurchschnitt der Angestellten bei 47 Jahren liegt und die Pflege Angehöriger zunehmend ein Thema wird.
Mitarbeiter können außerdem Anträge auf Sonderurlaub bei Erstkommunion, Firmung oder Exerzitien stellen. „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt, das ist unser Anspruch“, so Gebbeken.