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Karneval ist vorbei, die Fastenzeit steht vor der Tür – und über all dem liegt schwer der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Kann der Glaube da helfen? Wegbeten funktioniert nicht, sagt Martin Zumbült in seinem Gast-Kommentar. Aber die Fastenzeit könnte trotzdem eine gute Chance sein.
Krieg in Europa! Drei Wörter, die alles Bisherige in den Schatten stellen. Selbst die Corona-Pandemie scheint vor diesem Hintergrund klein zu sein. Ein größenwahnsinniger Aggressor, getrieben von seinen Allmachtsfantasien, definiert seinen Herrschaftsanspruch und stürzt Millionen Menschen ins Elend. Einfach, weil er’s kann, weil ihm niemand ernsthaft gefährlich werden kann.
„Da hilft nur noch beten!“, sagt der Volksmund und recht hat er. Nein, Gott ist nicht der aus Kinderglauben kommende Wünscheerfüller, der alles zu meinem eigenen Vorteil wendet, wenn ich bete. Wenn man betet, räumt man zuerst vor der eigenen Türe beziehungsweise in der eigenen Seele auf, macht man sich selber klar, wo einem der Kopf steht und was man wirklich will.
Kein Zauberer erledigt, was zu tun ist
Der Autor
Martin Zumbült hat Theologie, Jura und Kirchenrecht studiert und ist seit 2013 Diözesanrichter am Bischöflichen Offizialat Münster sowie Ehebandverteidiger am Bischöflichen Offizialat Aachen. Zuvor war er sieben Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kanonisches Recht der Universität Münster.
„Bittet, und euch wird gegeben.“ heißt es in der Bibel (Mt 7,7) – und sodann wird deutlich, worauf es dabei ankommt: „Sucht, und ihr werdet finden; klopft an, dann wird euch geöffnet.“ Man muss selbst etwas tun, es wird nicht von einem Zauberer erledigt. Suchen und anklopfen kann im Gebet geschehen, bleibt dort aber nicht stehen, sondern wird zur Haltung, zum Handeln.
Bei allem Streit sowohl auf den weltpolitischen als auch auf den innerkirchlichen und gesellschaftlichen Feldern bietet die Fastenzeit eine Gelegenheit, den eigenen Kopf wieder freizumachen für das, was für Gesellschaft und Kirche wirklich wichtig ist, ohne die Konflikte zu nivellieren oder „wegzubeten“ – sondern um für sich selbst eine klare, aufrechte und faire Haltung zu gewinnen, um die Ereignisse richtig einordnen zu können.
Wer betet, verändert sich selbst – und die Welt
Ein Aggressor bleibt ein Aggressor, Unrecht bleibt Unrecht, Gewalt bleibt Gewalt. Als Christen können wir den Frieden besser finden, wenn wir wissen, wo wir suchen müssen: in uns selbst, in der Gemeinschaft und in der Hoffnung.
Wer betet, verändert sich selbst. Wer betet, verändert auch seine Umwelt. Darin liegt die Hoffnung, dass Beten hilft, dass es die Kraft hat, die Welt im Kleinen und vielleicht sogar im Großen zu verändern. Keine Macht ist stärker, als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Dann weiß man vielleicht auch wieder, wo einem der Kopf steht.
In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.