Wallfahrtsrektor ist überzeugt von Kraft des Gebets

Beten für den Frieden - Pilger bitten in Bethen um Ende des Krieges

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Können Wallfahrtsorte besondere Ziele für Gebete um Frieden sein? Im oldenburgischen Bethen (Kreis Cloppenburg) gehört diese Tradition schon seit fast hundert Jahren dazu. Und besonders jetzt lädt der Ort zur Bitte um Frieden ein.

Hilft Beten gegen den Krieg? Bringt es etwas, dafür in Bethen eine Kerze anzuzünden? Monsignore Dirk Költgen lächelt. Der Wallfahrtsrektor des nördlichsten Marienwallfahrtsorts Deutschlands ist überzeugt davon. „Ich denke, dass jedes Gebet etwas bewirkt. Beim Beter selbst, aber auch für sein Anliegen.“ Gemäß der Zusage Jesu: „Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Deshalb dürfe man glauben: „Wenn wir den Vater um etwas bitten, wird er sich dieser Sache auch annehmen.“

Im Alltag spürt der Wallfahrtsseelsorger, wie zusätzlich zu den Sorgen der Pandemie mittlerweile auch der Krieg in der Ukraine die Anliegen mancher Pilger prägt. Zum Beispiel die Frau, die ihm sagte: „Als das in der Ukraine losging, da kam mir alles wieder hoch, die Bombenangriffe, als wir im Keller saßen und wie ich verschüttet wurde.“ Oder die Frau aus Ostpreußen, die erlebt hatte, wie Menschen auf dem Haff bei ihrer Flucht ins Eis einbrachen und wie russische Soldaten ihren Vater verschleppten.

Krypta als Ort der Trauer

In Bethen eröffnete die KKV-Bezirksgemeinschaft Oldenburg am 1. Mai die diesjährige Wallfahrtssaison. Redner bei der traditionellen Kundgebung nach dem Pilgergottesdienst war Weihbischof Wilfried Theising. Er sprach zum Thema „Die katholischen Verbände im Zeichen der Krise unserer Kirche.“ Informationen gibt es auf der Webseite von St. Marien Bethen.

Auch für sie und ihre Sorgen will das oldenburgische Bethen derzeit ein besonderer Ort sein – und dazu ganz bewusst die eigene Tradition als Friedens-Wallfahrtsort aufnehmen. Zu der gehört nach eigenem Selbstverständnis insbesondere die Geschichte der Basilika und ihrer Krypta. 1929 war beides als Gedenkort für die oldenburgischen Opfer des Ersten Weltkriegs errichtet worden. Deren insgesamt mehr als 3600 Namen sind in Marmorplatten an den Wänden der Krypta eingemeißelt.

„Als Ort gemeinsamer Trauerbewältigung war die Krypta immer auch eine Gebetsstätte für den Frieden“, erklärt Monsignore Költgen. „Hier in der Krypta befindet sich zwar kein echtes Grab, aber die Gefallenen sind mit ihren Namen dort gewärtig. Das war wichtig für viele Familien, die kein Grab hatten, an das sie gehen konnten. Für sie war die Krypta der Ort, an dem sie Schmerz und Trauer teilen und den Frieden erbitten konnten: den eigenen Seelenfrieden, aber auch den Frieden in der Welt.“

„Herr, gib Frieden“

In einem Totenbuch liegen dort heute auch weitere mehr als 10.200 Namen der Opfer des Zweiten Weltkriegs verzeichnet. Speziell für sie gibt es außerdem gegenüber der Wallfahrtsbasilika einen Platz mit dem Grab eines unbekannten Soldaten und den großformatigen Worten „Herr, gib und Frieden“ an einer Mauer. Als Gedenken und als aktuelle Bitte.

Denn auch für die schwelenden Konflikte von heute versteht sich Bethen als ein Ort des Bittens um Frieden. „Aber nicht mit spektakulären Einmal-Aktionen“, sagt Monsignore Költgen. „Wir wollen zeigen, dass wir hier in Bethen beständig für den Frieden beten.“

In der Gnadenkapelle eine Friedenskerze entzünden

Das Thema Ukraine kommt deshalb derzeit bei jedem Gottesdienst in den Fürbitten vor und auch beim Angelus-Gebet vor dem Samstag- oder Mittwochabend-Gottesdienst. Eine überörtliche Gebetsgruppe trifft sich wöchentlich und betet außer um ein Ende der Pandemie den Rosenkranz jetzt auch für den Frieden. In der Kirche und in der Gnadenkapelle liegen Texte mit Friedensgebeten zum Mitnehmen aus, geschmückt mit Fähnchen in den Farben der Ukraine.

Insbesondere die Gnadenkapelle sieht Dirk Költgen als gute Möglichkeit für Einzelpilger, dem Gebet um Frieden Ausdruck zu verleihen. „Man kann zum Beispiel bewusst eine Kerze für den Frieden anzünden.“ Außerdem stehe in der Gnadenkapelle ein Fürbittkrug, in den hinein Bitten um Frieden gelegt werden können.

1962 hatten Menschen für Ende der Kuba-Krise gebetet

Noch einmal die Frage: Wirkt Beten? In einem Pfarrbrief hat Dirk Költgen seiner Gemeinde zu dieser Frage die Geschichte von Winfried Pilz erzählt. Der Kölner Jugendseelsorger hatte 1982 unter anderem über das Ende der Kuba-Krise 1962 geschrieben. Damals waren sowjetische Schiffe mit Atomsprengköpfen auf dem Weg in Richtung Kuba. Überall auf der Welt beteten damals Menschen um Frieden.

Pilz schrieb dazu: „Ich weiß noch, wie die Menschheit aufatmete, als die Schiffe in letzter Minute abdrehten, und es gehört zu den spannenden Fragen, die ich einmal später an Gott haben werde, ob das nächtliche Gebet so vieler Menschen mit diesem Ausgang der Krise zu tun hatte.“ Dirk Költgen lächelt. „Das würde mich auch interessieren.“

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