Sprecherin fordert von Zollitsch neue Hilfen

Betroffene: Freiburger Missbrauchsstudie sorgt für neue Traumata

  • Die Freiburger Missbrauchsstudie ruft nach Worten der Vorsitzenden des Betroffenenbeirats, Sabine Vollmer, Retraumatisierungen bei Betroffenen hervor.
  • Betroffene klagen über Flashbacks, Alpträume, Hilfslosigkeit und Schlaflosigkeit. Im schlimmsten Fall seien die Betroffenen suizidal.
  • Zudem kritisierte die Beiratsvorsitzende Empathielosigkeit gegenüber den Opfern und zu wenig politischen Willen, auf die Bedürfnisse der Opfer einzugehen.

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Die neue Studie zu Missbrauch und sexualisierter Gewalt durch Priester hat nach Beobachtung des Freiburger Betroffenenbeirats zu neuen Traumata, Schmerz und Leid geführt. „Die meisten Betroffenen berichten uns davon, wie sehr sie der Bericht retraumatisiert. Sie erleiden Flashbacks, fühlen unvermittelt wieder Angst, Hilflosigkeit und tiefen seelischen Schmerz. Viele haben Alpträume, können nicht schlafen oder sind im schlimmsten Fall sogar suizidal“, sagte die Beiratsvorsitzende Sabine Vollmer am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur in Freiburg.

Sie kritisierte zugleich, es gebe zu wenig Empathie für die Opfer und zu wenig politischen Willen, für deren Interessen und Bedürfnisse einzutreten. „Es ist wie immer: Für wenige Tage sind alle erschüttert und für die Mehrheit dreht sich die Welt weiter – während die Betroffenen weiter ums Überleben kämpfen“, sagte sie etwa eine Woche nach der Veröffentlichung des Freiburger Missbrauchsberichts.

540 Opfer im Erzbistum Freiburg

Darin ist die Rede von 540 Opfern sowie 250 Tätern und Beschuldigten. Früheren Bistumsleitungen, etwa den Bischöfen Oskar Saier und Robert Zollitsch, wirft der Bericht Vertuschung, den Schutz von Tätern und das Ignorieren von Opferinteressen vor.

Vollmer rief Zollitsch auf, einen privaten Fonds oder ein Spendenkonto einzurichten, mit dem Betroffene unterstützt werden können. „Wir waren dazu mit Herrn Zollitsch im Austausch, realisiert wurde es leider noch nicht“, sagte sie.

Weitere Untersuchung gefordert

Die Beiratsvorsitzende erläuterte, nicht nur die Verbrechen von Missbrauch, sondern auch deren Vertuschung hätten zu Leid bei den betroffenen Menschen geführt. „Wir fordern deshalb zu untersuchen, wie sich die Vertuschung auf die Biografien der Betroffenen ausgewirkt hat und welche Schäden allein dadurch entstanden sind.“

Wichtig sei auch, dass es künftig ein klares, schriftlich festgelegtes Regelwerk für den Umgang mit ehemaligen Tätern, Beschuldigten und Gefährdern gebe, sagte Vollmer. „Und wir fordern die Kirchenleitung im Freiburger Ordinariat auf, genau zu prüfen, welche Mitarbeiter für die recherchierten Verfehlungen mitverantwortlich waren. Gegen sie müssen dann mögliche arbeitsrechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen geprüft werden.“

Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Menschen mit Suizidgedanken können sich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist unter Tel. 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 täglich rund um die Uhr erreichbar, berät kostenfrei und anonym. Der Anruf findet sich weder auf der Telefonrechnung noch in der Übersicht der Telefonverbindungen wieder. Es gibt auch eine E-Mail-Beratung. Sie läuft über die Internetseite der Telefonseelsorge und ist daher nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden. Hier geht es zur Telefonseelsorge.

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