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Das Anerkennungssystem der deutschen Bischöfe ist umstritten. Mit welchen Gründen der Betroffenbeirat seine Kritik daran bekräftigt.
Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) kritisiert das freiwillige kirchliche System der Entschädigung. Es erscheine viel, wenn der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing von bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 57 Millionen Euro spreche, erklärt der Beirat. Doch diese Leistungen beträfen etwa 3.000 Missbrauchsfälle, das ergebe eine durchschnittliche Summe von etwa 19.000 Euro pro betroffener Person.
Bei Schmerzensgeldklagen von Missbrauchs-Betroffenen gegen Bistümer hätten Gerichte deutlich gemacht, eine derartige Entschädigung sei viel zu niedrig, so der Rat. „Wir fordern die deutschen Bischöfe auf, endlich zu einem gerechten Entschädigungsverfahren zu kommen.“
Warnung vor Retraumatisierung
Es dürfe überdies die Betroffenen nicht über Gebühr belasten, fordert der Beirat. Wenn in Gerichtsverfahren die Kirchen-Anwälte „den überzeugenden Vortrag“ der Betroffenen über den Missbrauch bestreiten und sie damit im Extremfall zu Glaubwürdigkeitsgutachten zwingen, sei das zynisch. „Das ist eine enorme erneute Belastung für die Betroffenen und kann zu erheblichen Retraumatisierungen führen.“
Die Bischofskonferenz hatte zum 1. Januar 2021 ihr System für Anerkennungszahlungen eingerichtet. Über die Höhe der Zahlungen befindet die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), die sich nach Kirchenangaben an gerichtlich verhängten Schmerzensgeldern orientiert. Anders als bei einem Gerichtsprozess verlangt die kirchliche Kommission keine Beweise, sondern prüft nur, wie plausibel Schilderungen von Betroffenen sind. In mehreren Fällen verpflichtete die UKA inzwischen Orden und Bistümer zu Zahlungen in sechsstelliger Höhe.
DBK will an Verfahren festhalten
Die Bischofskonferenz hatte bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung deutlich gemacht, trotz der Kritik an dem System festzuhalten. Widerspruchsmöglichkeiten gegen eine UKA-Entscheigung seien nachgebessert worden, so Bätzing. Zudem gebe es Anpassungen. Das Verfahren verstehe sich als „atmendes System“, das auf aktuelle Rechtsprechung reagiere.
Zwischen 2021 und 2023 sprach die UKA laut Bätzing knapp 2.250 Missbrauchs-Betroffenen insgesamt fast 57 Millionen Euro zu. Ihren Bericht für das vergangene Jahr werde die UKA in den kommenden Wochen vorlegen. Die Gesamtsumme werde dann „nochmals deutlich höher sein“, kündigte Bätzing an.