Wie ein Geschenk der deutschen Bischöfe im Gefängnis ankommt

Bibeln werden von Häftlingen stark nachgefragt

40.000 Bibeln hat die Deutsche Bischofskonferenz für die Gefängnisseelsorge gespendet. 1.000 davon sind in den Strafanstalten im Oldenburger Land angekommen. Ob und wie sie bei Häftlingen Zuspruch finden, berichten drei Gefängnisseelsorger.

 

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Zwei Paletten in einem Lagerraum in Vechta. Bücher sind dort gestapelt: die neue Einheitsübersetzung der Bibel. 1.000 druckfrische Bücher. Sie reichen aus, um alle Häftlinge in Oldenburger Strafanstalten zu versorgen. Nur: Wollen die eine Bibel auch haben?

Sie wollen. Pastoralreferentin Josefine May, Seelsorgerin im Frauengefängnis Vechta, hat die Bibeln für die regionalen Gefängnisse bestellt, aus einer gezielten Spende von 40.000 Exemplaren der Bischofskonferenz. „Jede Woche gebe ich Bibeln aus“, berichtet sie. „Die Frauen sind in der Haft zurückgeworfen auf sich selbst, allein mit ihren Gefühlen.“

 

Die gleichen Gefühle wie vor 3000 Jahren

 

Die Bibel komme vielen da sehr nahe, zum Beispiel mit den Psalmen. „Dort findet sich ein intensives Gefühlsleben: Wut, Trauer, Verzweiflung, Freude – das sind die gleichen Gefühle wie heute, das macht Frauen Mut, sie zu lesen.“ Manchmal hat sie erlebt, dass Frauen nachdenklich fragen: „Was ist das – ein Reich Gottes? Komme ich da vielleicht auch hin?“ Inzwischen gibt es unter den 200 Frauen im Gefängnis einen Bibelkreis, der auch Gottesdienste vorbereitet.

Ähnlich erlebt es Pfarrer Helmuth Schomaker, Seelsorger in der Jungtäter-Strafanstalt Vechta. Ihn hat ein Häftling an der Zellentür angesprochen und um ein „Wort Gottes“ gebeten. Schomaker gab ihm den Beginn des ersten Psalmes: „Wohl dem Mann, der nicht auf dem Weg der Sünder geht, sondern nachsinnt über die Weisung des Herrn, bei Tag und bei Nacht.“ Der Mann wurde nachdenklich, bat Schomaker später um eine Bibel.

 

Junge Gefangene in der Bibelgruppe

 

Gefängnisseelsorger Helmuth Schomaker in der Jungtäter-Strafanstalt Vechta. | Foto: Franz Josef Scheeben
Gefängnisseelsorger Helmuth Schomaker in der Jungtäter-Strafanstalt Vechta. | Foto: Franz Josef Scheeben

Gut 300 junge Männer, alle keine 25 Jahre alt, sitzen zurzeit in diesem Gefängnis. Der Pfarrer weiß: „Nicht jeder will eine Bibel, aber viele kommen hier ins Nachdenken. Deshalb kommen sie auch zum Gottesdienst. Manche sogar zu unserer Bibelgruppe.“ Die Männer in der Gruppe haben Schomaker um Rat gefragt, wo und wie man denn in der Bibel lesen solle. Inzwischen gehen sie gemeinsam das Lukasevangelium durch.

Auch Männer ohne religiösen Hintergrund wünschen sich eine Bibel, so Schomaker. „In der Haft denken einfach viele sehr intensiv nach, fragen sich sehr grundsätzlich nach ihrem Weg.“ In einem Gottesdienst habe er vom Erzengel Michael berichtet, in der Kunst oft dargestellt mit dem Schwert, im Kampf gegen den Teufel. „Kampf zwischen Gut und Böse, das hat sie angesprochen.“

Der erfahrene Gefängnisseelsorger weiß, dass Bibellektüre Häftlinge nicht davor bewahrt, wieder zu entgleisen. „Viele finden sich draußen nicht mehr zurecht, sie kommen schnell in ihren alten Freundeskreis.“

 

Sie liegt aufgeschlagen auf dem Tisch

 

Pfarrer Clemens Fabry, Seelsorger im Männergefängnis Oldenburg, ist seit April im Dienst und hat schon mehrere Dutzend Bibeln verteilt. „Wenn ich über die Gänge gehe und in die offenen Hafträume sehe, dann liegt die oft aufgeschlagen auf dem Tisch – sie wird also gelesen.“

Typisch für dieses Gefängnis: Männer vieler Nationen leben dort. „Wir haben hier Bibeln in zehn Sprachen, sogar auf Türkisch und Arabisch.“ Seinen Bestand an deutschen Bibeln hat der Pfarrer jetzt aufgefüllt: Aus dem Bestand im Offizialatsarchiv hat er sich sofort 40 neue geholt.

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