Urteil: Kündigung wegen Wiederheirat kann Diskriminierung sein

Bischöfe kritisieren EuGH-Urteil zu kirchlichem Arbeitsrecht

Die Kündigung eines leitenden Mitarbeiters durch einen katholischen Arbeitgeber wegen dessen zweiter Ehe kann nach EU-Recht eine verbotene Diskriminierung darstellen. Das entschied der EuGH. Die Bischöfe kritisieren das Urteil.

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Die Kündigung eines wiederverheirateten leitenden Mitarbeiters durch einen katholischen Arbeitgeber kann nach EU-Recht eine verbotene Diskriminierung darstellen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg zum Fall eines katholischen Chefarztes aus Deutschland.

Die Anforderung an den Arzt, den Charakter der Ehe nach katholischem Verständnis zu beachten, erscheine nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung, so das Gericht. Hierüber habe jedoch im konkreten Fall das deutsche Bundesarbeitsgericht zu befinden, fügte es hinzu.

 

Worum es beim EuGH ging

 

Der Mann ist seit mehr als 18 Jahren an einem katholischen Krankenhaus in Düsseldorf beschäftigt. 2005 hatte er sich von seiner ihm katholisch angetrauten Frau scheiden lassen und später standesamtlich eine neue Partnerin geheiratet. Die dem Erzbistum Köln unterstehende Düsseldorfer Klinik begründete die Kündigung damit, dass die zweite Ehe nach Kirchenrecht ungültig sei. Dadurch habe er seine Loyalitätspflichten erheblich verletzt.

Der EuGH hatte zu entscheiden, ob kirchliche Arbeitgeber an Mitarbeiter ihrer eigenen Konfession strengere Maßstäbe anlegen dürfen als an Anders- oder Nichtgläubige. Über die konkrete Kündigungsklage muss nun die deutsche Justiz entscheiden.

 

Was die Bischöfe kritisieren

 

Die katholischen Bischöfe kritisieren das EuGH-Urteil. Die verfassungsrechtliche Position der Kirchen im deutschen Grundgesetz sei „nicht ausreichend berücksichtigt“, heißt es in einer Erklärung der Bischofskonferenz.

Ihr Sekretär Pater Hans Langendörfer betont, laut Grundgesetz sei es „Sache der Kirche, nicht der staatlichen Gerichte, im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts aus ihrer religiösen Überzeugung heraus selbst festzulegen, welche Loyalitätserwartungen sie an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen“. Dazu gehöre auch die Feststellung, was die Glaubwürdigkeit der Kirche erfordere und welches Gewicht ein Loyalitätsverstoß habe.

Die Bischofskonferenz kündigte an, das Urteil des Bundesarbeitsgerichts abwarten zu wollen. Langendörfer betonte, die Rechtsstellung der Kirchen in Deutschland werde auch europarechtlich geschützt. Zudem erinnerte der Sekretär an Reformen im kirchlichen Arbeitsrecht: „Der Kündigungssachverhalt wäre nach heute geltendem Kirchenarbeitsrecht anders zu beurteilen.“

 

Sternberg sieht Kirchen jetzt in der Pflicht

 

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, mahnte die Kirchen, Sonderregeln im Arbeitsrecht besser zu vermitteln. Dies sei für ihn eine Konsequenz des EuGH-Urteils, sagte Sternberg im Südwestrundfunk.

Statt nur auf die persönliche Lebensführung der Mitarbeiter und dabei etwa auf die „leidige Frage“ nach Scheidung und Wiederheirat zu achten, sollten christliche Krankenhäuser beispielsweise genauer erklären, was das spezifisch Christliche der Arbeit ausmache und was deshalb von den Mitarbeitern erwartet werde, sagte Sternberg.

Update 15 Uhr: Reaktion Bischofskonferenz

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