Seelsorge-Papier nennt als Beispiel geistliche Gemeinschaften

Bischöfe wollen Missbrauch gegenüber Erwachsenen stärker verfolgen

  • Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen auch sexualisierte Gewalt gegenüber Erwachsenen im Kontext der Seelsorge ahnden.
  • Er soll künftig bei den Staatsanwaltschaften, aber auch innerkirchlich angezeigt werden können.
  • So heißt es in einem Seelsorge-Papier, das im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe vorgestellt wurde.

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Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen auch sexualisierte Gewalt gegenüber Erwachsenen im Kontext der Seelsorge ahnden. Er soll künftig bei den Staatsanwaltschaften, aber auch innerkirchlich angezeigt werden, heißt es in einem am Dienstag in Vierzehnheiligen vorgestellten Seelsorge-Dokument. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf forderte zudem eine entsprechende Verschärfung des Strafrechts. Seelsorge sei vergleichbar mit Behandlungs- und Therapiesituationen. Außerdem sollen die Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch entsprechend angepasst werden.

„Das Bewusstsein, dass sexualisierte Gewalt durch Kleriker und andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirche auch nach der Volljährigkeit vorkommt und streng zu ahnden ist, muss in der Kirche weiterwachsen“, sagte Kohlgraf, der Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz ist. „Natürlich müssen Schutzkonzepte nachgeschärft werden.“

Geistlicher Missbrauch im Blick

Erstmals nimmt damit nach Aussage des Mainzer Bischofs eine Verlautbarung der Bischofskonferenz den sexuellen Missbrauch von Erwachsenen in den Blick. Dies gelte auch für den geistlichen Missbrauch. Es brauche diözesane Richtlinien zum Schutz vor solchen Taten in allen Seelsorgekontexten. Außerdem soll es eigene Beauftragte geben.

Unter geistlichem Missbrauch versteht das Papier, dass Seelsorgende Menschen manipulieren und so von sich abhängig machen. Das entgegengebrachte Vertrauen werde ausgenutzt und benutzt für eigene geistliche und materielle Interessen, heißt es.

Gemeinschaften förderten Abhängigkeiten

Zuletzt hatten im Zusammenhang mit geistlichem Missbrauch die Fälle der Gemeinschaften „Totus Tuus“ (Ganz Dein) im Bistum Münster sowie der „Katholischen Integrierten Gemeinde“ im Erzbistum München und Freising für Schlagzeilen gesorgt. Beide wurden von den jeweiligen Ortsbischöfen aufgelöst. Vorausgegangen waren kirchenrechtliche Untersuchungen, nachdem ehemalige Mitglieder Vorwürfe gegen die Gemeinschaften erhoben hatten.

Im Fall von „Totus Tuus“ war unter anderem von blindem Gehorsam und beeinträchtigter Freiheit, besonders im Bereich von Sexualität und Ehe, die Rede. Der Münsteraner Bischof Felix Genn sprach davon, dass „eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen durch die Gemeinschaft ‚Totus Tuus’ schweren Schaden genommen“ habe.

Bei der „Katholischen Integrierten Gemeinde“ schilderten ehemalige Mitglieder ein von ihnen wahrgenommenes System von psychischer und finanzieller Abhängigkeit. Die Integrierte Gemeinde wies das immer wieder als „böswillige Verleumdung“ zurück. Die Visitatoren betonten in ihrer Untersuchung, es habe überzogene Gehorsamsforderungen, undurchsichtiges wirtschaftliches Handeln, kompromisslose Ausgrenzung von Kritikern sowie „unkontrollierte Machtausübung im Namen des Heiligen Geistes“ gegeben.

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