HALLE MÜNSTERLAND

Abschiedsfeier für Bischof Felix Genn: Marmelade für den Frühaufsteher

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Keine besonderen Einladungen, keine Reden: Mit vielen Begegnungen verabschiedet das Bistum Bischof Genn in den Ruhestand.

Schwester Irmgardis hat dem Bischof selbstgemachte Brombeermarmelade mitgebracht. „Die Brombeeren habe ich in der Umgebung von Münster gesammelt“, erzählt die Mauritzer Franziskanerin. Und lächelt dabei so gewinnend, dass kaum vorstellbar scheint, dass Felix Genn – der sich doch eigentlich keine Geschenke gewünscht hatte – sich nicht freut.

Der Bischof hat im Kongresssaal der Halle Münsterland derweil eine Menge zu tun: Am Ende dürfte er eine mittlere dreistellige Zahl Hände geschüttelt haben. Die Geburtstags-Gratulanten in der Schlange beweisen Geduld, wissen sie doch, dass dem 75-jährigen frisch Emeritierten eines immer wichtig war – und ganz offensichtlich bleibt: Ein freundliches Wort hat er für jeden übrig.

Keine Reden – nur ein Film zum Genn-Abschied

Freundliche Worte hat er zuvor etliche über sich selbst gehört: Ein Video versammelt Wünsche von bischöflichen Mitbrüdern, weltlichen Promis, Vertretern der Räte, Gremien und Verbände in Bistum und Gemeinden. „Der Bischof wollte keine Reden“, sagt Generalvikar Klaus Winterkamp. „Das hier war die kürzeste Variante.“ Der Film ist gut 20 Minuten lang.

Rita Kipp findet Genn darin treffend beschrieben: „So habe ich ihn auch erlebt – offen und interessiert an den Menschen.“ Die Vredenerin, früher Religionslehrerin am städtischen Gymnasium Georgianum, ist dem Bischof in Gesprächsrunden mit Lehrkräften begegnet.

Gesang in den höchsten Tönen

Viel mehr Programm außer den Video-Wünschen gibt es nicht – bis auf Musik. Die Chöre der Dommusik in Münster sind vollzählig im Einsatz, ebenso die Dombläser. „180 Aktive“, schätzt Domkapellmeister Alexander Lauer.

Die starten mit dem Kanon „Viel Glück und viel Segen“ und stellen das Publikum, das zum Mitsingen eingeladen ist, vor eine kleine Herausforderung: Insbesondere manche Männer kommen bei den höchsten Tönen an Grenzen. Zum Genuss gerät im Anschluss ein Stück der Domchöre aus der „Glückwunschkantate“ – unverkennbar Johann Sebastian Bach (BWV 207).

Gespräche und Gemeinschaft

Darüber hinaus gerät die Begegnung ziemlich zwanglos. Gabriele Haubner aus Münster freut sich, dass die Einladung an alle Interessierten ging, nicht nur an geladene Gäste. „Ich finde es auch schön, dass es nach dem eucharistischen Mahl im Dom hier noch eine weitere Form der Mahlgemeinschaft gibt.“

Rasch finden sich in Kongresssaal und Foyer Gruppen an Stehtischen zusammen. Und wer gerade nicht eine Stärkung am Büfett abholt, tauscht Erinnerungen aus.

Persönliche Erinnerungen

Tim Sturm ist aus Trier gekommen. „Ich bin Bischof Genn als 16-Jähriger beim Weltjugendtag 2002 in Toronto begegnet.“ Aus der geplanten Beichte habe sich ein recht langes Gespräch entwickelt. Am Ende habe Genn gefragt, ob er schon einmal darüber nachgedacht habe, Priester zu werden.

„Das war sicherlich in mir schon angelegt“, überlegt Sturm, heute Regens des Priesterseminars Trier. „Aber Bischof Felix war der erste, der mich das gefragt hat.“ Kurz darauf dringen Musikfetzen der Dombläser ins Foyer – „Yesterday“ von den „Beatles“ spielen sie.

Ein ruhiger Weihbischof Hegge

Derweil schüttelt auch Weihbischof Christoph Hegge Hände. Mit der Annahme des Rücktritts von Felix Genn ist er kurzzeitig Administrator, ehe Münsters residierende Domkapitulare einen „dauerhaften“ Diözesan-Administrator wählen.

Ob er denn wohl heute Nacht schlafen könne trotz der neuen Aufgabe, möchte der Reporter von Hegge wissen: „Doch, es geht mir ganz gut damit.“ Der Weihbischof lacht.

Ruhestands-Tipps vom Erzbischof

Hans-Josef Becker hat Felix Genn zweieinhalb Jahre Ruhestand voraus. Hat der frühere Paderborner Erzbischof einen Tipp für den Neu-Emeritus? „Er soll die Zeit in Ruhe auf sich zukommen lassen.“ Becker lächelt. „Macht Spaß.“

Ein erster Vorsatz für Genn könnte Ausschlafen sein – sein Sprecher Stephan Kronenburg berichtet im Glückwunsch-Film, dass der Bischof durchaus öfter um 4.30 Uhr aufstand. Ein Problem für Fernsehleute: Münsters WDR-Studioleiterin Andrea Benstein verrät der Kamera, einer ihrer Kollegen habe Münsters Bischof einmal für eine Fernseh-Talkshow gewinnen wollen. Vergeblich. „Das ist mir zu spät, da liege ich schon im Bett“, habe Genn geantwortet.

Den Schlusspunkt der Begegnung setzt dann die Dommusik mit „An Irish Blessing“, mit irischen Segenswünschen für Bischof Felix. Gott möge ihn in der Hand halten, bitten die Musiker: „May God hold you in the palm of his hand.“

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