„Kirche als Vorbild konstruktiver Streitkultur - das wär doch mal was“

Bischof Felix Genn setzt klar auf den Synodalen Weg

Für eine Fortsetzung des Synodalen Wegs hat sich Münsters Bischof Felix Genn ausgesprochen. „Wir können nicht eine Studie wie die MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch in unserer Kirche in Auftrag geben und dann zur Tagesordnung übergehen.“

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Eine Fortsetzung des Synodalen Wegs hat Münsters Bischof Felix Genn gefordert: „Wir können als Deutsche Bischofskonferenz nicht eine Studie wie die MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch in unserer Kirche in Auftrag geben und dann zur Tagesordnung übergehen.“

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag) sagt Genn, es sei notwendig, den „mühsamen Weg der Aufarbeitung zu gehen, der zuerst die Opfer in den Blick nimmt, aber auch kirchenimmanente Strukturen, die solche Taten ermöglicht und vertuscht haben“. Genn wiederholte die Notwendigkeit einer neuen Machtverteilung in der Kirche. Er sei bereit, Macht abzugeben und sich etwa einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu stellen, in der auch Laien mitentscheiden.

 

Genn: Theologische Vertiefung hat nie geschadet

 

Der Bischof betonte, mit dem Synodalen Weg brächen Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) kein Tabu: „Eine theologische Vertiefung hat noch niemandem geschadet, insbesondere nicht der Kirche.“ Er sei dankbar für jeden, der sich gerade in der schwierigen Situation unserer Kirche einbringe. Ein synodaler Weg könne nur im Hinhören entstehen, aufeinander und auf den Geist Gottes: „Mir scheint aber, dass viele für sich die Ex-cathedra-Position beanspruchen und andere Meinungen ausschließen: Diese Versuchung findet sich in jedem von uns.“

Genn betonte, es gebe in der katholischen Kirche in Deutschland eine sehr große Einigkeit über den eingeschlagenen Weg. Zwar gebe es auch manche, die nicht alles richtig fänden. „Das ist aber doch keine Spaltung“, sagte der Bischof. Davor hatte neben anderem zuletzt der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gewarnt. Genn weist das zurück: „Sollten wir als Kirche gerade in Zeiten einer Verrohung des politischen und gesellschaftlichen Diskurses durch Populisten nicht auch bemüht sein, zu zeigen, dass man zwar hart in der Sache, aber dennoch gut und konstruktiv im Umgang miteinander um den richtigen Weg ringen kann? Die katholische Kirche als Vorbild einer konstruktiven Streitkultur: Das wäre doch einmal was!“

 

Genn: Wir habe Glaubwürdigkeit verloren

 

Weiter unterstreicht der Bischof, dass diejenigen, die die Botschaft Jesu Christi verkünden, glaubwürdige und authentische Zeuginnen und Zeugen dieser Frohen Botschaft sein müssten. Der Glaube komme immer auf zwei Beinen. „Und es ist doch genau diese Glaubwürdigkeit, die wir als Kirche, gerade auch wir als Verantwortungsträger, verloren haben“, beklagte Genn: „Ich kann mit Menschen nicht glaubhaft über Gottes Liebe und Gerechtigkeit sprechen, wenn sie in mir vor allem den Vertreter eines Systems sehen, das sexuellen Missbrauch gedeckt hat.“

 

Münsters Bischof leitet Forum beim Synodalen Weg

 

Genn soll beim Synodalen Weg das Forum „Priesterliche Existenz“ leiten - gemeinsam mit dem Geschäftsführer des Katholischen Verbandes für soziale Dienste in Deutschland (SKM), Stephan Buttgereit aus Haltern (Kreisdekanat Recklinghausen). Drei weitere Foren sind geplant: Das Forum „Macht, Parizipation, Gewaltenteilung“ verantworten Bischof Karl-Heinz Wiesemann aus Speyer und ZdK-Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel, das Forum „Sexualmoral“ die Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbunds (KDFB), Birgit Mock, und Bischof Georg Bätzing aus Limburg, das Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ von der Theologieprofessorin Dorothea Sattler von der Universität Münster und Bischof Franz-Josef-Bode aus Osnabrück.

Diese gleichberechtigte Leitung der Foren durch Bischöfe und Laien hatte der Vatikan zuletzt als unmöglich bewertet.

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