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Mangelnde Solidarität wirft Bischof Felix Genn der Weltgemeinschaft vor. „Wir sichern unser Überleben auf Kosten der Menschen in den armen Ländern des Südens“, sagte Genn. „Das ist unchristlich!“ Er äußerte sich vor der Eröffnung der bundesweiten Aktion des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat.
Mangelnde Solidarität wirft Bischof Felix Genn aus Münster der Weltgemeinschaft und vor allem den westlichen Staaten vor. „Wir sichern unser Überleben auf Kosten der Menschen in den armen Ländern des Südens“, sagte Genn. „Das ist unchristlich!“ Er äußerte sich bei einem Pressegespräch zur bundesweiten Aktion des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, die in Münster eröffnet wird.
Auch in der Corona-Pandemie habe der Westen „zuerst und vielleicht sogar ausschließlich“ an sich gedacht, kritisierte der Bischof. Dabei werde das Virus „nur eingedämmt, wenn wir Impfstoffe nicht für uns bunkern, sondern gerecht auf der Welt verteilen“.
„Mauern gehören auf den Friedhof der Geschichte“
Corona sollte denen, die es „immer noch nicht verstanden haben“, nach Genns Ansicht gezeigt haben: „Mauern, Stacheldrähte und Grenzbefestigungen gehören als Symbole eines überkommenen Nationalismus auf den Friedhof der Geschichte.“ Sie schützten weder vor Viren noch vor Menschen, die „aus purer Verzweiflung“ ein „überhaupt erstmal menschenwürdiges“ Leben suchten. Das gelte auch mit Blick auf Europa.
Beispiele nannte Genn nicht. Derzeit stranden Flüchtlinge an der EU-Außengrenze zwischen Polen und Belarus. Den dortigen Machthaber Alexander Lukaschenko hatte die EU mit Sanktionen belegt. Nun wirft sie ihm vor, als Reaktion darauf zehntausende Menschen aus Krisenländern nach Belarus einzufliegen, um sie teils gewaltsam über die Grenze nach Polen zu drängen.
Bistum Münster bei Adveniat-Kollekte ganz vorn
Adveniat-Chef Martin Maier und die Bischöfe Felix Genn und Leonardo Steiner (von links). | Foto: Michael Bönte.
Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier dankte den Menschen im Bistum Münster für ihre Unterstützung des Lateinamerika-Hilfswerks. Bei der Adveniat-Kollekte am Heiligen Abend und am ersten Weihnachtstag liege das Bistum „seit Jahren an erster Stelle“.
Maier fürchtet aber, dass das Sammlungsergebnis auch 2021 unter dem früheren Niveau liegen werde. Coronabedingt würden wohl weniger Menschen Gottesdienste besuchen als in Vor-Pandemie-Jahren. Der Geschäftsführer rief daher auch zu Online-Spenden auf. Die Weihnachtskollekte hatte sich 2020 beinahe halbiert – von bundesweit 22 Millionen auf zwölf Millionen Euro.
Corona als „Brandbeschleuniger“
Corona wirke für die Armen in Lateinamerika „wie ein Brandbeschleuniger“, so Maier. Erzbischof Leonardo Steiner aus Manaus in Brasilien ergänzte, sein Land sei pandemiebedingt „zurück auf der Landkarte des Hungers“. Es müssten so viele Menschen im informellen Sektor und auf der Straße arbeiten wie noch nie. Umso wichtiger sei die Hilfe der Kirche angesichts eines staatlichen Gesundheitssystems, das Steiner „ungerecht“ nannte.
Adveniat-Chef Maier sagte, das Werk habe schon mehr als acht Millionen Euro für 500 Corona-Nothilfeprojekte bereitgestellt. Finanziert worden seien unter anderem Medikamente, Masken, Desinfektionsmittel, Corona-Tests und Sauerstoffzylinder für Beatmungen.
Die Aktionseröffnung in Münster
Die Adveniat-Aktion 2021 nimmt unter dem Leitwort „ÜberLeben in der Stadt“ die Lage in den Metropolen Lateinamerikas in den Blick. Den Eröffnungsgottesdienst am ersten Adventssonntag um 10 Uhr im Dom in Münster überträgt „Kirche-und-Leben.de“ live im Internet.
Einen Akzent setzt das Bistum Münster mit dem Markt „Anders-Advent“ im Innenhof des Liudgerhauses am Überwasserkirchplatz. Initiativen wie das Eine-Welt-Netz Nordrhein-Westfalen, Vamos, Oikokredit und kirchliche Gruppen stellen sich und ihre Arbeit vor. Auch kulinarisch wird es international – etwa mit Ponche, einem mexikanischen Weihnachts-Punsch, und mit einem eigens gebrauten Bio-Craft-Bier einer münsterschen Brauerei.
Der Erlös kommt Sozialprojekten in Lateinamerika zugute. Der Markt ist am 28. November sowie vom 1. bis 12. Dezember für Geimpfte und Genesene zugänglich; der Einlass wird kontrolliert.