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Mit 100 Jahren ist Bernard Krause ältester Priester des Bistums Münster. Er erzählt vom Krieg, von evangelischem Kaffee und Island.
Beim berühmten Börsencrash am schwarzen Freitag war Bernard G. Krause schon vier Jahre alt. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten erlebte er mit acht Jahren, das Ende des Zweiten Weltkriegs mit 20. Am 6. Februar feiert Pfarrer Bernard Krause, geboren 1925 in Mettingen im Kreis Steinfurt, seinen 100 Geburtstag. Er ist der älteste Priester des Bistums Münster.
Seit etwas mehr als zwölf Jahren lebt Bernard Krause im AWO-Seniorenheim in Ibbenbüren. Neben der Tür zu seinem Zimmer hängt ein geschmücktes Kreuz, drinnen begrüßt der Pfarrer im Ruhestand mit festem Händedruck. Krause setzt sich in seinen Sessel am Fenster, auf der Rückenlehne liegt ein Schal des Fußballvereins VfL Osnabrück. An der Wand hinter ihm hängen Fotos und Erinnerungsstücke, ein Kreuz, ein Rosenkranz. In einer Ecke steht ein Pilgerstab. Es sind Erinnerungen an 100 Lebens- und 70 Priesterjahre. Viele sind gut, einige bewegend, manche lassen Bernard Krause nicht mehr los – bis heute.
Krause muss Leichen von den Straßen ziehen
So wie die, die den Mettinger überhaupt erst dazu brachten, Priester zu werden. „Eigentlich wollte ich Tierarzt werden. Mit Tieren konnte ich immer schon gut umgehen“, erzählt Bernard Krause. Nach einer glücklichen Kindheit auf dem Hof der Familie in Mettingen wird der älteste Sohn mit 18 Jahren in den Wehrdienst eingezogen. Es ist das Jahr 1943. Krause wird von den Nationalsozialisten erst in Köln eingesetzt, muss nach Bombenangriffen Leichen von den Straßen ziehen. „Menschen, Kinder, ohne Arme, ohne Köpfe“. Er legt die Hand an die Brust. „Wenn die Erinnerungen hochkommen, werde ich depressiv“, erzählt er. Sein Blick geht zur Seite. Auch die Alpträume sind bis heute geblieben. Vergessen kann er nicht – auch nach 82 Jahren nicht.
Später wird Krause an die Front geschickt, in die Ukraine. Genau wie sein jüngerer Bruder. An der Wand hinter Krauses Sessel hängt ein altes Schwarz-weiß-Porträt von ihm. Als die Sowjetunion 1945 vorrückt, kann Bernard Krause rechtzeitig über die zugefrorenen Flüsse fliehen. „Mein Bruder ist erst Jahre später zurückgekehrt. Das war für uns, für meine Eltern, ganz schlimm“. Krause wird bei der Flucht verwundet, kommt zurück nach Deutschland, wird später von den Amerikanern in ein Gefangenenlager gebracht. Dort muss der junge Mann noch einmal erleben, wie Menschen erschossen wurden. „Ich habe denen gesagt, ich sei Bergmann aus Ibbenbüren. Die wurden gebraucht“. Das sei das erste und letzte Mal, dass er gelogen habe, erzählt der Priester.
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