Generalvikar Klaus Winterkamp beklagt zu langsame Verfahren im Vatikan

Bistum Münster kündigt neue Studie zu Missbrauch an

Eine „fachgerechte, unabhängige Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs“ hat der Generalvikar des Bistums Münster, Klaus Winterkamp, angekündigt. Zugleich beklagte er, kirchenrechtliche Verfahren im Vatikan liefen viel zu langsam.

Anzeige

Eine „fachgerechte, unabhängige Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs“ hat der Generalvikar des Bistums Münster, Klaus Winterkamp, angekündigt. „Wir wollen Strukturen, Praktiken und Haltungen aufdecken, die zu sexuellem Missbrauch geführt haben. Deswegen wird das Bistum Münster eine Untersuchung in Auftrag geben, die genau das tut“, sagte Winterkamp in der Akademie Franz-Hitze-Haus über Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal in der Katholischen Kirche.

Winterkamp betonte: „Wir lernen täglich hinzu, was den Umgang mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs angeht.“ Es gebe kein Handbuch für dieses Thema, jeder Fall sei anders. Zusätzlich zu den Präventionsschulungen, unabhängigen Ansprechpersonen, der im rechtlichen Rahmen größtmöglichen Transparenz und einer kontinuierlichen Kommunikation solle künftig noch stärker geschaut werden, was für Betroffene getan werden könne. „Was ist sinnvoll? Was brauchen die Menschen?“ Auch soll überlegt werden, wie Beschuldigte begleitet werden könnten.

 

Winterkamp: Jeder Verdacht geht an Staatsanwalt

 

Winterkamp betonte, dass jeder Verdacht des sexuellen Missbrauchs an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werde. „Strafverfolgung ist nicht die Sache der Kirche, sondern des Staats“, machte der Generalvikar deutlich. Nach Abschluss des Strafverfahrens könne ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet werden. „Diese“, merkte der Generalvikar an, „müssten viel schneller abgewickelt werden. Zum Teil Jahre auf eine Entscheidung der vatikanischen Glaubenskongregation aus Rom zu warten, das ist viel zu lange.“

 

Pater Hans Zollner: Der Tanker schwenkt um

 

Pater Hans Zollner, einer der führenden katholischen Fachleute auf dem Gebiet des sexuellen Missbrauchs und Mitglied der Päpstlichen Kinderschutz-Kommission im Vatikan, lenkte den Blick auch auf das System Kirche. „Wie kann es sein, dass über Jahrzehnte hinweg Missbrauch stattfinden und vertuscht werden konnte? Welche Theologie konnte das begünstigen?“, das seien drängende Fragen.

Zollner verglich die katholische Kirche mit einem Riesentanker und sagte im Blick auf die aktuelle Situation: „Der Kapitän reißt das Ruder rum, das überfordert aber viele Bischofskonferenzen. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass es Veränderungen geben wird: Der Tanker schwenkt um.“ Er sieht größere Chancen als noch 2010 dafür, dass auch systemische Fragen angegangen werden. Gleichwohl machte er auf Unterschiede in der Weltkirche aufmerksam: „Für uns ist Prävention selbstverständlich. Oder ein Ansprechpartner für Verdachtsfälle. In 80 Prozent aller Länder weltweit ist das nicht so.“

Anzeige