ZUKUNFT DER KIRCHE

Speyer: Was Bischof Wiesemann über Diakoninnen und den Pflichtzölibat denkt

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Wie sollte mit diesen Zukunftsfragen umgegangen werden? So sieht der Leiter des pfälzischen Bistums die Sache.

Von KNA, ber

Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann hält die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern in der katholischen Kirche theologisch und aus Gründen der Gleichberechtigung für geboten. „Es gibt kein absolutes theologisches Argument gegen die Weihe von Frauen“, sagte Wiesemann in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Mit Bezug auf die bisher angeführte theologische Begründung, dass Jesus nur Männer als Apostel berufen habe, erklärte er: „Dieses theologische Argument, um Frauen absolut auszuschließen vom Weiheamt, hat nach meiner Auffassung stark an Überzeugungskraft eingebüßt.“

Und obwohl Papst Johannes Paul II. 1994 verkündet hatte, die Kirche habe „keinerlei Vollmacht“, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, sagte Wiesemann nun: „Ich finde, in der Kirche sollte sehr offen über ein mögliches Diakonat der Frau diskutiert werden.“

Gleiche Würde

Zur Begründung sagte er: „Heute befinden wir uns in einem ganz anderen gesellschaftlichen Kontext als zu früheren Zeiten.“ Die Frage nach der Gleichberechtigung von Mann und Frau und nach Gerechtigkeit sei heute sehr wichtig. „Und wir glauben ja an die Menschwerdung Gottes, nicht an die Mannwerdung Gottes. Gott ist Mensch geworden, nicht Mann“, sagte der Speyerer Bischof.

Er verwies darauf, dass Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ die gleiche Würde aller Menschen betont habe. Deshalb sei „der Ausschluss der Frauen vom Weiheamt heute sehr schwer plausibel zu machen“.

Einheit der Kirche

Bislang sind in der katholischen Kirche die Weiheämter Diakon, Priester und Bischof Männern vorbehalten. Auf die Frage, was geschehen würde, wenn er morgen eine Frau zur Diakonin weihen würde, sagte Bischof Wiesemann: „Dann würde ich mich außerhalb des kirchlichen Rechts stellen.“ Dies würde er auf keinen Fall machen, betonte der Bischof. „Ich stelle mich nicht außerhalb, sondern ich versuche, innerhalb der Kirche etwas zu bewegen.“

Bischöfe hätten „die Aufgabe und Verpflichtung, gemeinsam mit der Weltkirche unseren Weg zu gehen“, sagte Wiesemann und fügte hinzu: „Wenn ich einfach etwas allein mache, dann brüskiere ich andere – unabhängig davon, ob ich eine Sache für richtig halte.“ Er würde damit die Einheit in der Kirche an einem entscheidenden Punkt verletzen. Die Einheit sei aber „ein sehr hohes Gut, gerade in einer immer zerspalteneren Welt“, betonte der Bischof. Die katholische Kirche sei „ein grandioses Dialogformat über alle Kulturen hinweg“.

Darüber hinaus sollten katholische Priester laut Wiesemann zunächst ein Zölibatsgelübde auf Zeit ablegen können, bevor sie definitiv die verpflichtende Ehelosigkeit versprechen. Man könne „von der großen geistlichen Tradition der Orden lernen, in denen zunächst zeitliche Gelübde abgelegt werden“ und erst nach einer „gewissen Reifezeit im Leben“ die Möglichkeit der ewigen Gelübde bestehe.

„Wir erleben ja, dass die Probleme im priesterlichen Leben häufig erst nach fünf bis zehn Jahren einsetzen“, sagte Wiesemann zur Begründung. Die Ermöglichung einer „definitiven Entscheidung erst in der Zeit des gereiften Priesterseins“ könne die Kraft des Zölibats als christliches Zeugnis deutlich erhöhen, sagte der Bischof. Voraussetzung dafür sei aber, „dass die Ausübung des Priesteramtes nicht an die Letztentscheidung für den Zölibat gebunden ist“.

Aufhebung des Pflichtzölibats?

Ein katholischer Priester soll auch dann Priester bleiben können, wenn er heiratet, sagte Wiesemann. „Der Zölibat sollte nicht absolut an die Ausübung des Priesterberufes gekoppelt sein“, betonte er. Er plädiere dafür, „den Pflichtzölibat als Bedingung für den Priesterberuf aufzuheben“. Er könne sich vorstellen, „dass einige Ortskirchen, also zum Beispiel die Kirche in Deutschland, einen solchen Weg gehen könnten, ohne dass es weltweit überall so sein müsste“.

Zur Frage, warum er diesen Vorschlag mache, sagte der Bischof: „Wir verzeichnen einen Verlust vieler sehr guter Leute, die den Zölibat nicht leben können oder wollen. Und wir verlieren ebenso viele gute Leute, die sich wegen des Zölibats erst gar nicht für den Priesterberuf entscheiden.“

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