Kommentar von Chefredakteur Markus Nolte zum Diskussion-Niveau bei "Brandthemen"

Bitte mehr Theologie in Kirchen-Debatten!

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Frauen, Macht, Sexualität: Endlich kann frei über diese Themen in der Kirche diskutiert werden. Doch sowohl Reformer als auch Bewahrer schlagen sich mitunter Argumente um die Ohren, die an Banalität kaum zu toppen sind. Das Niveau mancher Diskussionen ist peinlich, sagt Chefredakteur Markus Nolte in seinem Kommentar. So bringen sie niemanden einen Schritt weiter.

Jesus hat keine Frau zum Priester geweiht. Er hat allerdings auch keinem Mann die Priesterweihe gespendet. Überhaupt: Er hat niemanden getauft, keinem die Beichte abgenommen und bei keiner sakramentalen Eheschließung assistiert. Er hat allerdings auch nicht gesagt, dass Laien im Gottesdienst predigen, den Vorsitz im Kirchenvorstand einnehmen oder Pfarrgemeinden leiten können. Nirgendwo in der Bibel ist eine Zeile darüber zu lesen.

Es scheint ziemlich schwierig zu sein, sich auf Jesus zu berufen, um kirchliche Reformen voranzubringen oder zu verhindern. Getan wird es gleichwohl immer hemmungsloser – und mit dem peinlichen Effekt, sich in argumentativer Banalität zu überbieten.

 

Dogma-Populismus und Bibel-Fundamentalismus

 

Beispiel: die Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern. Die eine Seite, durchaus mit männlich-bischöflicher Beteiligung, begründet ihr Nein plump damit, Jesus habe ja nur Männer zu Aposteln berufen. Sollte das ernsthaft eine Frage von Chromosomen sein? Die andere Seite im Umfeld von „Maria 2.0“ stellt leider neuerdings und in geschichtsvergessener Leichtfüßigkeit die rigorose Frage, ob es „überhaupt geweihte Personen geben muss“. Geht‘s noch?

Das kann nicht ernsthaft das Niveau für die so notwendigen Debatten sein! Gerade weil etwa die Fragen nach Ämtern, Frauen, Hierarchie, Sexualität so drängend und wichtig sind, gerade weil sie die Kirche als „Zeichen der Zeit“ fundamental herausfordern, haben sie eine profunde, professionelle Auseinandersetzung verdient. Dogma-Populismus, Bibel-Fundamentalismus und Radikal-„Theologie“ leisten nur eins: Sie verschärfen die Polarisierungen, bringen die Kirche in der Sache aber keinen Schritt weiter.

 

Theologie, Wirklichkeit und Entschlossenheit

 

Was es stattdessen braucht: anspruchsvolles theologisches Ringen (und das ist mehr als zu fragen, was Jesus tun würde oder wie es die frühe Kirche praktiziert hat), wache Wahrnehmung der Wirklichkeit (und dazu gehören gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen) und wagemutige Entschlossenheit, beides zusammenzubringen.

Vor dieser Herausforderung übrigens stand Jesus mehr als einmal. Soviel ist sicher.