Neuer KAB-Landesvorsitzender prangert Misstände an

Böckmann: KAB muss das soziale Gewissen sein

Die KAB führen? Karl-Heinz Böckmann hat genau überlegt. Sollte er als Vorsitzender der Katholischen Arbeitnehmerbewegung im Landesverband Oldenburg antreten? Warum er zugesagt hat und welche Aufgaben er für katholische Verbände heute sieht.

 

Anzeige

Eigentlich ist Karl-Heinz Böckmann ein ruhiger Mensch. So tritt er im Gespräch jedenfalls auf. Aber er kann auch wütend werden. Wenn er zum Beispiel von seiner Aufgabe als ehrenamtlicher Sozialrichter erzählt.

Wo er diesen Fall erlebte: Ein Fernfahrer beantragt bei der Familienkasse einen Zuschlag zum Kindergeld. Er komme mit dem Einkommen nicht mehr aus. Abgelehnt. Denn selbst mit dem Zuschlag sei sein Bedarf nicht gedeckt. Er solle besser gleich Sozialhilfe beantragen. Seine Klage wird abgewiesen.

 

Kaum zu glauben

 

„Das muss man sich mal vorstellen“, sagt Böckmann. „Da geht doch der letzte Stolz verloren, wenn man einen hart arbeitenden Menschen zwingt, zusätzlich zum Lohn Hartz IV zu beantragen.“ Und hart gearbeitet wird im Transportgewerbe: „Dieser Mann fährt Sonntagabend vom Hof und kommt Freitagabend wieder. Aber leben kann er davon nicht.“

Böckmann steckt voll solcher Geschichten, er geht mit wachem Blick durchs Leben. Er hat deshalb auch nicht lange überlegt, als man ihm das Amt des KAB-Landesvorsitzenden für Oldenburg anbot. Der 57-jährige Chemiewerker aus Lohne wollte sich dieser Aufgabe stellen.

 

Keiner schaut auf Schwächere

 

Er glaubt: „Das soziale Klima wird immer kälter, da wird die KAB immer wichtiger.“ Er wolle den Verband in einer Gesellschaft neu aufstellen, die sich von der sozialen Marktwirtschaft grundsätzlich verabschiede.

Ist die Lage so ernst? Keine soziale Marktwirtschaft mehr? „Schon lange nicht mehr“, findet Böckmann. Denn dort schaue man auf die schwächeren Menschen einer Gesellschaft. „Das geschieht bei uns immer weniger.“

 

„Wir verkommen zu einem Billiglohnland“

 

Ein Beispiel? „Wir verkommen zu einem Billiglohnland. Ausländische Konzerne kommen nach Deutschland, weil sie hier günstiger produzieren können als in der Heimat.“

Böckmann denkt an die Fleischwirtschaft, sieht solche Entwicklungen aber auch im Transportgewerbe. „In Ostdeutschland verdient ein Kraftfahrer oft weniger als 1.500 Euro brutto – das ist weniger als der Mindestlohn.“ Möglich werde das, weil die Betriebe den Tariflohn umgehen.

Mit allen Folgen für die Rente: Nach 40 Jahren im Beruf komme man da auf knapp 900 Euro Rente. „Nur knapp über der Sozialhilfe.“

Hier müsse und werde sich die KAB noch stärker für die Interessen der Arbeitnehmerschaft einsetzen. „Damit Unternehmen auch Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernehmen. Und Arbeitnehmer nicht zunehmend in die Altersarmut rutschen.“

 

KAB bleibt wichtig

 

Aber immerhin werden doch gut ausgebildete Leute händeringend gesucht. Böckmann kann nur lachen. „Auf dem Papier schon. Aber wenn sich eine Fachkraft bewirbt, bekommt sie oft nur einen Arbeitsvertrag mit einer firmeneigenen Leiharbeitsfirma.“
Ein katholischer Verband wie die KAB müsse da als „soziales Gewissen“ auftreten, Missstände benennen, viel politischer werden. „Die KAB ist nicht einfach ein christlicher Freizeitverein“, betont Böckmann.

Sondern sie müsse sich zurückbesinnen auf Werte, „für die unsere Väter und Großväter noch gekämpft haben – zum Beispiel auf die Solidarität mit anderen.“ Viel zu tun also für den neuen Vorsitzenden.

Anzeige