Ein Pfarrer und Schreiner mit einer besonderen Beziehung zum Heiligen

Brief an den heiligen Josef

Pfarrer Bernhard Hertwig fühlt sich seit seiner Schreinerlehre mit dem Bauhandwerker Josef und seinem Sohn Jesus eng verbunden. Nun hat er dem Zimmermann einen Brief geschrieben.

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Der heilige Josef kommt in der Kirche viel zu kurz“, sagt Bernhard Hertwig. Der 81-jährige Pfarrer, der seit fünf Jahren an der Forensik der Alexianer Menschen mit psychischen Erkrankungen begleitet, findet es schade, dass der Zimmermann und Vater Jesu wenig Beachtung findet.

„In der Krippe steht er meist etwas abseits“, hat Hertwig beobachtet. Und auch die akademische Theologie, so seine Vermutung, könne nicht viel mit dem Handwerker Josef anfangen. In päpstlichen Schreiben, Enzykliken und theologischen Werken finde man nur wenig über Josef, den Erdenvater Jesu.

Das findet Hertwig mehr als befremdlich. Er begann lange vor seiner Priesterweihe 1976 nach seiner achtjährigen Schulzeit auf der Volksschule in Laggenbeck bei Ibbenbüren 1950 eine Schreinerlehre und legte 1960 an der Handwerkskammer Münster die Meisterprüfung im Tischlerhandwerk ab. Aus diesem Grund hat er vor einiger Zeit seinem „lieben Bruder Josef“ einen Brief geschrieben. Es sind seine persönlichen Gedanken an den Heiligen, den er seit seiner Jugend als begeisterter Kolpingsohn verehrt.

 

Ehre dem Handwerk

 

„Mit Dir, dem Zimmermann, rede ich als Schreiner, der sich als Handwerker mit Dir verbunden weiß“, beginnt Hertwig seinen fiktiven Brief und beschreibt Josef die historischen und heutigen Darstellungen vom weihnachtlichen Geschehen: „Auf Brettern und auf Leinwand gemalt, aus Holz geschnitzt und Stein gehauen, zeigt Dich menschliche Fantasie als einen Mann im Renten­alter, der bei der Geburt Jesu eine Nebenrolle im Hintergrund zu spielen hat. Ich frage mich, wie Du als Hochbetagter die 140 Kilometer von Nazareth und Bethlehem mit Deiner geliebten und schwangeren Maria bewältigen konntest.“

Wie alt mag Josef bei der Geburt des Kindes gewesen sein? Die Legenden und Erzählungen sprechen von einem alten Mann Josef, vielleicht auch deshalb, weil er eigentlich nicht der Vater Jesu sein kann, denn das ist Gott. Es ist das Geheimnis, das Hertwig im Brief anspricht.

Pfarrer em. Bernhard Hertwig. | Foto: Johannes BernardPfarrer em. Bernhard Hertwig. | Foto: Johannes Bernard

„Als Schreiner wüsste ich gern, wie Du mit Deinem Jesus in den 18 Jahren seines verborgenen Daseins ausgekommen bist“, fährt Hertwig fort und möchte erfahren: „Wie hast Du mit Deinem Sohn gelebt, gearbeitet, gefachsimpelt, gestritten, geglaubt und gebetet?“ Für Hertwig ist klar: Josef hat den Retter der Welt gerettet. Ohne ihn lebte Jesus nicht, und Maria wäre arm dran.

 

Goldener Meisterbrief

 

Der Seelsorger erwähnt die Einführung des Festes „Josef der Arbeiter“ durch Papst Pius XII. 1955. „Wir fühlten uns als Arbeiter und Handwerker kirchlicherseits aufgewertet und anerkannt“, sagt Hertwig über das Ereignis. Das Josefsfest sei damals in seinem Heimatort Laggenbeck groß von Kolping und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) feierlich begangen worden.

Hertwig schließt sein Schreiben mit einem Dank an Josef, der ihn seit seinem Beginn der Schreinerlehre vor 66 Jahren und seit seiner Priesterweihe vor 40 Jahren begleitet habe: „Erachte es auch als meinen Dank, wenn ich Dich seit meiner Priesterweihe in allen Hochgebeten an erster Stelle vor Deiner geliebten Maria nenne. Sie wird sich mit Dir freuen!“

Hertwig liebt sein Handwerk bis heute. Die Hobelbank in seinem Arbeitszimmer ist sein zweiter Arbeitstisch, der Goldene Meisterbrief an der Wand zeigt seine Verbundenheit mit anderen Handwerkern. „Die Kirche braucht mehr Arbeiter“, sagt er. Als „Arbeiter“ in der Kirche habe er sich immer verstanden, schon lange vor seiner Berufung zum Priester.

 

Berufung in Pakistan

 

Nach seiner Meisterprüfung und dem Abschluss an der Werkschule als Innenarchitekt zog es ihn 1963 als Entwicklungshelfer nach Pakistan. Zusammen mit anderen Kolpingbrüdern baute er am Sagodha Institute of Technology eine Handwerkerschule auf und half bei der Ausbildung von Schreinern. Es war eines der ersten Projekte der Fastenaktion Misereor. „Ich fühlte mich gedrängt, meine handwerkliche Erfahrung jenen zur Verfügung zu stellen, die sich selber nicht helfen konnten“, sagt Hertwig.

In der kleinen Gemeinschaft von Patres, Brüdern und von fünf Entwicklungshelfern erlebte er so etwas wie Urkirche. Über seine Berufung zum Priester damals sagt er: „Das größte Opfer war für mich nicht, ehelos zu leben, sondern den geliebten Schreinerberuf aufzugeben.“

In den späten 1960er Jahren holte Hertwig am Spee-Kolleg in Neuss das Abitur nach. Es folgte das Theologiestudium in Münster. Von 1994 bis 2001 arbeitete er als Gefängnisseelsorger an der JVA Münster und von 1996 bis 2010 zusätzlich als Gemeindepfarrer in St. Josef in Münster-Gelmer.

 

Bleibe für Straftäter

 

Über seine Begegnungen in der JVA Münster sagt er: „Die Begegnung mit Menschen, die abgrundtief in Schuld und Sünde verstrickt waren, erschloss mir eine neue, bisher ungekannte Gottes- und Christusbeziehung. All diese Menschen sind Gottes Geschöpfe, von ihm ins Leben gerufen und bleibend geliebt.“

In seinem Pfarrhaus in Gelmer hatten einige Straftäter vorübergehend eine Bleibe gefunden. Diese Art der Gastfreundschaft sei für ihn selbstverstäändlich gewesen. „Man erlebt Enttäuschendes, aber auch manches Positive. Viele sind für die Hilfe dankbar.“ Auch viele Jahre nach seiner Tätigkeit als Gefängnisseelsorger hat Hertwig brieflichen Kontakt zu früheren Gefängnisinsassen.

Heute arbeitet er in der 2011 errichteten Forensik der Alexianer im Seelsorgeteam mit. Heiligabend wird er in der Kirche St. Joseph Gottesdienst feiern und vom Altar aus den Patron der Kirche im Blick haben: den heiligen Josef als Zimmermann mit seinem Knaben Jesus.

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