Wie ist die ökumenische Communauté entstanden?

Buch-Tipp: Frère Roger und das Besondere von Taizé

Sängerin Lena Meyer-Landrut war auch schon da – in Taizé. Ein Ort, der eine ungeheure Anziehungskraft ausübt. Ein Geschichtsband legt jetzt die traditionsreichen Wurzeln der ökumenischen Communauté offen.

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Lena Meyer-Landrut, zweite deutsche Gewinnerin des Eurovision Song Contest, war auch schon da – in Taizé. Ein Ort, der eine ungeheure Anziehungskraft ausübt, nicht nur auf junge Menschen.

Was aber macht Taizé, diese ökumenische Communauté in einem kleinen Bergdorf im mittleren Westen Frankreichs so besonders? Die einfachen Gesänge in unterschiedlichen Sprachen, sogar auf Latein? Das Gebet inmitten der Kerzen? Das Ikonen-Kreuz? Das unkomplizierte Miteinander unterschiedlicher Religionen?

Die Frauen, die Frère Rogers Glauben prägten

Dieses Buch verfolgt die Geschichte der Gemeinschaft von Taizé von der Gründung durch Frère Roger Schutz bis zum globalen Wirken in der Gegenwart. Jedes der insgesamt 15 Kapitel beleuchtet ein Jahrzehnt – oder zumindest einige Jahre – und stellt eine Entscheidung sowie ein Bündel von Ereignissen heraus.

Wer mit reinen Geschichtsfakten nichts anzufangen weiß, kann sich auf persönliche Informationen über Roger Schutz freuen, so wie diese: Zu Beginn seiner religiösen Reife standen vor allem zwei Frauen. Eine katholische Seele habe er von seiner Großmutter, formuliert es Frère Roger Schutz. Seine Mutter beschäftigte sich sehr aufgeschlossen mit unterschiedlichen Strömungen des evangelischen Lebens.

13 mal Nachtisch für Kinder

Überhaupt offenbart dieses übersichtliche Geschichtsbuch in einem großen Bogen überraschende Einsichten im Werden und Wachsen der Ordensgemeinschaft. Eine besondere Rolle spielen die Gründerjahre. Geprägt von den Entbehrungen und Bedrohungen des zweiten Weltkrieges, hilft Schutz den Dorfbewohnern Taizés, wo er nur kann. Seine Kochqualitäten werden hervorgehoben. Einmal verspricht er Kindern an Weihnachten „13 Nachtische“. So werden schon eine Haselnuss und eine Aprikose zu Höhepunkten. Aber noch eine andere Person leistet Entscheidendes: Seine siebte Schwester Geneviève gründet unweit von Taizé ein Waisenhaus.

Cover des Buches »Die Geschichte von Taizé«. | Foto: Verlag HerderCover des Buches »Die Geschichte von Taizé«. | Foto: Verlag Herder

Das Gebet als „Quelle des Friedens“ und „Quelle des Lebens in Christus“  sind für Roger Schutz von größter Bedeutung, ebenso für den zweiten Bruder Max Thurian. Er befasst sich vor allem mit der Ausgestaltung der Taizé-eigenen Liturgie. Die einfachen Gesänge und Gebete haben einen beeindruckenden Nebeneffekt: Sie beruhigen erhitzte Gemüter, wenn wieder einmal evangelische und katholische Jugendliche diskutieren. Thurian wird Schutz später als Beobachter des Zweiten Vatikanischen Konzils nach Rom begleiten.

Das Konzil als Chance und Türöffner für Taizé

Das Konzil bietet den Brüdern von Taizé die unerhörte Chance, Kontakte in alle Welt zu knüpfen. Konzentriert verfolgt Schutz über die drei Jahre jede der Sitzungen. Wie wertvoll Taizé für den heutigen Strand der Ökumene ist, lässt sich daran erkennen, dass Roger Schutz zu drei Päpsten ein außerordentlich gutes Verhältnis hatte. Vor allem aber konnte  der Prior gut zuhören und vollzog eine „Ökumene der kleinen Schritte“ über persönliche Begegnungen und Freundschaften.

Jean-Claude Escaffit / Moiz Rasiwala: Die Geschichte von Taizé, 240 Seiten, 18 €, Herder-Verlag, ISBN 978-3-451-38016-7. Dieses Buch per E-Mail oder unter Tel. 0251/4839-210 bestellen.

Die Zugewandheit zur katholischen  Kirche bedeutete allerdings einen Bruch mit den französischen Protestanten, eine Annäherung geschah erst wieder in den späten 90er Jahren.

Jugendliche kommen kaum zu Wort

Die Kapitel können jeweils für sich gelesen werden, denn es wird immer deutlich, in welchem größeren Zusammenhang die Ereignisse zu verstehen sind. Leider liest sich das Buch recht trocken, denn Jugendliche und ihre Erfahrungen, die Taizé und seine Friedensbotschaft so groß gemacht haben, kommen kaum zu Wort. Es bleibt ein Buch für historisch interessierte Theologen, was schade ist, denn es enthält eine so wichtige Botschaft: Wie gelebte Ökumene funktionieren kann.