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Das Zwiegespräch dauert bis tief in die Nacht: Der emeritierte Professor Gerhard Lohfink spricht über das Neue Testament. Sein Besucher ist fiktiv, doch seine Erkenntnisse sind höchst real.
Vor rund 30 Jahren gründete in den USA der Wissenschaftler Robert Funk ein „Jesus-Seminar“ mit dem Ziel, alle Jesus-Worte auf Echtheit zu überprüfen. Das Ergebnis: Die Forscher stimmten ab und sahen nur 20 Prozent als echt an. Die meisten seien Jesus erst später, irgendwann nach Ostern, in den Mund gelegt worden. Begründung: Der unversöhnliche Ton sei für ihn nicht charakteristisch.
Gerhard Lohfink (84), bis 1986 Professor für Neues Testament in Tübingen, widerspricht vehement dieser These. Warum er anderer Ansicht ist, macht Lohfink in dem Buch „Das Geheimnis des Galiläers“ deutlich. Der Theologe wählt für seine Ausführungen ein fiktives Gespräch und gibt seinem Gegenüber den Namen Johannes Westerkamp aus Münster.
Bis zum Sonnenaufgang sprechen die beiden Männer über die Bibelstellen, in denen Jesus in den Evangelien zitiert wird. Das erinnert an das Nachtgespräch des Pharisäers Nikodemus mit Jesus, das im dritten Kapitel des Johannes-Evangeliums erwähnt wird.
Leicht lesbar
Die Dialoge wirken zuweilen künstlich und hölzern („Haben Sie Ihren Hotelschlüssel eingesteckt?“) und damit unecht. Doch die Gesprächsform bietet ähnlich wie Briefe einen Vorteil: Sie ist leichter lesbar als ein Aufsatz.
Lohfink geht es darum, seinem Gegenüber „die Wucht und Schönheit möglichst vieler Jesusworte vor Augen zu führen“. Er schöpft dabei aus seinem reichhaltigen Wissensschatz und bringt auch Feinheiten der Bibel-Übersetzung aus der altgriechischen Sprache ins Deutsche. Und im Gespräch weist der Theologe auch auf eher unbekannte Stellen aus dem Evangelium hin, die sonntags im Gottesdienst nicht vorgelesen werden.
Jesus und die Maßstäbe der Theologen
Lohfink wendet sich gegen jene Theologen, die viele Jesus-Worte als nicht echt gelten lassen wollen, weil sie mit der Methode der historisch-kritischen Exegese die Bibel untersuchen. Dazu zählen für ihn zum Beispiel die evangelischen Neutestamentler Rudolf Bultmann (1884-1976) und Wilhelm Bousset (1865-1920).
Ironisch merkt Lohfink an: „Wie peinlich für Jesus, dass er sich in seiner Verkündigung nicht an die Maßstäbe bestimmter kritischer Exegeten gehalten hat. Die wissen schließlich, was sich gehört und wie man christlich korrekt zu reden hat.“
Jesus – ein genialer Erzähler
Lohfink wendet sich jedoch keineswegs grundsätzlich gegen die historisch-kritische Methode. „Sie ist unumgänglich, wenn man den wahren Anspruch Jesu zeigen will.“
Jesus beschreibt der Theologe als einen genialen Erzähler. Seine Worte seien so „scharfkantig“, dass sie sich eingeprägt hätten. Er habe ein radikal anderes Verhalten gefordert, sei aber kein Fanatiker gewesen.
Bezüge zum Alten Testament
Viele Menschen vor 2000 Jahren seien viel mehr vom Hören geprägt gewesen als heute, meint Lohfink. Jesus habe bestimmte rhetorische Stilmittel und Bilder gebraucht, sodass die Zuhörer sich seine Worte gut hätten merken können.
Der Neutestamentler stellt auch zahlreiche Bezüge zum Alten Testament und zur antiken Welt her und ordnet so die Jesus-Worte ein. Leser werden nach der Lektüre nicht nur besser verstehen, was es mit dem Reich Gottes auf sich hat. Wie in früheren Büchern versteht es Lohfink, in verständlicher Sprache Theologie anschaulich zu vermitteln.
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