Tepe: Nicht nur in der Ukraine leiden Menschen unter Krieg und Gewalt

Caritasdirektor: Zweiklassengesellschaft bei Geflüchteten verhindern!

  • Der oldenburgische Landes-Caritasdirektor Gerhard Tepe hat seine Warnung vor einer Zweiklassengesellschaft bei Geflüchteten bekräftigt.
  • Ungleichbehandlung von Menschen in Not könne Integration gefährden.
  • Tepe fordert etwa eine Arbeitserlaubnis sofort nicht nur für ukrainische, sondern für alle Geflüchteten.

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Elisabeth Vodde-Börgerding hat die Enttäuschung der Menschen immer wieder vor Augen. „Ich kenne pakistanische Geflüchtete in einem Wohnheim in Steinfeld, die sind fünf Jahre hier und die kommen bis heute keinen Schritt voran“, sagt die Caritas-Integrationsberaterin im Südkreis Vechta. Erst kürzlich hat sie gemeinsam mit einer Kollegin einen Mann aus Afghanistan nur mühsam überzeugen können, dass es besser sei, nicht in sein Heimatland zurückzukehren. „Er ist seit 2015 hier, durfte seine Familie nicht nachholen und wollte aus Enttäuschung zurück.“

Die Lage sei auch so schon schwierig genug für diese Menschen, sagt die Caritas-Beraterin. Aber jetzt komme eine weitere Erfahrung hinzu: Sie erlebten, wie anders die Hilfe für ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland gehandhabt werde: schnell und unbürokratisch. „Sie bekommen fix eine Aufenthaltserlaubnis, gehen sofort in einen Migrationskurs, dürfen ohne Anerkennung arbeiten, ihre Abschlüsse werden schnell anerkannt.“ Und Vermieter – so die Erfahrung der Caritas-Beraterin – bevorzugten Menschen aus der Ukraine. Das erzeuge Frust.

Eskalationen zwischen Geflüchteten können drohen

Caritas Integrationsberaterin Elisabeth Vodde-Börgerding. | Foto: Michael Rottmann
Caritas Integrationsberaterin Elisabeth Vodde-Börgerding. | Foto: Michael Rottmann

Auch der oldenburgische Landes-Caritasdirektor Gerhard Tepe sieht die Gefahr, dass sich die Lage in eine Richtung entwickelt, in der es Flüchtlinge erster und zweiter Klasse gibt, letztlich zum Schaden für die gesamte Gesellschaft. „Bei der immens großen Hilfe für alle Opfer der Ukraine müssen wir aufpassen, dass wir keine Zweiklassengesellschaft unter geflüchteten Menschen schaffen“, sagte er jüngst bei einer Caritas-Veranstaltung in der Katholischen Akademie Stapelfeld.

Gegenüber „Kirche-und-Leben.de“ bekräftigte der Caritasdirektor für den oldenburgischen Teil des Bistums Münster jetzt diese Warnungen, bei denen er auch den Gesetzgeber in der Pflicht sieht. „Wir würden ansonsten unserem eigenen Anspruch nicht gerecht, alle Menschen gleichzubehandeln“, erklärte er. Außerdem drohten möglicherweise „Eskalationen“ in Einrichtungen der Flüchtlingshilfe, „wo ukrainische Geflüchtete auf Geflohene aus anderen Ländern stoßen“.

Tepe: „Arbeitserlaubnis sofort für alle“

Etwa, wenn es um die Teilnahme an einem Integrationskurs gehe, an dem jemand aus der Ukraine sofort teilnehmen dürfe, auf den ein Gleichaltriger aus Afghanistan aber lange warten müsse. Wenn nach solchen Erfahrungen Menschen aus Afghanistan oder dem Irak nur noch unter sich blieben und nach eigenen Regeln lebten, drohe ihre Integration zu scheitern, mit gravierenden Folgen.

Um die zu verhindern, fordert Tepe deshalb eine Anpassung der gesetzlichen Hilfen und Möglichkeiten. „Beispielsweise eine Arbeitserlaubnis ab sofort nicht nur für ukrainische, sondern für alle geflüchteten Menschen.“ Denn, so Tepe: „Nur weil kriegerische Auseinandersetzungen im Jemen nicht auf unseren abendlichen Bildschirmen zu sehen sind, heißt das nicht, dass es dort weniger katastrophale Auswirkungen gibt für Männer, Frauen und Kinder.“

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