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Das neue Kirchenoberhaupt hat entschieden, dass der Jugendliche zügig heiliggesprochen werden soll. Welche Bedenken Felix Klein umtreiben.
Leo XIV. wird den als „Cyber-Apostel“ bezeichneten Carlo Acutis (1991-2006) am 7. September heiligsprechen. Das neue Datum legte der Papst bei einem Treffen mit den in Rom anwesenden Kardinälen am Freitag fest, wie der Vatikan mitteilte. Gemeinsam mit Acutis wird der italienische „Sozial-Apostel“ Pier Giorgio Frassati (1901-1925) zur weltweiten Verehrung freigegeben. Ursprünglich war die Heiligsprechung von Acutis für den 27. April auf dem Petersplatz vorgesehen. Am Montag vor dem Termin starb Papst Franziskus, der Akt wurde verschoben.
Acutis erstellte teils fragwürdige Liste mit eucharistischen Wundern
Acutis wird der erste heilige Millennial sein – also ein Angehöriger der nach 1990 geborenen Generation. Er starb im Oktober 2006 mit 15 Jahren an Leukämie. Zuvor soll der Italiener ein frommes Leben mit täglichen Messbesuchen, Rosenkranzgebeten und ehrenamtlichem Engagement geführt haben. Weltweite Bekanntheit erlangte er als „Cyber-Apostel“, „Internet-Patron“ oder „Influencer Gottes“, weil er sich in seiner Freizeit an der Erstellung von Internetseiten beteiligte, etwa für seine Heimatgemeinde in Mailand. Zudem erstellte er eine Sammlung mit 108 eucharistischen Wundern, die heute auf einer eigenen Website zu finden sind.
Auf der „Liste der Eucharistischen Wunder in der Welt“ sind hauptsächlich „Hostienwunder“ verzeichnet, also Erscheinungen an geweihten Hostien, die vor allem ab dem 11. Jahrhundert auftauchen. Ein heikles Thema, denn mitunter ging solchen Wundern ein „Hostienfrevel“ voraus – bei dem Juden als angebliche Täter beschuldigt wurden.
Klein: Antijüdischer Charakter der „Hostienwunder“ muss aufgearbeitet werden
Kritik an der Entscheidung kommt deshalb vom Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein: „Ich bemängele, dass es bei dem Verfahren auf dem Weg zur Heiligsprechung keine Rolle gespielt zu haben scheint, dass einige der ‚eucharistischen Wunder‘ zur Ermordung von Juden geführt haben“, sagte Klein der Katholischen Nachrichten-Agentur.
Einige der von Acutis aufgeführten Wunder hätten sich um Bluthostien gedreht, mit denen im historischen Kontext Ritualmordvorwürfe gegen Juden einhergegangen seien – „und damit verbunden auch tödliche Angriffe auf sie“. Es sei „dringend geboten“, dass dieser Aspekt von der katholischen Kirche nicht erst auf Nachfrage besprochen und aufgearbeitet werde, so Klein.
Ende 2020 wurde Acutis im italienischen Assisi seliggesprochen, im Mai 2024 erkannte der Papst das für eine Heiligsprechung notwendige zweite Wunder auf die Fürsprache Acutis’ an. Gutachter sahen die medizinisch unerklärliche Heilung einer jungen Frau als erwiesen an.