Vatikan und Lutheraner: Die Unterschiede überwinden

Christen gedenken der Reformation – Lob auch vom Vatikan

Mit Gottesdiensten und einem Staatsakt ist an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren erinnert worden. Auch der Vatikan bewertete das Gedenkjahr positiv. Die Evangelische Kirche rief die Christen zu mehr Ökumene und zu gesellschaftlichem Einsatz auf.

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Mit Gottesdiensten bundesweit und einem Staatsakt in Wittenberg ist an den Beginn der Reformation am 31. Oktober vor 500 Jahren erinnert worden. Auch der Vatikan bewertete das Gedenkjahr positiv. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) rief die Christen zu weiteren Schritten in der Ökumene und zu gesellschaftlichem Einsatz auf.

 

Vatikan und Lutheraner: Signal für Abendmahl

 

Der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen und der Lutherische Weltbund veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung. Darin heißt es, die Hoffnung vieler Lutheraner und Katholiken nach einer Eucharistiefeier an einem Tisch solle wahr werden als konkreter „Ausdruck der vollen Einheit“. Das Verständnis von Kirche, Eucharistie und Amt solle „mit dem Ziel der Überwindung der zwischen uns verbleibenden Differenzen“ überprüft werden. Ein Zeitrahmen für den angekündigten Dialog wurde aber nicht genannt.

Die Erklärung würdigt die ökumenische Perspektive des Reformations-Gedenkens. Dies gebe „einen Impuls zur wachsenden Gemeinschaft und ein Zeichen der Hoffnung für die Welt im Sinne der Überwindung von Spaltung und Zersplitterung. Es ist aufs Neue deutlich geworden, dass das, was uns eint, sehr viel mehr ist als das, was uns noch trennt.“

Beide Kirchen äußern „tiefe Dankbarkeit für die spirituellen und theologischen Gaben“ der Reformation. Zugleich bitten sie um Vergebung für ihr „Versagen“ und gegenseitige Kränkungen der vergangenen 500 Jahre.

 

Bedford-Strohm ruft zum Einmischen auf – und lobt den Papst

 

Im zentralen deutschen Gottesdienst in der Schlosskirche in Wittenberg, dem Ort des Reformators Martin Luther, predigte der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Heinrich Bedford-Strohm. Er rief die Christen dazu auf, sich in gesellschaftliche Debatten einzumischen. „Die Botschaft von der Vergebung und Liebe, die uns trägt, kann auch heute noch unsere Gesellschaft mitprägen“, sagte er. Für seine Überzeugungen einzustehen, sich „aus innerer Freiheit in die öffentlichen Debatten einzumischen, diese Haltung braucht unser Land“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhält ein Kreuz von Kardinal Reinhard Marx und Bischof Heinrich Bedford-Strohm (von links). | Foto: epd
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhält ein Kreuz von Kardinal Reinhard Marx und Bischof Heinrich Bedford-Strohm (von links). | Foto: epd

Bedford-Strohm wandte sich auch an Franziskus: „Lieber Papst Franziskus, Bruder in Christus, wir danken Gott von Herzen für dein Zeugnis der Liebe und Barmherzigkeit, das auch für uns Protestanten ein Zeugnis für Christus ist.“ Der Bischof lobte den Papst für seine „Zeichen der Versöhnung zwischen den Kirchen“ – und er lud ihn nach Wittenberg ein.

Am Ende des Gottesdienstes überreichten Bedford-Strohm und der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, ein Kreuz an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Wir versprechen Ihnen und allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, dass wir Zeugen der Hoffnung sein werden“, sagte Marx. Das Kreuz war bei einem Versöhnungsgottesdienst in Hildesheim am 11. März symbolisch aufgerichtet worden.

 

Merkel: Staat und Kirchen gemeinsam für Religionsfreiheit

 

Bei einem Staatsakt in Wittenberg hob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Einsatz für Religionsfreiheit als gemeinsame Aufgabe von Staat und Kirchen hervor. Der Staat sei verpflichtet, die Würde des Menschen zu achten. Dazu gehöre in besonderer Weise der Schutz der Religionsfreiheit.

Merkel nannte die Vielfalt der Veranstaltungen zum Reformations-Gedenken „beeindruckend“. Die Beteiligung der Bundesregierung daran sei Ausdruck ihres Bemühens, ein reiches religiöses Leben in Deutschland zu ermöglichen.

Zum Reformator sagte Merkel: „Mit seinen Thesen brachte Martin Luther einen Stein ins Rollen, der sich nicht mehr aufhalten ließ und die Welt für immer veränderte.“ Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) vertrat in ihrem Grußwort die Ansicht, ein „solches Volksfest der Verständigung hätte Luther sich nicht träumen lassen“.

 

Regionale Gottesdienste

 

Auch auf regionaler Ebene wurde der Reformation gedacht. Beim zentralen Gottesdienst der westfälischen evangelischen Kirche in Soest vertrat Dompropst Kurt Schulte das Bistum Münster, Erzbischof Hans-Josef Becker das Erzbistum Paderborn und Bischof Franz-Josef Overbeck das Bistum Essen.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki feierten eine Vesper im Altenberger Dom im Bergischen Land. Diese so genannte Simultankirche nutzen katholische und evangelische Christen gleichermaßen.

Der Reformationstag erinnert an die Veröffentlichung von 95 Thesen zur Erneuerung der damaligen katholischen Kirche am 31. Oktober 1517 durch Martin Luther. Sie gilt als ein Ausgangspunkt der Reformation, aus der die protestantischen Kirchen hervorgingen.

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