Gast-Kommentar von Thomas Mollen

Christen vor Ort zeigen: Mit uns ist weiter zu rechnen!

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Als Institution - nicht zuletzt im gesellschaftlichen Diskurs - verliert die Kirche seit Jahren an Bedeutung, in den jüngsten Wochen noch verschärft. Das gilt aber nicht für die Gemeinden vor Ort - und erst recht nicht für die einzelne engagierte Christin und den einzelnen aktiven Christen, findet unser Gast-Kommentator Thomas Mollen.

Neulich hatte ich ein Gespräch mit einer guten Freundin. Wir unterhielten uns unter anderem über die Frage, wann ihr 14-jähriger Sohn zur Firmung kommen würde. Ihre Antwort erstaunte mich: „Ach, weißt du, wir überlegen, ob wir es ganz lassen sollen.“ Diese Freundin ist wie ich in einem katholischen Elternhaus aufgewachsen, getauft und gefirmt worden, hat katholisch geheiratet und arbeitet sogar in einer katholischen Einrichtung.

Doch jetzt sagt sie: „Ich glaube zwar weiterhin an Gott, aber die Kirche ist für mich einfach nicht mehr wichtig.“

 

Gemeinde vorm Ort ist für das Überleben der Kirche wichtig

 

Der Autor
Thomas Mollen leitet den Arbeitsbereich „Digitale und interne Kommunikation“ in der Medienabteilung des Bischoflichen Generalvikariats in Münster.

Die Kirche hat an Relevanz verloren, im Leben von einzelnen Katholikinnen und Katholiken, aber auch in Politik, Gesellschaft und Medien. Es kommt nicht von ungefähr, dass beim Gedenktag des Bundespräsidenten für die Corona-Toten am 18. April zunächst völlig vergessen wurde, christliche Würdenträger einzuladen oder ein Gebet einzuplanen. Oder schlagen Sie mal die großen Zeitungen auf oder schauen sich die Fernsehnachrichten an: Wenn dort noch über Kirche berichtet wird, dann überwiegend im Zusammenhang mit Skandalen: Sex, Geld, Intrigen.

Auf der lokalen Ebene sieht das, Gott sei Dank, oft noch anders aus. Kein Lokalteil, der ohne News über die katholischen Gemeinden, Einrichtungen, Vereine und Verbände auskommt, über tätige Nächs­tenliebe und unbezahlbares ehrenamtliches Engagement. Kirche ist, was vor Ort passiert, wo Gemeinschaft erlebbar wird. Kleinkleckersdorf ist für das Leben und Überleben der Kirche genauso wichtig wie Rom oder Münster.

 

Christen setzen Zeichen: Wir sind noch da!

 

Deshalb ist es in vielerlei Hinsicht ein ermutigendes Zeichen, wenn jetzt landauf, landab Regenbogenfahnen von den Kirchtürmen und Pfarrzentren wehen, wenn Ehrenamtliche, Pfarreiräte, Seelsorgerinnen und Seelsorger bis hinauf zu Bischöfen ihre Solidarität mit homosexuellen Christinnen und Christen bekunden und eine Weiterentwicklung der Lehre fordern.

In einer Zeit, in der vielen Kirche egal geworden ist, setzen sie hier ein Zeichen: Wir sind Kirche, wir sind noch da, und mit uns wird weiterhin im gesellschaftlichen Diskurs zu rechnen sein. Das lässt zumindest hoffen.

Hinweis:
Die Positionen der Gastkommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.

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