Impuls von Trennung, Reifung und einem geerdeten Glauben

Christi Himmelfahrt, ein „abgehobenes“ Fest?

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An Christi Himmelfahrt feiern die Gläubigen ihren „abgehobenen“ Herrn, scheint es. Keineswegs, sagt Markus Nolte in seinem Impuls.

Gerade erst ist es wieder passiert. Bitte kein Fach-Chinesisch! Wenn da beim Synodalen Weg die Spezialistinnen und Spezialisten zusammensitzen und darüber diskutieren, wie die Kirche heute zeitgemäß und verwurzelt ihren Auftrag erfüllen kann, dann aber bitte nicht in einer Sprache, die keiner versteht. Bitte kein Theologisch! Bitte auf dem Teppich bleiben!

Die das mit einigem Nachdruck betont haben, waren eine ganze Reihe von Frauen und Männern aus dem Bistum Münster, die sich im Diözesanrat engagieren, dem höchsten Beratungsgremium des Bischofs. Der Anlass war ein Vortrag von Professor Thomas Söding, seines Zeichen Bibel-Experte, theologischer Fachmann. Und einer, der richtig gut mit verständlichen Worten erklären kann, worum es in der Heiligen Schrift geht.

 

Der Herr auf dem Weg in die Wolke

 


Das ganze Gemälde.

Aber, sagte er nun in dieser Sitzung am vergangenen Freitag, beim Synodalen Weg gehe es schon um wichtige theologische Fragen, die auch von Kirchen-Verantwortlichen weltweit verfolgt werden – mal mit Interesse, mal mit Argusaugen. Von daher, sagt Söding, brauche es dringend auch fachliche Genauigkeit. Das muss auch sprachlich sitzen.

So ist das wohl, und so muss das wohl auch sein. Ohnehin ist „abgehoben“ durchaus eine Kategorie unseres Glaubens. Wunderbar kommt das in dem mittelalterlichen Gemälde (siehe Foto zu diesem Text) zum Ausdruck, auf dem die Himmelfahrt Chris­ti zu sehen ist: Maria und Jünger stehen unten, schauen nach oben und sehen ihrem Meister nach. Die einen mit beiden Beinen auf dem Boden, der andere mit beiden Beinen in der Luft: die Füße noch so eben zu sehen, der Rest des Herrn in der Wolke verschwunden.

 

Die Trennung als Reifung

 

Die Wolke, da klingelt es in unseren bibelvertrauten Ohren: Die Wolke – das war im Alten Testament beim 40-jährigen Weg durch die Wüste ins Gelobte Land der Ort der begleitenden Gegenwart Gottes.

Der Meister entschwindet, die Jünger bleiben verlassen zurück: eine Trennung, die wie in so vielen Momenten unseres Lebens reifen lässt. Die Jünger – wir – haben nun den Auftrag zur Meisterschaft: buchstäblich in seine Fußstapfen zu steigen und das zu tun, was er tat: Menschen heilen, an ihrer Seite sein, ihnen Gutes tun – Gott und sein Reich verkünden und so den Himmel auf der Erde auftun, unser Leben zugleich dorthin aufheben.

 

Erdung durch Abheben

 

Christus hingegen öffnet den Himmel für die Wirklichkeit der Erde, beides steht getrennt, aber eben keinesfalls einander verschlossen gegenüber. Will sagen: Jesus ist nicht nur der menschgewordene, der heruntergekommene Gott, sondern der „abgehobene“ Christus.

Paradox: Durch sein „Abheben“ erst wird seine Botschaft geerdet. Das macht der Abschied: eine vertikale Weitung des Lebensweges nicht nur von Jesus ermöglicht die horizontale Weitung der Botschaft. „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet der gesamten Schöpfung das Evangelium.“

 

Die Spannung der Kirche, bis er wiederkommt

 

Diesen Prozess der Reifung stößt die Himmelfahrt Christi an. Sie ist der Ur-Impuls für die Existenz der Kirche. Die Weitung nach oben und in die Fläche ist die bleibende Unruhe, die uns am Leben erhält. Das eine kann ohne das andere nicht sein. Abgehoben und geerdet – in dieser Spannung erst sind die Kirche, unser Glauben und unser Leben fruchtbar. Bis er wiederkommt.

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