„Mein Herz und Kopf sind in Italien“

Corona: Italienische Gemeinde in Münster in Sorge um Angehörige

Schon jetzt ist Italien stark von der Corona-Pandemie betroffen. Die Mitglieder der italienischen Gemeinde in Münster sorgen sich um ihre Angehörigen. Die Gemeinde selbst versucht auch untereinander, Kontakt zu halten.

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In Zeiten von Corona ist das Telefon das wichtigste Kommunikationsmittel. Erst recht, wenn die Lieben in Italien sind und über keine modernen Medien verfügen: „Meine Mutter lebt in San Giovanni Rotondo, der Ort, wo Pater Pio herkommt. Sie ist 86 Jahre alt“, berichtet Maria Pia Tortorelli von der italienischen Gemeinde in Münster. Angesichts der hohen Infektionszahlen in ihrem Heimatland sei sie in großer Sorge. Ihre Schwester sei zwar dort, aber als Krankenschwester dürfe sie die Mutter nicht besuchen.

„Deswegen rufen meine Kinder und ich täglich an, um Mama Mut zu machen. Wenn sie nicht an Corona stirbt, dann stirbt sie womöglich an Depression“, sorgt sich Tortorelli.

 

1.300 Mitglieder der italienischen Gemeinde

 

Das Schwierige sei, dass die Italiener in Deutschland ihren Lieben nicht praktisch helfen könnten. „Wir können nicht für sie einkaufen, wir können sie nicht einmal sehen“, sagt sie. Jemand aus der Verwandtschaft versuche, für ihre Mutter ein iPad zu besorgen. „Damit wir vielleicht doch einmal mit ihr skypen können.“

Wie Tortorelli engagiert sich auch Carmela Santelia in der Italienischen Gemeinde, der in Münster rund 1.300 Menschen angehören. Anfang März sei in der Clemenskirche der letzte Gottesdienst gefeiert worden. Anschließend habe man sich im Gemeindezentrum an der Ostmarkstraße getroffen, berichtet sie. Dann sei der geplante Besuch von Bischof Felix Genn wegen Corona abgesagt worden. Zurzeit kommuniziere sie mit Pfarrer Biju Joseph und den anderen Gemeindemitgliedern in Münster nur per Telefon oder WhatsApp.

 

Gebet in der Familie

 

Pater Biju Joseph gehört der Ordensgemeinschaft der Regularkleriker (Clerici regulares minores) an. Er kommt aus Indien, hat in Rom studiert und spricht fließend Italienisch. Er versucht vor allem den Kontakt zu den Älteren aufrechtzuerhalten.

Die Jüngeren arbeiteten zumeist, viele in der Gastronomie oder als Krankenpfleger oder -schwestern. „Die Familie kann auch allein zuhause beten“, sagt er. Der Rosenkranz sei unter Italienern sehr beliebt.

 

Ein Cousin ist Arzt in Italien

 

„Wir sind alle im selben Boot und versuchen uns gegenseitig moralisch zu unterstützen“, empfindet Carmela Santelia die Situation in der Gemeinde. Ihre Familie lebt in Sizilien. „Dort rückt das Virus immer näher“, sorgt sie sich.

Eigentlich wollte die Erzieherin in einer katholischen Kita Ende März ihre Mutter dort besuchen. Das gehe nicht mehr. „Mein Herz und Kopf sind in Italien“, sagt sie. Ihre Stimme bebt. Ihre Mutter habe Lungenprobleme. Auch um ihren Cousin in Udine, der Arzt sei, macht sie sich Sorgen. „Mit ihm spreche ich per Video oder im Chat. Er ist total überfordert, aber er beschwert sich nie.“

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