Pfarreirats-Vorsitzender Sebastian Laube über Erfahrungen in Mettingen

Corona-Krise in der Gemeinde: viele Absagen - und neue Ideen

Die Pfarrei St. Agatha hatte richtig viel vor in diesem Jahr - vor allem ein Glaubensfestival mit mehr als 90 Veranstaltungen. Alles musste wegen Corona ausfallen. Doch die Gemeinde hat sich auch neu entdeckt.

 

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Gemeindemitglieder und das Seelsorgeteam in Mettingen hatten viel organisiert: Gottesdienste im Freibad, auf dem Campingplatz, mit dem Reiterverein, mit Bischöfen, dazu viele Gesprächsrunden, Konzerte und Begegnungen. Mehr als 90 Veranstaltungen sollte es ab Mitte Mai beim zehntägigen Glaubensfestival der Pfarrei St. Agatha geben. Alles fällt aus. „Kirche-und-Leben.de“ sprach mit dem Pfarreirats-Vorsitzenden Sebastian Laube über seine Enttäuschungen und über das, wie die Gemeinde durch die Krise erfinderisch geworden ist.

Ihre Pfarrei hatte mit großem Engagement ein Glaubensfestival mit mehr als 90 Veranstaltungen vorbereitet. Wie enttäuscht waren Sie, als Sie alles absagen mussten?

Nun ja, ich gebe offen zu, dass eine gewisse Enttäuschung schon da war, als wir am 1. April - kein Aprilscherz - das Glaubensfestival offiziell absagen mussten. Nun hatten wir durch die zunehmenden Corana-Kontaktsperren seit Mitte März schon eine gewisse Vorbereitungszeit. Trotzdem ist dann der Moment der konkreten Entscheidung schon noch einmal enttäuschend. Zumal das Glaubensfestival eine Vorbereitungszeit von etwa anderthalb Jahren bedeutet hat. Wenn man die Erstellung des Pastoralplans hinzunimmt, ist die Gemeinde bereits seit sechs Jahren auf dem Weg einer missionarischen Gemeinde. Und das Glaubensfestival sollte dort ein echter Meilenstein sein.

Wie waren die Reaktionen der Engagierten?

Die Wochen nach der Absage haben sehr schnell deutlich gemacht, dass unsere Enttäuschung gegenüber den vielen Sorgen von Menschen in der Risikogruppe oder den wirtschaftlichen Folgen durch Kurzarbeit oder Existenznöten von Selbstständigen doch vermeintlich klein ist. Aber positiv gesprochen: Wir haben ganz viel Trost und Zuspruch erhalten. Das hat uns auch noch einmal gezeigt, dass unser Weg sehr aufmerksam auch von Menschen außerhalb unserer Kirche begleitet wurde.

Bestehen Möglichkeiten, einige Veranstaltungen nachzuholen und die vielen Ideen weiterzuentwickeln?

Grundsätzlich ist eine solche zehntägige Häufung von Veranstaltungen unter Beteiligung von sehr vielen Gruppen so nicht einfach um ein Jahr zu verschieben. Somit sahen wir uns gezwungen, das Glaubensfestival als solches abzusagen. Gleichzeitig haben wir auch gelernt, dass die Bereitschaft von Ehrenamtlichen für ein konkretes Projekt groß ist, weil es endlich ist.

Aufgrund der Kontaktsperre findet ein erstes Treffen der kompletten Vorbereitungsgruppe – der Kompass AG – erst Mitte Mai statt. Dort wird man auch erst einmal die Befindlichkeiten aller abfragen können.

Welche Projekte könnten angegangen werden?

Sebastian Laube
Sebastian Laube ist Vorsitzender des Pfarreirats in St. Agatha Mettingen. | Foto: Johannes Bernard

Einiges kann realisiert werden, auch wenn es dann nicht mehr in direktem Zusammenhang unseres Glaubensfestivals als Klammer passieren wird: der Escape Room „Löwe von Münster“ für unsere Kardinal-von-Galen-Schulen ist dabei sicher ein Muss. Der Gospelworkshop mit Chris Lass wird auch sicher nachgeholt. Der ökumenische Gottesdienst am Campingplatz „Zur schönen Aussicht“ wird für alle ebenfalls eine große Freude sein – vielleicht sogar das erste Highlight nach der Kontaktsperre, da auch die evangelische Gemeinde unsere Aktivitäten sehr eng und gemeinschaftlich begleitet haben. Der Reitverein, der uns zu seinem zeitgleich stattfindenden 100-jährigen Jubiläum eingeladen hatte, hat schon angefragt, ob wir nächstes Jahr dabei sind.

In diesen Tagen sind in ganz Mettingen rund 250 „Willkommensstäbe“ aufgestellt worden, die eigentlich auf das Glaubensfestival aufmerksam machen wollten. Was hat es mit der Aktion auf sich?

Alle Mettinger Kindergärten hatten sich unter Koordination des katholischen St.- Martin-Kindergartens darauf vorbereitet, in einem Kunstprojekt bemalte „Willkommensstäbe“ im Ort aufzustellen. Diese sollten ab dem ersten Mai-Wochenende auf das Glaubensfestival sichtbar hinweisen. Und tatsächlich sind rund 250 Stäbe fertiggestellt worden, die von Freiwilligen an 50 verschiedenen Orten aufgestellt worden sind. Dabei helfen die Stäbe, Mettingen ein Stück bunter zu machen und gleichzeitig das Anliegen des Glaubensfestivals in Erinnerung zu halten: Sie sind nun Hoffnungsstäbe auf das Nachholen der vielen geplanten Begegnungen und vielleicht auch die Hoffnung auf eine „neue Normalität“, die in nicht allzu weiter Ferne auch nach Mettingen zurückkommen möge.

In der Zeit der Corona-Krise hat die Pfarrei St. Agatha schnell die digitalen Möglichkeiten genutzt, die Gemeindemitglieder zu vernetzen. Welche Erfahrungen machen Sie mit den neuen Formen?

In Vorbereitung auf das Glaubensfestival hatte sich eine Gruppe freiwilliger zur Aufgabe gemacht, die Homepage der Kirchengemeinde neu zu gestalten – dies ist uns nun zu einem echten Vorteil geworden. Denn die Internetseite als Plattform für geistige Impulse, wichtige Informationen und Plattform für weitere Angebote in der Gemeinde funktioniert gut. Für den Impuls an Ostern konnten wir konkret 1800 Abrufe auf der Internetseite analysieren.

Man sagt ja „Not macht erfinderisch“, und so haben sich die Angebote über die Internetseite rasend schnell entwickelt und sind immer professioneller geworden: Haben wir am Anfang der Corona-Krise nur Schrifttexte veröffentlicht, so finden wir mittlerweile virtuelle Rundgänge durch unseren Ostergarten, geistige Osterimpulse mit Orgelbegleitung durch unseren neuen Kirchenmusiker Artur Jurczyk und nun Maiandachten, gesprochen durch die vielen Ehrenamtlichen aus den Vereinen und Verbänden - ganz toll.

Wie verliefen die persönlichen Kontakte in der Gemeinde?

Sehr dankbar sind wir auch der Pfarreicaritas, die bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit Hilfe der Jugendlichen unserer Pfarrei aus Messdienern, Christlicher Jugend Mettingen und Vertretern der Landjugend den Einkaufsservice für Risikogruppen auf die Beine gestellt haben. Aus Erfahrung meiner Töchter, die auch dabei sind, kann ich sagen, dass das eine Win-Win Situation für alle ist: Die Aufgabe gibt den Jugendlichen in diesen Tagen eine konkrete Aufgabe und das Vertrauen, welches den Jugendlichen da entgegengebracht, wird freut sie sehr. Dabei stoßen die Jugendlichen auf riesengroße Dankbarkeit der „Kunden“, die neben der Hilfe beim Einkaufen auch ab und zu ein persönliches Gespräch in diesen Zeiten haben.

Wie erleben Sie die eingeschränkten Gottesdienste?

Eine normale Sonntagsmesse in einer vollen Kirche, mit schönem Gesang und der Feier der Eucharistie fehlt mir. Und alle Streaming-Optionen im Internet - und seien sie auch noch so gut gemacht - können dabei nur eine Hilfestellung auf dem Weg zurück zur Normalität darstellen. Auch die Öffnung der Gottesdienste unter Einhaltung aller Maßgaben ist keine Normalität: Gemeinschaft, Gesang und die Feier der Eucharistie ohne Trennwand gehören für mich einfach dazu. Wir haben uns in St. Agatha dazu entschieden, sehr behutsam die Öffnung von Gottesdiensten anzugehen. Wir werden die weitere Entwicklung genau beobachten und Gottesdienste erst ab dem 17. Mai wieder anbieten - immer in der Hoffnung, die größtmögliche Normalität wiederherzustellen.

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