Kontakte aus dem Bistum Münster zu Familien und Freunden im Ausland

Corona-Pandemie: So geht es Katholiken in aller Welt

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Nicht nur "britische", "südafrikanische" und andere Virus-Mutationen machen deutlich: Corona hält die ganze Welt in Atem. Wir haben Katholiken muttersprachlicher Gemeinden im Bistum Münster gefragt, wie es Familie und Freunden im Ausland geht - und welche Rolle die Kirche vor Ort spielt.

 

Vietnam

 

„Wir machen uns Sorgen und beten für unsere Angehörigen in unserem Mutterland.“ Das sagt Dung Dinh-Päsler, Mitglied der vietnamesischen Gemeinde in Wilhelmshaven. Die meisten Vietnamesen seien jedoch Anfang der 1980er Jahre schon nach Deutschland gekommen, oft in ganzen Familien.

Dung Dinh-Päsler von der vietnamesischen Gemeinde Wilhelmshaven.
Dung Dinh-Päsler. | Foto: Franz Josef Scheeben

Nur die Jüngeren hätten noch viele Angehörige in Vietnam. Ihr Trost: Das Land ist weit weniger stark von der Pandemie betroffen als andere Länder. Bisher verzeichnete Vietnam bis Mitte März amtlichen Angaben zufolge nur 35 Tote (gegenüber 74.000 in Deutschland) und überhaupt nur 2.600 Infektionen, bei vergleihbarer Bevölkerungszahl. Eine Einreisesperre hat das Land trotzdem verhängt.

Sorgen bereiten Dung Dinh-Päsler eher die Zahlen in den USA, wo inzwischen die meisten ihrer Angehörige leben. Bei den Gottesdiensten der kleinen vietnamesischen Gemeinde in Wilhelmshaven tausche man sich deshalb genau aus über die Lage dort. „Und wir beten auch für die Menschen dort.“

 

Afrika

 

Pfarrer Frankline Anyanwu.
Pfarrer Frankline Anyanwu. | Foto: pd.

In der Afrikanischen Katholischen Gemeinde sprechen die Mitglieder viel über die Corona-Situation in den Heimatländern. „Corona ist ein Thema. Auch wenn die Nachrichten aus den jeweiligen Ländern unterschiedlich sind“, sagt Pfarrer Frankline Anyanwu. Der Seelsorger betreut im Bistum Münster mehr als 1.500 Gemeindemitglieder, die aus zahlreichen Ländern Afrikas stammen, unter anderem aus Nigeria, Kamerun, Ghana, Kenia und Simbawe. Die meisten Länder verzeichnen steigende Infektionszahlen.

Anyanwu stammt aus dem Süden Nigerias. In seinem Heimatland gebe es ein starkes Stadt-Land-Gefälle, das sich in der Wahrnehmung der Corona-Erkrankung niederschlägt: „In den größeren Städten ist Corona ein Thema. Es gibt auch Testzentren. An den Infektionen sind Menschen gestorben und viele ernsthaft erkrankt. In den Dörfern dagegen wird wenig über Corona gesprochen“, sagt Anyanwu. Die Menschen in den ländlichen Bezirken würden Corona nicht als Gefahr ansehen und hätten kaum Kenntnis von der Krankheit. Die medizinische Versorgung sei in vielen Regionen unterentwickelt.

Für die Afrikanische Gemeinde ist Corona dann ein besonderes Thema, wenn Flugreisen anstehen. „Reisebeschränkungen haben die meisten Staaten Afrikas. Es existieren feste Einreise- und Ausreisebestimmungen im internationalen Flugverkehr. Verlangt werden negative Corona-Tests“, sagt Anyanwu.

 

Italien

 

Don León Velez Granada.
Don León Velez Granada. Foto: pd.

Das Bild der Corona-Pandemie in Italien gestaltet sich für Don León Velez Granada nicht eindeutig. Der Seelsorger für die Italienische Gemeinde am Niederrhein erlebt nicht nur große Unterschiede in der Berichterstattung über die Lage dort, sondern kennt auch die großen Unterschiede im Gesundheitssystem des Landes. „Im Süden ist das mangelhaft, in den Nordzentren weiterentwickelt.“

Aus der Ferne ist die Lager für den Seelsorger, der in Moers wohnt, oft nicht leicht einzuschätzen. „Die Wahrnehmung ist verwirrend, weil es sehr unterschiedliche Informationen seitens der Behörden gibt.“ Viele Freunde berichten ihm aber von großer Verzweiflung über die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. „Viele haben ihre Arbeit verloren, Familienunternehmen mussten schließen.“

Don León ärgert sich dabei über die schleppende Unterstützung seitens der Regierung. „Es wird viel geschwätzt, aber keine konkrete Hilfe für die Menschen organisiert.“ Die Caritas muss nach den Berichten seiner Freunde viel auffangen. „Und wen es nur eine kleine Mahlzeit am Tag ist.“

Die Kirche spiele in dieser Zeit eine enorm wichtige Rolle, sagt der Seelsorger. „Sonst relativ still, ist sie in den öffentlichen Diskussionen zur Krise laut geworden.“ Das sei akzeptiert worden, auch weil das soziale Engagement der Kirche derzeit groß sei. „Viele Priester starben an den Folgen ihres Einsatzes für die kranken Menschen.“

Die italienische Bischofskonferenz kritisiert einige Bestimmungen, die sich zum Teil von Region zu Region unterscheiden. Don León weiß, dass gerade die Beeinträchtigung der Gottesdienste dabei immer wieder in den Fokus rückt. „Es bleibt eine harte Zeit – auch jetzt, wo mit der dritten Welle wieder eine Kar- und Osterzeit mit vielen Einschränkungen droht.“

 

Brasilien

 

Adriana Schulten.
Adriana Schulten. | Foto: Selfie

„Ich bin sehr unzufrieden, wie es vor Ort in Brasilien läuft“, sagt Adriana Schulten von der portugiesischsprachigen Mission im Bistum Münster. Die Rheinenserin lebt seit über 20 Jahren in Deutschland und hält intensiven Kontakt zu ihrer Verwandtschaft in Recife, im Nordosten Brasiliens.

„Das Impfen läuft gut, meine Großmutter ist bereits dran gewesen“, schildert Adriana Schulten. Doch der Umgang der Regierung mit der ärmeren Bevölkerung sei katastrophal. Ohne die Hilfe von Nicht-Regierungsorganisationen wie beispielsweise dem Arbeitskreis Pater Beda aus Hörstel würde es nicht gehen. „Eigentlich waren viele auf einem guten Weg zu Hilfe durch Selbsthilfe, ohne Fremdbestimmung. Doch jetzt sind ganze Stadtteile auf Masken- und Lebensmittelspenden angewiesen.“

Auch die Kirchen leisten Aufklärung und machen viele Angebote: „Gottesdienste oder Rosenkranzgebete gab es sehr früh als Online-Veranstaltung.“ Hoffnung mache ihr, dass viele Bürgermeister sich gegen die Regierung durchgesetzt hätten und Entscheidungen wie Quarantäneregelungen vor Ort nun eigenständig träfen.

 

Polen

 

Christoph Ullrich
Christoph Ullrich. | Foto: privat

„Ich mache mir Sorgen um die medizinische Versorgung, falls meiner Mutter etwas zustößt.“ Christoph Ullrich lebt mit seiner Frau in Lengerich, seine Mutter wohnt in der 1.000 Kilometer entfernten Ortschaft Groß Neukirch zwischen den Kreisstädten Ratibor und Cosel im Oppelner Schlesien (Woiwodschaft Opol).

Lokale Krankenhäuser wurden zu Pandemiekrankenhäusern umfunktioniert, sodass die medizinische Versorgung radikal abnahm. Anstatt 16 Kilometer zum nächsten Krankenhaus sind es jetzt 60: „Es sind Fälle bekannt, wo Menschen am Herzinfarkt sterben, weil der Krankenwagen über eine Stunde Anfahrt braucht.“

Christopher Ullrich besucht seine Mutter ab und an unter Einhaltung aller Hygienemaßnahmen: „Wir halten sonst Kontakt übers Telefon oder Internettelefonie.“ Seit Anfang der Pandemie blieben die Kirchen für Gottesdienste immer geöffnet: „Das ist für meine Mutter, und viele, die sonst eingeschränkte Kontakte haben, ein großer Trost“, sagt der Lengericher, der in der Gemeinde Seliger Nils Stensen zuhause ist.

 

USA

 

Kyle Trahan
Kyle Trahan. | Foto: privat.

Kyle Trahan zog 2020 von Texas nach Münster. Der Jura-Student arbeitet für den katholischen Verband „Familie und Eigentum“ mit Sitz in Münster und berichtet über die Situation im Bundesstaat Texas: „Viele Schüler fallen wegen der Online-Learning-Formate durch.“ Ein Grund dafür liege in der mangelnden Infrastruktur: „Teilweise haben manche zu Hause keine Internetverbindung.“

Der 21-Jährige schreibt von der „Staatsnetzkastrophe“, die im Februar durch einen ungewöhnlichen Kälteeinbruch entstand. Bis heute seien manche Texaner ohne Strom und Internet: „Eine Generation von Schülern wird dort gewissermaßen zurückgelassen, denke ich.“

Seinen Freunden würden „nicht die Pandemie, sondern die pandemiebedingten ökonomischen Probleme die größten Sorgen“ bereiten. „Manche Leute tragen Maske, andere empfinden das als Zeichen der Schwäche.“ Viele hätten Existenzängste, ob sie ihre Miete noch zahlen können oder einen Job finden.

 

Portugal

 

Vina Pereira.
Vina Pereira. | Foto. privat

Vina Pereira stammt aus Portugal, lebt aber seit über 50 Jahren mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Münster. Die Rentnerin ist sehr erleichtert, dass Portugal auf einem guten Weg aus der Pandemie sei. „Im Moment erkranken etwa zehn Menschen am Tag“, berichtet sie. Seit kurzem werde wieder mit dem Impfstoff Astrazeneca geimpft, sodass die Immunisierung zügig vorankomme.

Ihre Nichte, die in einem Seniorenheim an der Algarve arbeitet, berichte, dass „das Schlimmste“ vorbei sei. Damit die Lage ruhig bleibe, habe die portugiesische Regierung bis zum 15. April einen strikten Lockdown verordnet. Ob auch die Kirchen schließen müssten, entscheide sich im Lauf der Woche.

Regelmäßig betet Vina Pereira das Rosenkranzgebet mit, das aus dem Wallfahrtsort Fatima online übertragen wird. „Auch dort ist die Anzahl begrenzt. Nur zehn Besucher sind meistens in der Kapelle. Das ist schon ein großer Einschnitt für diesen großen Wallfahrtsort“, sagt die gebürtige Portugiesin.

Update 16 Uhr: Portugal ergänzt.

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