"CONTOC"-Umfrage unter 3.900 katholischen und evangelischen Mitarbeitenden

Corona-Studie lobt digitale Kreativität von Seelsorgenden

  • Mehr als 70 Prozent der Seelsorgerinnen und Seelsorger in Deutschland sehen in mehr Digitalangeboten wegen Corona vor allem Chancen und weniger die Risiken.
  • Das ist das Ergebnis einer ökumenischen, repräsentativen Studie CONTOC-Studie ("Churches Online in Times of Corona"), deren erste Ergebnisse heute vorgestellt wurden.
  • Am häufigsten seien online "Geistliche Impulse" angeboten worden, erst an zweiter Stelle klassische Gottesdienstformen.

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Viele Verantwortliche in katholischen und evangelischen Kirchengemeinden sehen in der Corona-Krise auch Chancen. Durch die Einschränkung des üblichen Gemeindelebens wegen des Infektionsschutzes habe man die Möglichkeit erhalten, die bestehenden Angebote zu hinterfragen und zu verändern, lautet eine Querschnittsthese der CONTOC-Studie ("Churches Online in Times of Corona"), deren erste Ergebnisse am Dienstag bei einer Online-Tagung vorgestellt wurden.

Nach dem ersten Lockdown in Deutschland waren im Mai und Juni 2020 Pfarrer und andere Seelsorgende über Landeskirchen und Diözesen per E-Mail zur Teilnahme an der Online-Umfrage aufgefordert worden.

 

Nord: Zeit für Experimente

 

Mehr als 70 Prozent der rund 3.900 katholischen und evangelischen Befragten aus Deutschland sehen den Ergebnissen zufolge in Digitalisierungsprozessen vor allem Chancen und weniger die Risiken. Man könne so jene Menschen erreichen, die nicht an Präsenzveranstaltungen teilnehmen können, erläuterte die evangelische Religionspädagogik-Professorin Ilona Nord von der Uni Würzburg. Sie zitierte zudem einen Befragten: Die Corona-Pandemie habe "uns zumindest Zeit geschenkt, Neues auszuprobieren und zu wagen, die wir sonst nicht haben".

Zu Beginn der Corona-Pandemie sind der Studie zufolge viele katholische und evangelische Seelsorger in Deutschland von sich aus mit digitalen geistlichen Angeboten "kreativ geworden". Es habe sich eine "Grundhaltung des gemeinsamen Suchens nach neuen Wegen" gebildet, sagte der katholische Frankfurter Pastoraltheologe Wolfgang Beck.

 

Beck: Wenig Unterstützung aus Bistumsleitung

 

Das hohe digitale Engagement von Seelsorgern sei auch deshalb erstaunlich, weil ein größerer Anteil von Mitarbeitenden vor allem in katholischen Pfarreien nach eigenen Angaben "wenig Unterstützung" aus der Leitungsebene der Bistümer erhalten habe.

Am häufigsten seien online "Geistliche Impulse" angeboten worden, erst an zweiter Stelle klassische Gottesdienstformen. Es sei also nicht so, "dass alles auf die Messe am Sonntag hinausläuft", sagte Beck. Es gebe "ein Bewusstsein dafür, dass es im Digitalen vielleicht nicht nur die eine liturgische Form gibt, sondern hier auch andere Formen zu nutzen sind und sogar angemessener sein können".

 

Weltweiter Forschungsverbund

 

Aus den evangelischen Landeskirchen beteiligten sich den Angaben zufolge rund 2.400 Menschen, aus den katholischen Diözesen rund 1.500. Das Durchschnittsalter der befragten Pfarrer und Pfarrerinnen, Priester, Diakone, Gemeinde- und Pastoralreferenten liegt bei 50 Jahren. Die Studienautoren gehen von einer Repräsentativität der Ergebnisse aus.

Für die Studie hatte sich ein Verbund aus katholischen und evangelischen Forschenden von  Hochschulen und Instituten in Würzburg, Frankfurt am Main, Zürich und St.
Gallen sowie vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bebildet. Zum internationalen Netzwerk, das sich an der Studie beteiligt, gehören Forscher aus Singapur, Schweden, Australien, den USA, Brasilien, Ungarn, Südafrika, Großbritannien und vielen weiteren Ländern.

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