Wissenschaftler Tobias Knoll untersucht Religion in Computerspielen

Daddelt Gott bei der Gamescom mit?

Der Heidelberger Religionswissenschaftler Tobias Knoll untersucht Religion und Moralsysteme in Computerspielen. Im Interview aus Anlass der Kölner Spielemesse Gamescom verrät er, warum Religion für Spielentwickler eine wahre Fundgrube ist.

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In der realen Welt scheinen Religion, Glaube und Götter an Einfluss zu verlieren. Ganz anders in Computerspielen. Der Heidelberger Religionswissenschaftler Tobias Knoll untersucht Religion und Moralsysteme in Games. Im Interview aus Anlass der Kölner Spielemesse Gamescom verrät er, warum Religion für Spielentwickler eine wahre Fundgrube ist.

Herr Knoll – Zocker interessieren sich für Religion?

Tobias Knoll: Das nicht unbedingt. Aber es ist schon auffällig, wie viele religiöse Elemente in Games mitschwingen – wenn man von Spielen wie „Fifa“ absieht. Viele Spiele nutzen Religion als Baustein oder Story-Element. In „Far Cry 5“ etwa übernimmt ein militanter religiöser Kult Teile der USA. Oder „Skyrim“; ein Komplex mit vielen Göttern, Glaubensrichtungen, Gebeten und Meditation. Oft sind religiöse Aspekte konkret greifbar: Der Spieler begegnet einem Gott, unterhält sich mit ihm oder bekommt eine Aufgabe.

Und warum funktioniert das?

Viele religiöse Strömungen haben eine sehr spieltaugliche Grundstruktur, es geht um Helden oder epische Begebenheiten. Entwickler können sich strukturell gut daran bedienen. Und es ist eine Möglichkeit, abstrakten Konzepten ein Gesicht zu geben.

Das zieht bei Jugendlichen?

Die Entwickler bedienen sich bei dem, was die Spieler kennen. Auch wenn Religion für viele keine große Rolle spielt, kennen sie die großen Linien. Einige interessieren sich auch für alte Religionen, die Thora oder nordische und ägyptische Mythologie. Religion in Games ist immer eine Eigenkreation der Designer, sie kombinieren und mischen Elemente unterschiedlicher Religionen.

Wie steht es in Spielen um die Moral?

Gut und Böse sind Themen, aber auch Entscheidungen und Konsequenzen. In den meisten Fällen ist der Spieler der Gute, und die Gegner sind die Bösen. Bei dieser Grundstruktur wird sehr gerne auf der Basis religiöser Vorstellungen argumentiert. Komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge müssen dann nicht erklärt werden, stattdessen kann man sagen: Das sind jetzt die Schergen der bösen Gottheit und die müssen besiegt werden. Die Struktur ist oft simpel und zweidimensional.

Lernen Spieler dabei auch etwas über Religion?

Möglich ist das. In vielen Games bekommen Spieler Infoschnipsel. Sie erfahren etwas über historische Religionen oder gewinnen Einblicke in die politischen und kulturellen Dimensionen von Religion – vor allem, wenn sich daraus Konflikte ergeben. Weniger greifbare Elemente wie Glaube oder Transzendenz werden von Spielern meist nicht wahrgenommen oder abgelehnt. Und es gibt natürlich auch viele Menschen, die einfach nur ein Spiel spielen wollen und denen der Kontext unwichtig ist.

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