Themenwoche „Was uns in der Kirche hält“ (1) - aus Neerstedt

Darum hat sich Toni Foitl mit 16 Jahren für die Taufe entschieden

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Toni Foitl hat sich Zeit gelassen, aber im Sommer 2021 war sich der damals 16-Jährige aus Neerstedt (Landkreis Oldenburg) sicher: Er wollte katholisch werden.

Kurz vor der Taufe hat er einfach mal „Katholizismus“ gegoogelt, und „katholische Kirche“. Sofort erschienen auch Meldungen zum Thema „Missbrauch“ auf dem Bildschirm. Toni Foitl zuckt mit den Achseln. „Das ist natürlich schlimm“, sagt er unmissverständlich. Aber es gebe eben auch noch das andere. Der Elftklässler zählt auf: „Die Werte, die Sakramente, den Glauben, wie er zum Beispiel in der Eucharistiefeier gelebt wird.“ Für ihn entscheidende Gründe dafür, dass er sich im Frühjahr 2022 taufen ließ, mit 16 Jahren.

Zweifel an der Grundsatzentscheidung? Der Gymnasiast schüttelt den Kopf. „Die hatte ich bisher nie. Ich habe immer gedacht: Ich habe das Richtige gemacht. Und so soll es bleiben!“ Auch, wenn er natürlich mitbekommt, wie viele Menschen die Kirche in letzter Zeit verlassen haben. In seiner Heimatgemeinde St. Peter in Wildeshausen seien es im vergangenen Jahr 157 gewesen, im Vorjahr dagegen nur 20, sagt Ludger Brock, der leitende Pfarrer der Gemeinde im Landkreis Oldenburg. Aber Toni Foitl ließ sich davon nicht beirren.

Negative Reaktionen erlebt Toni Foitl selten

Die meisten in seinem Jahrgang auf dem Wildeshauser Gymnasium wissen Bescheid. Negative Reaktionen hört er selten. In der Diaspora-Region ist die Frage nach Religion und Konfession nicht so wichtig. Einmal hat ihn ein Freund angesprochen. „Warum willst Du eigentlich in die katholische Kirche eintreten? Trotz Zölibat zum Beispiel?“

Toni Foitl zuckt mit den Schultern. „Es fiel mir schwer, das zu erklären. Es ist eben auch eine Gefühlssache.“ Er lächelt, als er das sagt. Weil er ja gerade noch von seinen Lieblingsfächern in der Schule erzählt hat: Mathe und Latein. Dass dort alles so schön klar sei: die Grammatik-Regeln oder beim Rechnen die Unterscheidung in falsch oder richtig. „Logisches Denken eben“. Mit der Religion sei es das anders. „Da kann man viel interpretieren.“

Die Taufe wollte Toni Foitl unbedingt

Und doch habe er von Anfang an gespürt, wie wichtig sie ihm sei. Besonders am 6. Februar 2022, dem Tag seiner Taufe. „Ich wollte das ja unbedingt“, sagt der schlaksige junge Mann. „Weil bis dahin einfach etwas in meinem Leben fehlte.“ Es war Taufe, Erstkommunion und Firmung an einem Tag. Eine Feier in der St.-Peter-Kirche, mit Freunden und Familie. Eine Freundin seiner Eltern wurde seine Taufpatin. „Ich erinnere mich sehr gerne zurück. Dadurch wurde eine Lücke in meinem Leben gefüllt.“

Die evangelisch getauften und mittlerweile aus ihrer Kirche ausgetretenen Eltern hatten ihm die Entscheidung selbst überlassen wollen. Auch wenn sie sich wunderten. „Ausgerechnet katholisch?“ In einer Gegend mit einem geringen Katholikenanteil. „Mein einziger katholischer Verwandter war mein Opa väterlicherseits. Aber den habe ich nicht mal gekannt. Sonst gibt es in meiner Familie noch den Lebensabschnittspartner meiner Oma mütterlicherseits, der auch katholisch ist“, sagt Toni Foitl. Unterstützt haben seine Mutter und sein Vater ihn trotzdem.

Familienurlaub war ausschlaggebend

Ob evangelisch oder katholisch das Richtige sein würde, darüber hatte er lange nachgedacht. Ein Familienurlaub in Österreich vor zwei Jahren setzte ihn dann endgültig auf die katholische Spur. Die Kirchen, die Kreuze in den Gaststuben – für Toni Foitl waren das Zeichen dafür, wie selbstverständlich die Menschen ihren Glauben dort leben. Auch bei der freundlichen Zimmerwirtin hingen in allen Zimmern Kreuze. „Mich hat das beeindruckt. Und mir wurde klar, dass das die Art Glauben war, die auch für mich passt.“

Gemeinsam mit seinem Vater fuhr der damals noch 16-Jährige zum Pfarramt, besprach mit Pfarrer Ludger Brock die Möglichkeiten und absolvierte eine zweimonatige Vorbereitungszeit. Immer montags trafen sich die beiden nachmittags, um über Bibel, Gott und Kirche zu sprechen. Der Pfarrer hat ihn dabei auch gründlich nach dem Warum befragt.

Zur Vorbereitung mit dem Rad – zehn Kilometer pro Weg

„Weil es ja wichtig ist, dass es eine gute Entscheidung ist“, sagt Ludger Brock. „Er hat alles aufgesogen wie ein Schwamm“, erinnert sich der Seelsorger an die Diskussionen mit dem jungen Mann, der sich selbst als „Leseratte“ mit großem Interesse für Naturwissenschaften und antike Schriften beschreibt. Und der für die Treffen im Pfarrhaus jedes Mal zehn Kilometer Fahrradtour pro Weg von seinem Wohnort Neerstedt nach Wildeshausen in Kauf nahm.

Diese Radtouren bei Wind und Wetter sind für Toni Foitl mittlerweile auch an den Wochenenden kein Problem mehr – zu den Gottesdiensten in der St.-Peter-Kirche. Dort hatte er sich schon kurz nach der Taufe den Messdienern angeschlossen und steht mit am Altar, so oft er kann. Ob ihn die Taufe verändert habe?

Toni fühlt sich besser, seit er Christ ist

Toni Foitl überlegt eine Zeit lang und nickt dann. „Ja, doch. Ich fühle mich heute besser und freier. Hinzu kommt: Christliche Werte sind für mich wichtiger geworden: Barmherzig sein und Nächstenliebe zum Beispiel. Ich reflektiere in vielen Lebenssituationen viel mehr als vorher. Ob das wirklich gut ist, was ich gerade mache.“ Ihm helfen dabei die Gottesdienste, die Evangelien und die Auslegung der Texte in der Predigt.

Nach einem Jahr als Christ steht Toni Foitl noch am Anfang. Manches hat ihn sofort begeistert. Anderen Dingen nähert er sich noch zögernd. „Das Sakrament der Beichte ist noch etwas schwierig für mich“, sagt er. Und er interessiert sich zumindest am Rande auch für die Veränderungsprozesse, die derzeit die Diskussionen in der Kirche in Deutschland bestimmen. In den Nachrichten hat er mitbekommen, wenn es dort um Zölibat und solche Sachen geht. „Ich finde es gut, dass sich die katholische Kirche langsam öffnet.“

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