KIRCHE+LEBEN-INTERVIEW

Caritas vor Groß-Demo in Düsseldorf: Sozialkürzungen spalten NRW

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Zehntausende protestieren gegen Sozialkürzungen im NRW-Haushalt, die Caritas ist dabei. Kirche+Leben fragt, was die Demo bewirken soll.

Frau Stapel, als Diözesan-Caritasdirektorin im Bistum Münster protestieren auch Sie am Mittwoch, 13. November, in Düsseldorf gegen geplante Sozialkürzungen in Nordrhein-Westfalen. Was sind die zentralen Anliegen der Demo?

Grundsätzlich fordern wir die Rücknahme der Kürzungspläne im Landeshaushalt 2025. Die Streichung von 83 Millionen Euro trifft zahlreiche soziale Dienste und Angebote der Freien Wohlfahrt und damit vor allem die Menschen, die in Not- und Krisensituationen Unterstützung benötigen. Wir fordern vielmehr die Stärkung sozialer Einrichtungen. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation verlangt besonders nach Perspektiven für diejenigen, die finanziell und sozial an den Rand gedrängt werden. Die Landesregierung muss mit der Rücknahme der Kürzungen ein deutliches Zeichen setzen, wie entscheidend der soziale Gedanke für die Politik in NRW ist. Dabei geht es auch darum, die Demokratie zu stärken, die durch die Sparmaßnahmen noch mehr von Spaltung, Populismus und Extremismus bedroht ist.

Es wurde und wird viel demonstriert, auch gegen Sozialabbau, und die jetzt vorliegenden Kürzungspläne lassen zweifeln, ob Demos Erfolg haben. Warum wählen Sie das Mittel der Demo?

Ein solcher Protest ist wichtig, nicht nur, um die Öffentlichkeit immer wieder auf die politische Fehlentwicklung aufmerksam zu machen. Auch das Zeichen für die Träger, Mitarbeitenden und ehrenamtlich Engagierten ist ein Ziel. Ihr täglicher Einsatz für die Menschen in NRW wird mit den Kürzungen in Frage gestellt. Die Demonstration ist auch ein Zeichen der Solidarität mit ihnen: Wir sehen euch und wir sehen die Not der Menschen, für die ihr jeden Tag da seid. Dafür gilt es laut zu werden.

Wie soll es nach der Demo weitergehen?

Wir werden dran bleiben an dem Thema, egal, wie die politischen Entscheidungen der NRW-Regierung aussehen werden. Dafür werden wir den Kontakt zu PolitikerInnen, EntscheiderInnen und Verantwortungstragenden weiter intensiv suchen. Das ist im besten Sinne Lobby-Arbeit für die Menschen. Wege und Mittel dafür gibt es viele: Hintergrundgespräche, Vor-Ort-Termine, Kampagnen, Demonstrationen, Mahnwachen, Petitionen… Ziel wird weiterhin sein, die Menschen zu informieren, zu sensibilisieren und sie aufzufordern, in ihrem Umfeld, in ihrem gesellschaftlichen Engagement und bei den anstehenden Wahlen das Soziale in NRW im Blick zu behalten.

24.000 bei Demo erwartet – Katholische Laien schreiben der NRW-Regierung
Mehr als 24.000 Menschen haben sich laut Caritas zur Demo gegen geplante Sozialkürzungen im nordrhein-westfälischen Landeshaushalt am Mittwoch in Düsseldorf angemeldet. Wegen der großen Zahl kann die Kundgebung nicht direkt am Landtag stattfinden; der vorherige Protestmarsch muss nach Angaben der Organisatoren entfallen. Die Kundgebung beginnt nun um 12.05 Uhr auf den linksrheinischen Wiesen zwischen Rheinknie-Brücke und Oberkasseler Brücke.

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, darunter die Caritas, protestieren unter dem Motto „NRW bleib sozial!“. Nach Angaben der Arbeiterwohlfahrt (Awo) wollen NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) und Familienministerin Josefine Paul (Grüne) zu den Demonstranten sprechen. Zugleich erklärt die Awo, sie erwarte, dass sich Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) „nicht vor den Menschen wegduckt, die Angst um ihre Arbeitsplätze, um die Bildungschancen ihrer Kinder haben oder nicht mehr wissen, wo sie zukünftig Unterstützung erfahren“.

Die Laienvertretungen der katholischen Bistümer in NRW fordern in einer Erklärung derweil die Landesregierung auf, alternative Sparmöglichkeiten zu suchen. Soziale Investitionen seien essenziell für die Stabilität des Landes, so das Schreiben der Räte aus Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn. Die Unterstützung der Schwächsten der Gesellschaft sei „ein grundlegendes Anliegen kirchlicher Verbände und ehrenamtlich Engagierter“. | jjo, KNA

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