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Dass wir in Sachen Klima unsere Lebensweise in den Blick nehmen müssen, ist in dieser Zeit immer wieder nachdrücklich zu hören. Das ist gut so, sagt Reporter Michael Bönte. Der Blick auf den Nächsten dürfe dabei aber nicht ins Hintertreffen geraten.
Eins vorab: Der Einsatz gerade der jungen Generation für den Klimaschutz begeistert mich. Die Intensität, mit der sie sich für den Erhalt der Erde engagiert, ist imponierend. Ich wünschte mir, ich hätte in meiner Jugend so viel Elan für ein so wichtiges Thema entwickelt.
Hut ab vor so viel Energie an der richtigen Stelle! Die Proteste haben großen Anteil daran, dass sich nach und nach ein Mainstream entwickelt, der die entscheidenden Umweltprobleme auf der Tagesordnung hat.
Nachhaltigkeit vor Nächstenliebe?
Eine Sache irritiert mich dabei aber: Der soziale Gedanke scheint an vielen Stellen vom Einsatz für das Klima überlagert zu werden. Politisch korrekt ist zu allererst, was dem nachhaltigen Schutz der Umwelt dient. Erst danach kommt der Gedanke daran, wie es dem Menschen direkt neben mir heute geht.
Es zählt zunächst, was auf dem Teller landet, wie wenig Auto gefahren wird, welche Kleidung getragen wird. Ich selbst weiß, wie viel Energie es kosten kann, das im eigenen Alltag zu etablieren.
Reicht Klimaschutz, um gut zu sein?
Anders gesagt: Der gute Mensch heute isst vegan, fährt Fahrrad und bringt sich an möglichst vielen Stellen mit nachhaltiger Korrektheit ein. Das scheint das Gesetz der Stunde, dafür geht er „all in“. Aber reicht das, um gut zu sein?
Wenn der Blick auf den Nächsten dabei an die zweite Stelle rutscht, gerät etwas in Schieflage. Der gehört für mich immer noch nach ganz oben. Arbeitslose, Gefüchtete oder Wohnungslose direkt vor meiner Haustür müssen ein genauso wichtiges Thema bleiben wie die Abholzung des Regenwalds.
Auch den Einsatz für Notleidende intensivieren
Ich höre derzeit häufig sowohl in den öffentlichen Diskussionen als auch privat, dass ich in meinem Konsumverhalten nachsteuern muss. Viel weniger aber fordern mich auf, meinen Einsatz für Menschen in Not zu intensivieren.
Bei dem wichtigen Blick für die Welt von morgen sollte uns bewusst sein, dass wir auch in der Welt von heute einen zentralen Auftrag haben: Für Gerechtigkeit zu sorgen und die am Rande im Blick zu behalten. Ich wünschte mir manchmal, dass die vielen guten Menschen einen Teil der Energie, die sie für die Zukunft der Erde investieren, in soziale Projekte einbringen.