Sozialkaufhaus sucht neue Ehrenamtliche

Der Caritas-Warenkorb in Ahlen hilft Menschen am Existenzminimum

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Der Warenkorb verwandelt sich an diesem Dienstagvormittag in einen Bienenkorb. Viele fleißige Bienen schleppen Kisten mit Gemüse, Obst und anderen Lebensmitteln und packen sie in die Regale. An der Zeppelinstraße 35 betreibt der Caritasverband für Ahlen, Drensteinfurt und Sendenhorst sein ehrenamtlich geführtes Sozialkaufhaus.

Jeder, der nachweislich in schwierigen finanziellen Verhältnissen lebt, kann dort zweimal in der Woche (dienstags und freitags) gegen einen geringen Obolus (10 bis 20 Prozent des Warenwerts) einkaufen. Es handelt sich in der Regel um Menschen aus Ahlen und Umgebung, die Hartz IV beziehen oder mit einem geringen Renteneinkommen am Rande des Existenzminimums leben. Eine Kundenkarte des Caritasverbandes berechtigt zum Einkauf.

Der Warenkorb hat bereits eine fast 25-jährige Geschichte, er wurde im Herbst 1998 vom Fachdienst Existenzsichernde Hilfen gegründet. Seit der ersten Stunde dabei sind, Sozialpädagogin Elisabeth Wieland, die die Mannschaft an dem inzwischen dritten Standort hauptamtlich betreut sowie Fachdienstleiter Hermann Wetterkamp.

Auch Geflüchtete aus der Ukraine kommen

Waren es im Anfang zunächst 25 bis 30 Kunden, hat sich ihre Anzahl bis vor Ausbruch der Pandemie auf rund 70 Kunden mehr als verdoppelt. „Tendenz steigend“, berichtet Wetterkamp, dass sich seit einigen Wochen auch aus der Ukraine geflüchtete Menschen gerne über den Warenkorb mit Lebensmitteln versorgen. Die Kundschaft besteht zu einem Drittel aus Familien, einem Drittel Rentnern und einem Drittel Alleinstehenden. 50 Prozent der Menschen haben einen Migrationshintergrund. „Wir sind hier Multikulti und hatten sogar schon Kunden aus Mexiko“, erklärt Elisabeth Wieland. Sie ist hauptamtlich für den Warenkorb zuständig ist.

35 Ehrenamtliche kümmern sich um das Einsammeln der leicht verderblichen Lebensmittel bei den Supermärkten an sechs Tagen in der Woche und die Ausgabe an die Kunden. Drei von ihnen sind ebenfalls seit der ersten Stunde dabei, darunter zwei 84-Jährige, die sporadisch immer mal wieder einspringen, wenn Not am Mann oder der Frau ist. „Uns fehlt der Nachwuchs“, sagt Elisabeth Wieland. Deshalb plant die Caritas im Mai eine Zukunftswerkstatt, um neue Mitarbeiter anzuwerben. Zum Beispiel für den Lieferservice wird dringend ein Fahrer gesucht, der gehbehinderte und kranke Kunden beliefert.

Gestiegene Preise großes Problem

Ein „brennendes Problem“ sind aber vor allem die gestiegenen Verbraucherpreise, berichtet Hermann Wetterkamp. Die Inflationsrate von 7,4 Prozent im April 2022 (Statistisches Bundesamt) und die steigenden Energiepreise würden mehr und mehr für Hartz-IV-Bezieher und Rentner mit geringem Einkommen zum Armutsrisiko.

Viele Bedürftige müssten inzwischen jeden Cent umdrehen, so Wetterkamp. Er fordert eine deutliche Anpassung des Regelsatzes an die Inflationsrate. Die reguläre Fortschreibung zu Jahresbeginn von drei Euro reiche bei weitem nicht aus. „Die Politik muss reagieren“, betont der Caritas-Vertreter.

Alleinstehende mit hohem Armutsrisiko

Im Kreis Warendorf gebe es 7535 Bedarfsgemeinschaften, das seien 15.507 Menschen, die am absoluten Existenzminimum ihr Leben bestritten. Ein besonders hohes Armutsrisiko hätten dabei Alleinerziehende mit ein oder mehreren Kindern. „Das Gros kämpft jeden Tag ums Überleben“, so Wetterkamp. Wenn die Politik nicht reagiere, bestehe die Gefahr, dass immer mehr Menschen in die Armut abrutschten. „Das bedroht dann auch irgendwann die Mittelschicht bzw. unseren Wohlstand“, kritisiert der Caritas-Mitarbeiter, der eine stärkere Nachfrage beim Warenkorb erwartet.

Der ist inzwischen mehr als nur ein Sozialkaufhaus. Im monatlichen Café kommen die Kunden bei Kaffee und Kuchen zusammen. Dort haben die Ehrenamtlichen ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen. „Wir stehen in gutem Austausch mit unseren Kunden“, berichtet Roswitha Gerdt (73).

Caritas sucht Helfer für den Warenkorb

Manchmal werden die Ehrenamtlichen sogar eingeladen oder angerufen, wie von einer 93-Jährigen. „Wir sind echt zusammengewachsen wie eine Familie“, erzählt Ursula Ebeling, die nach ihrer hauptberuflichen Tätigkeit bei der Caritas ins Ehrenamt gewechselt ist. Auf Anhieb hat sich auch eine junge Ukrainerin im Warenkorb wohlgefühlt. Sie ist nicht nur neue Kundin, sondern unterstützt jetzt auch die „fleißigen Bienen“ von der Zeppelinstraße in Ahlen.

Wer sich ehrenamtlich beim Warenkorb betätigen will, kann sich telefonisch bei Elisabeth Wieland, Telefon 02382/893213, oder per E-Mail an e.wieland(at)caritas-ahlen.de melden.

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