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Der renommierte Soziologe Franz-Xaver Kaufmann ist tot. Der Pionier im Bereich der Religionssoziologie starb am Sonntag im Alter von 91 Jahren in Bonn.
Ein entsprechender Bericht von katholisch.de wurde der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) aus Kaufmanns Umfeld bestätigt.
Kaufmann wurde am 22. August 1932 in Zürich (Schweiz) geboren und lebte seit 1963 in Deutschland. Er gehörte zu den Mitgründern der Fakultät für Soziologie an der Universität Bielefeld. Dort wirkte er von 1969 bis zu seiner Emeritierung 1997 als Professor für Sozialpolitik und Soziologie. Von 1980 bis 1992 leitete er das von ihm gegründete Institut für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik. Zu seinen Hauptarbeitsgebieten gehören die Theorie der Sozialpolitik und des Wohlfahrtsstaates, institutionelle Entwicklungen der Sozialpolitik, Familiensoziologie und -politik sowie die Religionssoziologie.
Engagement bei „Würzburger Synode“ und ZdK
Immer wieder beriet der Katholik Kaufmann auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz, unter anderem beim gemeinsamen Sozialwort der Kirchen von 1997. Anfang der 1970er Jahre nahm er als Berater an der Gemeinsamen Synode der deutschen Bistümer („Würzburger Synode“) teil. Über viele Jahre war er Berater des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Die Universität Bielefeld ernannte Kaufmann 2009 für seine Verdienste zum Ehrensenator. Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie ehrte ihn 2012 mit dem Preis für ein herausragendes wissenschaftliches Lebenswerk.
Im selben Jahr zeichneten ihn die Katholische Fakultät der Universität Münster mit der Ehrendoktorwürde und das Bistum Essen mit dem Heinrich-Brauns-Preis für Verdienste um die katholische Soziallehre aus. Bereits seit 1993 war Kaufmann Ehrendoktor der Katholischen Fakultät der Universität Bochum.
Kaufmann kritisierte Klerikalismus
Kaufmann rief die katholische Kirche immer wieder zu Reformen auf. Das langjährige Schweigen über sexuellen Missbrauch durch Geistliche hing seiner Ansicht nach auch mit der katholischen Lehre zusammen, wonach das Weihesakrament dem Priester ein unauslöschliches Prägemal verleiht. Dies habe dazu beigetragen, dass Priester überhöht und Missbrauchsfälle tabuisiert worden seien.
Die Aufarbeitung von Missbrauch nannte der Soziologe 2021 im Gespräch mit der KNA einen „Selbstreinigungsprozess der Kirche“. Dieser sei schmerzhaft und längst nicht abgeschlossen – „aber er muss weitergehen und alles muss ans Licht, egal wie weh das tut“. Kaufmann kritisierte auch Strukturen im Vatikan und forderte ein neues Verhältnis zwischen Geistlichen und Laien. Klerikalismus sei ein Haupthindernis für jegliche Kirchenreform.