Andachten vor Bildstöcken und in der Natur gehören zum Frühling

Der Mai kommt mit Wonne und Maria

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Der Mai ist gekommen, die Menschen zieht es in die Natur. Auch für das gemeinsame Gebet: Marienandachten haben lange Tradition. In Warendorf pflegt sie der emeritierte Pfarrer Walter Suwelack.

Das passt einfach: Die Natur blüht auf, die Sonne wärmt endlich wieder, die Menschen drängen ins Freie. Der Mai ist für viele der Inbegriff einer Aufbruchstimmung in helle Zeiten. Der Sommer wartet – mit seinen langen Tagen, dem saftigen Grün der Bäume, den bunten Farben der Blumen. Der Wonnemonat ist Gefühlssache.

„Genauso wie der Glauben“, sagt Walter Suwelack. Der emeritierte Pfarrer lebt in Warendorf, und ist jetzt vor allem im Umland der ostwestfälischen Stadt unterwegs. Die Fahrradstrecken durch die münsterländische Parklandschaft sind spätestens ab Mai seine Wege. Und er hat immer konkrete Ziele: Es gibt dort keine Bildstöcke, die er nicht kennt. „Im Frühling sind es vor allem Mariendarstellungen, die mich berühren“, sagt er. Warum? „Weil Glauben eben auch eine Gefühlssache ist und die Gottesmutter mit ihrer Ausstrahlung nah dran ist an den alltäglichen Gefühlen der Menschen.“

Maiandacht vor einem Marienbildstock bei Münster.
Mai-Andacht vor einem Marienbildstock bei Münster. | Foto: Michael Bönte

Geerdete Gottesmutter

Das war auch der Impuls für Brigitte Renne, vor vielen Jahren in den von ihr vorbereiteten Maiandachten traditionell der heiligen Maria zuzuwenden. „Mir ging es nicht um die drei Mal Wunderbare, sondern um die Frau und Mutter.“ Sie kann sich gut erinnern, dass sie eine ihrer ersten Andachten in einer alten Tischlerei organisierte. Mit Blick auf die Hobelbank sagte sie zu den Teilnehmern, dass an einem solchen Ort auch Maria gestanden und mit ihrem Sohn dem Vater bei der Arbeit zugeschaut habe. „Damit war die Gottesmutter geerdet.“

Seit vielen Jahren ist sie im Mai mit Gläubigen aus Warendorf und dem Umland unterwegs, um Stationen an Bildstöcken zu machen. Mit dem Fahrrad oder zu Fuß – Ziele sind immer Orte im Grünen. Jene, die das Lebensgefühl des Frühlings aufgreifen. Und genau dort stehen neben Hofkreuzen und Heiligenbildern viele Marien-Bildstöcke.

Heilige Orte

„Heilige Orte“, nennt Suwelack sie. Der 81-Jährige kann die Mai-Andachten kaum noch zählen, die er in den vergangenen Jahrzehnten im Grünen gehalten hat. „Gehen sie mal in einen Marienwallfahrtsort, dann erleben sie, warum den Menschen diese Orte heilig sind.“ Er versucht dieses Gefühl aufzunehmen. Dann nimmt er auch mal Weihrauch mit in die Natur, der sich unter den Blütenduft mischt. „Ein sinnliches Erlebnis.“

Auch die leidende Gottesmutter gehört dazu. Es sind nicht allein Madonnen-Statuen, vor denen die Gläubigen Station machen. Auch die Piéta, die um ihren Sohn Jesus trauernde Mutter, ist ein häufiges Bildnis. Das passt für Suwelack durchaus in die lebensfrohe Atmo-sphäre des Frühlings. „Wenn wir Christen das Leben feiern, dann gehört der Gedanke an den Sieg Jesu über den Tod dazu.“

Namenswahl: Maria liegt im Trend
Kleine Überraschung bei den beliebtesten Vornamen im Jahr 2016: An erster Stelle liegen Marie und Elias, wie die Gesellschaft für deutsche Sprache mitteilte. Marie verlagerte sich nach sechs Jahren wieder nach vorn. Auf weiteren Plätzen folgen Sophie und Sophia, jeweils auch mit „f“, und bei den Jungen Alexander und Maximilian. Beliebt sind außerdem Maria und als Kurzform auch Mia, sowie Anna und Hannah. Der westfälische Teil des Bistums Münster weicht davon ab, wie die Bischöfliche Pressestelle auf Anfrage mitteilte: Die beliebtesten Taufnamen waren Emma, gefolgt von Mia und Lena, die mit Marie gleichauf liegt. Bei den Jungen steht Felix vorn, gefolgt von Ben, Jonas und Leon. |  mth/KNA

Ein Dreiklang

Brigitte Renne sagt, dass sie sich viel von Pfarrer Suwelack abgeschaut habe, als sie damit begann, für die katholische Frauengemeinschaft in St. Laurentius in Warendorf Mai-Andachten vorzubereiten. „Es war immer ein Dreiklang aus Bewegung im Grünen, Gebet und Gesang.“

Die Texte dafür kommen bei ihr nie aus dem holen Bauch, sagt die 73-jährige pensionierte Religionslehrerin. „Ich fahre vorher immer zum Bildstock, um Impulse zu finden, die zum Ort der Andacht passen.“ Ihre Fragen dabei: Welche Ausstrahlung hat die Darstellung? In welcher Kulisse steht sie? Welche Geschichte hat sie?

Fromm und gesellig

Die letzte Frage bringt sie oft in die Lebens- und Familiengeschichte der Menschen, die den Bildstock aufgestellt haben und ihn pflegen. „Es stecken immer beeindruckende Ereignisse dahinter.“

Die Heimkehr eines Sohnes aus dem Krieg ist wohl der häufigste Grund für das Errichten solcher Heiligenbilder. Aber auch Geburten und Jubiläen waren Anlässe. „Alles wieder mitten aus dem Leben, geerdet, nachvollziehbar“.

Beten und tratschen

Es gibt auch Hofbesitzer, die anfragen, ob ihre Bildstöcke Orte von Andachten sein können. „Aus Frömmigkeit, aber auch aus Geselligkeit“, sagt Renne. „Denn es gibt keine bessere Nachbarschaftspflege als eine Mai-Andacht.“ Essen und Trinken im Anschluss sind fester Bestandteil des Programms. Dabei bleibt man weiter am „heiligen Ort“, rund um den Bildstock. „Es wird aber nicht mehr gebetet, sondern getratscht.“

„Das ist Glauben in seiner ganzen Fülle“, sagt Walter Suwelack. Ihm sind diese Orte deshalb so ans Herz gewachsen. Im Warendorfer Raum hat er sie kartografiert, Bücher geschrieben, Internetseiten erstellt. Mit einer Arbeitsgruppe bemüht er sich seit vielen Jahren um den Erhalt und die Restaurierung der Kunstwerke. Auch, um im Mai wieder aufbrechen zu können: „In die Natur und zu Maria.“

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