Seit 20 Jahren beliefert Kurt Kreuzer aus Ahaus Pfarrgemeinden und Klöster

Der Messwein-Geschmack im Bistum Münster hat sich geändert

Die Nachfrage nach Messwein hat sich geändert. Mehr Weiß- als Rotwein, mehr halbtrocken als süß. Das liegt nur zum Teil an der neuen Messweinverordnungen von 2014, sagt Weinhändler Kurt Kreuzer aus Ahaus.

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Als der Uhrenbedarf sank, kam der Messwein. Zumindest für Kurt Kreuzer. Bis vor 20 Jahren hatte er einen Handel für Armbanduhren in Münster. „Qualitativ hochwertige Stücke mit Kunden in ganz Westdeutschland.“ Die Nachfrage aber wurde um die Jahrtausendwende weniger, der damals 60-Jährige musste sich neu orientieren. Ein Bekannter suchte damals einen Vertreter für seinen Weingroßhandel in Nordrhein-Westfalen. Es war ein besonderer Wein, mit dem er jetzt die Kunden besuchte. „Messwein – wieder qualitativ hochwertig.“

Sein Aktionsraum blieb ähnlich, seine Zieladressen aber änderten sich. „Es waren fast alles Pfarreien und Klöster.“ 250 etwa, daran erinnert er sich. „Das waren goldene Zeiten für diesen Geschäftsbereich.“ Was seinen Grund hatte. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hatte nur sechs Großhändler zugelassen, um die hohe Qualität des Messweins zu sichern. Der kam vor allem aus dem europäischen Ausland, der Absatzmarkt war aufgeteilt, das Geschäft gesichert.

 

Absolute Reinheit

 

„Akquise brauchte es kaum“, sagt Kreuzer. „Die Pastöre hatten ihre Lieblingsweine und bestellten sie jedes Jahr neu.“ Vor allem schwere Likörweine mit bis zu 15 Prozent Alkoholgehalt. „Rotweine waren beliebt, Weißweine spielten kaum eine Rolle.“ Die Symbolik war entscheidend. Im roten Wein schien sich die Wandlung zum Blut Christi widerzuspiegeln. Am wichtigsten aber war die absolute Reinheit – naturbelassen und ohne Zusatzstoffe, etwa Zucker. „Es sollte möglichst edel sein.“

Mit der neuen Messweinverordnung der Bischöfe im Jahr 2014 änderte sich daran nichts. Aber in der Handelskette: Ein neues Lebensmittelrecht und die steigende Qualität der Weine auch aus Deutschland machte eine Beschränkung auf bestimmte Großhändler überflüssig. „Jetzt konnte jeder Pfarrer seinen Wein aus dem Urlaub mitbringen“, sagt Kreuzer. „Und nicht wenige machen ihre Ferien in bekannten Anbaugebieten wie etwa der Mosel.“

 

Warum Weißwein beliebter wurde

 

Trockener Weißwein wurde immer beliebter. Rotwein weniger, was neben den Geschmäckern einen weiteren Grund hat, sagt Kreuzer: „Die roten Flecken – aus dem Tüchern der Messfeiern waren sie einfach schlecht zu entfernen.“ Für den 80-Jährigen, der heute in Ahaus wohnt, war die neue Verordnung aber weniger ein Problem. Konnte er doch weiterhin das in die Waagschale werfen, was ihn als Händler ohnehin immer ausgemacht hatte: „Die persönliche Begegnung.“

Der Weg zu Pfarrern und Küstern in Nordrhein-Westfalen war und ist seine Herzenssache. Ein Gespräch am Tisch, manchmal ein Spaziergang, in Düsseldorf mit einer Küsterin jedes Mal eine traditionelle Radtour am Rhein entlang von Kirche zu Kirche. „Verköstigungen gibt es eigentlich nicht, die Kunden kennen ihre Weine und bleiben bei ihren Vorlieben.“ Kreuzer kann das gut nachvollziehen. Auch er selbst ist Weinliebhaber und hat seine Favoriten. Er schätzt, dass er seinen Geschmack seiner Mutter zu verdanken hat, die aus dem Rheinland stammt.

 

Weniger Messen, weniger Wein

 

Verändert hat sich die Nachfrage aber trotzdem. Fusionen von Pfarrgemeinden bedeuten weniger Abnehmer, der Rückgang der Kirchgänger bedeutet weniger Messfeiern, was den Lieferumfang reduziert. Derzeit liegt der Kundenstamm von Kreuzer bei etwa 150 Pfarreien in NRW. Hinzu kommen Klöster und nicht wenige Pfarrer im Ruhestand, die sich „ihren“ Wein, mit dem sie Jahrzehnte lang zelebrierten, auch mal ins Seniorenwohnheim liefern lassen.

Der Kontakt zu diesen Menschen ist Kreuzer wichtig. Das ist herauszuhören, wenn er von den Besuchen seiner Kunden zwei Mal im Jahr erzählt. Auch weil er immer wieder viel Menschliches erlebt. Die kleinen Verpackungen für das Kloster Gerleve etwa gehören dazu. „Der Weg von der Pforte bis zur Sakristei ist so lang, dass sich die Benediktiner leichte Pakete wünschen.“ Der Pfarrer, der sich für seine Besuche in Polen das Auto immer bis obenhin voll Wein lädt, ist auch so eine Geschichte. Oder die Großmengen für die Wallfahrtsbasilika in Kevelaer. „Dort lieben sie französischen Likörwein, den sie am liebsten in Fässern bestellen würden, weil sie täglich bis zu zehn heilige Messen feiern.“

 

Kleine Portionen auch für Großkunden

 

Fässer gibt es bei ihm nicht, maximal Ein-Liter-Flaschen. Der Trend geht ohnehin zu kleinen Portionen, sagt Kreuzer. „Die Priester sind heute ja viel unterwegs zu den Messen in den einzelnen Kirchen, wo sie dann nur wenig Wein benötigen.“

Nicht selten trifft Kreuzer auf alte Bekannte aus seiner Zeit als Uhren-Händler. Als er vor vielen Jahren Kontakt zum Dom in Münster knüpfte, traf er auf den damaligen Dompropst Josef Alfers. „Ihm hatte ich ein paar Jahre zuvor eine limitierte Dom-Uhr verkauft.“ Der Ahauser genießt solche Begegnungen, weil er dabei auch die vielen Unterschiede der Menschen im Dienst der Kirche erleben kann.

 

Messwein ist nicht nur Ware

 

Trotz allen Geschäftssinns – sein Wein ist für ihn kein reines Handelsgut geworden. Er hat immer noch genau im Blick, wofür der Rebensaft gebraucht wird. „Wenn ich damals als Messdiener die Wandlung erlebt habe, war das mystisch für mich.“ Ein Gefühl, das er immer noch bei jeder Eucharistiefeier hat. „Es geht dann nicht um eine Likörwein, den man sonst zum Apéritif oder zum Nachtisch genießt – es geht um die Wandlung zum Blut Christi.“

Vielleicht ist das der Grund, warum es nur wenige Weinhändler gibt, die sich dem Messwein verschrieben haben. Neben der intensiven Kontaktpflege gehört religiöses Hintergrundwissen dazu. Und vor allem das Gefühl für die Situation der Eucharistie.

Messweinverordnung – aus dem Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz (23. Juni 2014)
Die Kirche ist seit jeher bestrebt, für die Feier der Eucharistie Brot und Wein in einer Qualität zu verwenden, die der Heiligkeit dieses Sakramentes angemessen ist. Die Grundordnung des Römischen Messbuches hebt hervor: „Der Wein für die Eucharistiefeier muss vom Gewächs des Weinstockes (vgl. Lk 22,18) stammen und naturrein und unvermischt sein, das heißt ohne Beimischung von Fremdstoffen.“ Aus diesem Grund hatten die deutschen Bischöfe im Jahre 1976 vor dem Hintergrund des damaligen Lebensmittelrechts die „Verordnung über den Gebrauch von Wein bei der Eucharistiefeier (Messwein)“ verabschiedet. Da inzwischen das weltliche Recht die Reinheit des Weines strikt normiert und die Beimischung von Fremdstoffen weitestgehend verbietet, ist die besagte kirchliche Verordnung hinfällig und wird hiermit aufgehoben. Einer Approbation einzelner Messweinlieferanten bedarf es daher künftig nicht mehr. Die Priester haben weiterhin gewissenhaft dafür Sorge zu tragen, dass bei der Feier der Eucharistie ein Wein verwendet wird, der mindestens den Anforderungen eines Qualitätsweines genügt und so der Würde des Sakramentes entspricht.

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