Stephan Buttgereit, Geschäftsführer des Bundesverbands, im Interview

„Der SKM steht für spezialisierte Angebote für Männer“

Hilfe für Männer unterscheidet sich oft von der Hilfe für Frauen. Es muss spezialisierte Angebote für sie geben, sagt Stephan Buttgereit, Geschäftsführer des SKM Bundesverbands, der aus dem Sozialdienst Katholischer Männer hervorgegangen ist.

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Am Wochenende trifft sich in der Landvolkshochschule Freckenhorst der SKM Bundesverband, hervorgegangen aus dem Sozialdienst Katholischer Männer. Geschäftsführer Stephan Buttgereit erklärt, warum die Ansprache der Männer eigene Formen haben muss und Angebote spezialisiert werden müssen.

Herr Buttgereit, das „M“ für „Männer“ in Ihrem Verbandsnamen hat mehr als 100 Jahre überlebt. Ist eine solche Differenzierung heute noch notwendig?

Mehr denn je. Wir müssen gerade heute geschlechtersensibel auf die soziale Arbeit schauen.Nicht alles muss durch diese Brille gesehen werden. Aber wir haben gesellschaftlich einen Paradigmenwechsel. Das Beispiel Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Dazu gibt es ganz viele Programme, Projekte und Initiativen, die Frauen befähigen sollen, diesen Rollenwechsel zu vollziehen. Es macht sich aber keiner einen Kopf, dass 50 Prozent der Bevölkerung Männer sind, die ja auch diesen Rollenwechsel vollziehen müssen. Das bringt unterschiedliche Fragen und Probleme mit sich. Es wurde gerade in den 1970er Jahren eine soziale Arbeit aufgebaut, die sehr feminin war, die also sehr weiblich orientierte soziale Beratungsstrukturen aufgebaut hat.

Bei welchen Problemen muss es spezielle Angebote für Männer geben?

Überall dort, wo das Rollenbild des Mannes ein Auslöser für Probleme sein kann. Zum Beispiel sitzen mehr Männer im Gefängnis als Frauen. Nicht weil sie genetisch anfälliger für Straftaten sind, sondern weil sie in unserer Gesellschaft auch eine Rolle einnehmen, die den Weg ins Gefängnis begünstigen kann. Es gibt auch mehr wohnungslose Männer als Frauen. Oder die Quote der erfolgreichen Selbsttötungen ist bei den Männern höher. Wenn man sich damit auseinander setzt, merkt man schnell, dass es Lösungsmöglichkeiten braucht, die speziell auf Männer abgestimmt werden müssen. Es ist dem SKM wichtig zu schauen, wo der Geschlechteraspekt in der Problemlage liegt.

Stephan Buttgereit
Stephan Buttgereit, Geschäftsführer des SKM Bundesverbands. | Foto: pd

Müssen Männer auf eine andere Weise angesprochen werden?

Das gilt für die soziale Arbeit generell. Viele Beratungssituationen sind nicht kompatibel für die Bedürfnisse von Männern. Oft gehen sie gar nicht erst von allein dorthin. Denn für Männer ist Scheitern eigentlich eine Sache, die nicht vorkommen darf. Es wird schnell zur existentiellen Angelegenheit für sie. Sie brauchen trotz gleicher Fragestellungen dann eine andere Ansprache als Frauen. Genau deshalb besinnt sich der SKM in letzter Zeit in seinem sozialpolitischen Engagement und in seinen Angeboten wieder mehr auf die Zielgruppe der Männer.

Will man sich damit gegenüber der Arbeit anderer karitativer Verbände profilieren?

Es geht hier nicht um Konkurrenz, sondern um Ergänzung. Zum Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) pflegen wir zum Beispiel  seit jeher intensive Kontakte. Denn wir wissen, dass jedes Problem einer Frau eine zweite Seite hat: das Problem des Mannes damit. Das gilt andersherum natürlich auch.

Brauchen Männer für ihre Probleme Männer, die ihnen helfen?

Nein, in unserer Geschichte war es schon immer so, dass haupt- und ehrenamtlich mehrheitlich Frauen im SKM aktiv waren. Das ist überhaupt nicht problematisch. Aber es ist auch nicht egal, ob ein Mann berät und hilft oder nicht! Denn das Geschlecht des Beratenden kann zu einer zusätzlichen Hürde werden. Es gibt Beratungsthemen, da spielt das eine untergeordnete Rolle, weil die Situationen und Lösungswege sich nicht groß unterscheiden – etwa in der Schuldnerberatung. Geht es aber zum Beispiel um Paarprobleme oder berufliche Fragen, wird die Geschlechterrolle relevanter und braucht manchmal einen Mann als Spezialisten für die Hilfe. Wir werben deshalb dafür, dass bei uns in allen Bereichen auch Männer als kompetente Ansprechpartner vorhanden sind.

Die Geschichte des SKM
1912 wurde der Katholische Männer-Fürsorge-Verein gegründet. Das Ziel: „Betreuung gefährdeter und verwahrloster Jünglinge und Knaben.“ Ab 1962 nannte sich der Verband  Sozialdienst Katholischer Männer (SKM), um auch im Namen die veränderte Zielgruppe deutlich zu machen. 1980 öffnete sich der Verband für Frauen als Mitglieder. Die Namensgebung rückte wieder in den Fokus. Er wurde in „SKM – Katholischer Verband für soziale Dienste in Deutschland“ geändert. Seit 2017 heißt er „SKM Bundesverband“. Er sieht seinen Auftrag in der „geschlechtergerechten Arbeit“ innerhalb des Caritasverbands. 6500 ehrenamtlich tätige Frauen und Männer und 1700 hauptamtliche Mitarbeiter in 125 Ortsvereinen sind bundesweit aktiv. Die Bundesgeschäftsstelle ist in Düsseldorf. Im Bistum Münster gibt es Vereine in Bocholt, Moers, Warendorf und Münster. Etwa 60 haupt- und 200 ehrenamtliche Kräfte engagieren sich dort.

Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Menschen mit Suizidgedanken können sich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist unter den Rufnummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 sowie 116 123 täglich rund um die Uhr erreichbar. Sie berät kostenfrei und anonym. Der Anruf findet sich weder auf der Telefonrechnung noch in der Übersicht der Telefonverbindungen wieder. Es gibt auch eine E-Mail-Beratung. Der Mailverkehr läuft über die Internetseite der Telefonseelsorge und ist daher nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden. Hier geht es zur Telefonseelsorge.

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