Archäologe Carlo Carletti in Vatikanzeitung:

Diakonin war Bezeichnung für Frau eines Diakons

War „Diakonin“ nur die Bezeichnung für die Frau eines Diakons oder gab es auch Diakoninnen in der frühen Kirchen-Hierarchie? Beides ist richtig, sagt Archäologe Carlo Carletti in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“.

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Das Amt der Diakonin war in der frühen Kirche im Osten offenbar wesentlich stärker verbreitet als in Rom. Von rund 30 bekannten antiken Inschriften, die auf Diakoninnen verwiesen, stammten nur eine aus Rom und zwei aus Italien, jedoch 25 aus der heutigen Südtürkei, schreibt der Archäologe und Epigrafik-Experte Carlo Carletti in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ am Donnerstag (29.09.2016).

Den Befund gelte es bei der historischen Frage nach Dienstämtern von Frauen in der Kirche zu berücksichtigen. In diesem Punkt gebe es „keine Hierarchie der Quellen“, so Carletti unter Bezug auf die spärlichen Hinweise auf Diakoninnen in der Bibel.

 

„Völlige Unkenntnis weiblicher Dienstämter“

 

Als Grund für die stärkere Bezeugung von Diakoninnen im Osten vermutet der Wissenschaftler ein Nachwirken des Apostels Paulus, der in diesem Raum missioniert hatte. An dessen Verkündigung habe „eine beträchtliche Zahl von Frauen aktiv mitgewirkt“, so Carletti. Paulus erwähnt in seinem Brief an die Römer auch eine Frau namens Phöbe mit dem Titel Diakonin (Römer 16,1).

Begünstigend für Diakoninnen innerhalb der Kirche Kleinasiens könnte laut Carletti auch die räumliche Nachbarschaft zu Kulten wie der sogenannten Montanisten oder Enkratiten gewesen sein, in denen Frauen kultische Funktionen ausübten. In der westlichen Kirche entwickle sich hingegen eine „fast völlige Unkenntnis weiblicher Dienstämter“. So rühre die inschriftliche Bezeichnung „Diakonin“ in der Hälfte der wenigen bekannten Beispiele im Westen nicht von der Funktion der betreffenden Frau her, sondern vom Beruf ihres Ehemanns oder Bruders.

 

In Südtürkei Diakonin in Kirchen-Hierarchie

 

Laut Carletti konzentrieren sich die Inschriftenzeugnisse für Diakoninnen auf die Landschaften Lykaonien, Phrygien und Pisidien in der heutigen Südtürkei. Größtenteils handle es sich um Grabinschriften vom Ende des 3. bis Anfang des 6. Jahrhunderts. Zumindest in Pisidien finde sich ein Hinweis, dass eine Diakonin namens Nyna Mitglied der kirchlichen Hierarchie gewesen sei, heißt es im Gastbeitrag der Vatikanzeitung.

In der katholischen Kirche ist das Diakonen-Amt nach geltendem Recht Männern vorbehalten. Faktisch wird die Diakonweihe oft als Vorstufe zur Priesterweihe gespendet. Papst Franziskus setzte im August eine wissenschaftliche Kommission ein, die die Rolle der Diakoninnen in der frühen Kirche untersuchen soll.

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