Gebäude in Herongen am Niederrhein wird Ort der Begegnung und Kultur

Die alte Dorfkirche für einen Euro gekauft

  • Ein noch zu gründender Förderverein erwirbt die so genannte „alte Kirche“ im niederrheinischen Herongen.
  • Der symbolische Kaufpreis beträgt einen Euro.
  • Der denkmalgeschützte Sakralbau soll zu einem Ort der Begegnung werden.

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Die „alte St.-Amandus-Kirche“ im deutsch-niederländischen Grenzort Herongen im Kreis Kleve wird zu einem Ort der Begegnung und der Kultur. Ein Förderverein erwirbt das Kirchengebäude samt Grundstück.

Dass die Kirche, deren Bau im 14. Jahrhundert begann und im 16. Jahrhundert abgeschlossen wurde, nicht geschlossen wird und verfällt, verdankt die Pfarrei St. Marien in Wachtendonk-Wankum-Herongen zwei Männern. Sie haben zur Gründung eines Fördervereins aufgerufen, um das Gebäude zu retten.

„Die Kirche gehört zum Dorf“

Die Heronger Norbert Holzweiler und Peter Heykamps wollten die Schließung nicht hinnehmen. „Die alte Kirche gehört zum Dorf. Wir lassen sie im Dorf, bevor sie anderweitig an Investoren veräußert wird, die mit dem ursprünglichen Sinn des Gebäudes nichts am Hut haben“, sagt Holzweiler.

Für Heykamps ist die Kirche Heimat: „Wir schaffen einen Ort der Begegnung für alle Heronger. Es ist ein Zeichen der Heimatverbundenheit. Ein auswärtiger Investor ist keine Alternative.“

Zwei Gotteshäuser an einer Straße

Die Anfänge des Kirchbaus der „alten“ St.-Amandus-Kirche liegen im 14. Jahrhundert. | Foto: Johannes Bernard
Die „alte“ St.-Amandus-Kirche. | Foto: Johannes Bernard

Heykamps (61) und Holzweiler (62) sind sehr aktiv geworden, als die Pfarrei bekanntgab, nicht beide Kirchen in Herongen unterhalten zu können. Im 2.800 Einwohner zählenden Ort stehen nur hundert Meter voneinander entfernt die „alte“ und die „neue“ St.-Amandus-Kirche. Letztere entstand 1904, weil der alte Kirchbau im wachsenden Ort zu klein geworden war.

Holzweiler und Heykamps haben viel Zeit investiert und zahllose Gespräche geführt, bis die Kaufverhandlungen unter Dach und Fach waren. Der Förderverein, der nun zeitig gegründet wird, wird als Käufer genannt. Im Verein werden nach derzeitigem Stand 36 Heronger mitmachen.

Förderverein hat viele Mitstreiter

In der Sakristei hinter der offenen Tür wird der Förderverein eine Küche einbauen. | Foto: Johannes Bernard
In der Sakristei hinter der offenen Tür wird der Förderverein eine Küche einbauen. | Foto: Johannes Bernard

„Die Zustimmung zu unserem Projekt ist im Dorf da. Wir rechnen mit weiteren Mitmachenden und einigen Sponsoren“, sagt Heykamps. Dass das Gebäude gerettet werde, erfülle ihn mit großer Freude: „Mein Vater war in der Kirche sehr engagiert und hatte die letzte Renovierung vor 40 Jahren maßgeblich begleitet.“

Holzweiler sieht das Gebäude als Zeichen des Glaubens, das zu bewahren ist: „Jeder Vorbeikommende sieht: Hier steht ein historisches Gebäude, das vielen Menschen über Generationen hinweg etwas bedeutet hat. Sie haben dort gebetet, und sie haben zu allen Zeiten für das Gebäude Geld gegeben.“

Vorgaben der Bistumsleitung

Wenn der Kaufvertrag unterzeichnet ist, hat die Pfarrei Spielraum, die „neue“ Kirche zu renovieren. Die Kosten dafür werden mit 800.000 Euro beziffert. Das Bistum Münster hatte diesen Betrag in Aussicht gestellt, wenn für die „alte“ Kirche eine Lösung gefunden wird. Was bedeutet, dass sie das Bistum nichts mehr kosten darf. Die Pfarrei war also gezwungen, die „alte Kirche“ abzustoßen.

„Über eine solche Vorgabe kann man sich auch ärgern“, meint Holzweiler. Eigentlich sei es Aufgabe des Bistums, seine Kirchengebäude zu hegen und zu pflegen.

Einstimmiger Beschluss im Kirchenvorstand

Eine Straße trennt die beiden Kirchen in Herongen. | Foto: Johannes Bernard
Eine Straße trennt die beiden Kirchen in Herongen. | Foto: Johannes Bernard

Im Kirchenvorstand bestand Einmütigkeit, einer örtlichen Gemeinschaft den Vorrang zu geben vor auswärtigen Investoren. „Der Kirchenvorstand hat einstimmig den Beschluss gefasst, das Gebäude an den Förderverein zu verkaufen. Darüber sind wir sehr glücklich“, sagt Holzweiler. Denn bei allen Überlegungen, wie es mit dem Gebäude weitergehen könne, werde die Pfarrei eingebunden.

Bei den Kaufverhandlungen ist die Pfarrei dem Förderverein entgegengekommen. Sie wird ihn in den nächsten zehn Jahren jedes Jahr mit 5.000 Euro unterstützen. Eine Bedingung gibt es allerdings: Auch die Kommune Straelen soll dem Förderverein mit einem ähnlichen Betrag unter die Arme greifen. Der Stadtrat ist informiert.

Stadtrat stimmt über Zuschuss ab

„Mit dem Bürgermeister und allen politischen Fraktionen stehen wir im guten Austausch. Die ersten Signale, dass uns die Politik unterstützen wird, sind positiv“, sagt Holzweiler.

Er rechnet mit jährlichen Unterhaltskosten von rund 18.000 Euro. Regelmäßige Kosten sind Strom, Gas, Grundsteuer und Versicherungen.

Küche in der alten Sakristei

Die „neue“ St.-Amandus-Kirche in Herongen kann nach dem Verkauf der „alten“ Kirche renoviert werden. | Foto: Johannes Bernard
Die „neue“ St.-Amandus-Kirche kann nach dem Verkauf der „alten“ Kirche renoviert werden. | Foto: Johannes Bernard

Wenn der notarielle Kaufvertrag unterzeichnet ist, würden Verschönerungsarbeiten durchgeführt. Dazu gehöre ein neuer Anstrich. In der Sakristei werde eine Küche eingebaut, eine WC-Anlage sei zwingend nötig. „Sicher ist: Chorraum und Altar bleiben erhalten“, sagt Holzweiler.

Der Raum mit Orgelbühne, in dem bis zu 80 Personen Platz finden können, soll alle Herongern offenstehen. Konzerte, Lesungen, kleinere Feiern, Begegnungen, Ausstellungen und Kaffeerunden sollen das Gebäude mit Leben füllen. Für die Dorfgemeinschaft sei es wichtig, so Holzweiler, einen Treffpunkt zu haben. Die letzten beiden Gasthäuser im Ortskern schlossen vor einiger Zeit.

Offen für sakrale Angebote

Ob sakrale Angebote und Gottesdienste möglich seien, wolle man mit der Pfarrei besprechen: „Das Gebäude steht auch in Zukunft für den christlichen Glauben – ohne Zweifel. Zunächst ist es ein Gemeinschaftsprojekt, für das wir viele Heronger gewinnen möchten“, sagt Holzweiler.

Einen Wunsch hätte er noch: „Wir würden gern einen Termin bei Bischof Felix Genn bekommen, um ihm unseren Förderverein vorzustellen und unsere Beweggründe zu sagen, warum wir dieses Kirchengebäude retten wollen.“

Die „alte“ St.-Amandus-Kirche in Herongen
Im 14. Jahrhundert wurde mit dem Bau einer Kirche im gotischen Stil in Herongen begonnen. Der Turm wurde 1552 fertiggestellt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Kirche im wachsenden Ort zu klein, da nur 75 Gottesdienstbesucher Platz fanden. Sie blieb Pfarrkirche, bis auf der anderen Straßenseite 1904 die „neue“ St.-Amandus-Kirche geweiht wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche zu einem Jugendheim umgebaut. Ein Kamin erlaubte auch die Nutzung im Winter. In den 1980er Jahren gab es die letzte Kirchenrenovierung. Bis heute werden in der Kirche Eucharistiefeiern, Andachten und Schulgottesdienste gefeiert.

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