Bistum Münster mit neuem Konzept „Fachqualifikation Krankhauspastoral“

Die Anforderungen für Krankenhausseelsorger sind gestiegen

Das Bistum Münster hat das Konzept der „Fachqualifikation Krankhauspastoral“ umgestaltet. Neue Anforderungen in den Krankenhäusern machen das notwendig.

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Das Zentrum der Krankenhausseelsorge ist das Krankenbett. Das ist es schon seit einigen hundert Jahren. Dort, wo Menschen in schweren Stunden begleitet werden wollen, wo Angehörige mit ihren Ängsten und Sogen kämpfen oder wo die schweren letzten Stunden im Leben eines Menschen gestaltet werden müssen. Dort ist der Platz, an dem der Seelsorger im Krankenhaus als erstes gefragt ist.

Leo Jan Wittenbecher
Leo Jan Wittenbecher ist für die Ausbildung zuständig. | Foto: Michael Bönte

Es ist aber längst nicht mehr der einzige Ort. Die Krankenhauslandschaft hat sich in den vergangen Jahren stark verändert. Es gibt neue Trägermodelle. Ökonomische Fragen sind in den Mittelpunkt gerückt. Die Medizin hat sich weiter spezialisiert und hochtechnisiert. Neue Krankheiten und Behandlungsmethoden haben medizinisch und menschlich neue Wirklichkeiten geschaffen. „Es ist keine Frage, dass sich auch die Krankenhausseelsorge spezialisieren muss“, sagt Pfarrer Leo Jan Wittenbecher. Er ist im Bistum Münster verantwortlich für diesen Seelsorge-Bereich. „In einem professionellen Umfeld braucht es auch Profis in der Seelsorge.“

 

Erstmaliger Kurs

 

Die Weiterbildung von Seelsorgern im Bistum Münster, die sich für die Tätigkeit im Krankenhaus qualifizieren lassen, ist deshalb noch einmal angepasst worden. Seit Dezember 2016 durchlaufen 14 Teilnehmer erstmalig einen zweijährigen Kurs mit insgesamt 600 Unterrichtsstunden.

Neue Ausbildung
Im Bistum Münster gibt es etwa 150 katholische Seelsorger in Krankenhäusern. Allein acht von ihnen arbeiten am münsterschen Universitäts-Klinikum. Für alle, die in diesem Bereich tätig werden wollen oder bereits tätig sind, bietet das Bistum jetzt eine erweiterte Fachqualifikation an. Dabei handelt es sich um ein zwei Jahre dauerndes Seminar mit insgesamt 600 Unterrichtsstunden.  Inhalte sind neben theologischen und  pastoralen Grundlagen auch Fakten zu  bestimmte. Krankheitsbildern, medizinische Möglichkeiten und ethische Fragestellungen. Zu den theoretischen Einheiten kommen Praxistage und Workshops. So besuchen die Teilnehmer unter anderem ein Hospiz, ein Tranplantationszentrum und eine Kinderintensivstation.

Zu dem pastoralpsychologischen Schwerpunkt, der zuvor den Großteil der Weiterbildung ausmachte, sind vor allem zwei neue Bereiche hinzugekommen: der Blick auf die Situation der Mitarbeiter und das Mitwirken an ethischen Grundlagen in den Krankenhäusern. Gerade dabei haben die Träger signalisiert, dass sie auf die Mitarbeit der Seelsorge viel Wert legen.

„Das sind Arbeitsbereiche, die sich erst in den vergangenen Jahren zu Schwerpunkten in der Krankenhausseelsorge entwickelt haben“, sagt Wittenbecher. Das System fordere dabei eine Professionalisierung, um „ernst genommen zu werden“. Und das sei in erster Linie die Aufgabe der hauptamtlichen Seelsorger.

 

Ehrenamt ist wichtig

 

Allein Pastoralreferenten, Diakone und Priester hätten die Chance, sich auf der Basis ihrer seelsorglichen Grundausbildung für diese Aufgaben zu qualifizieren. Ein Absage an die vielen ehrenamtlichen Krankenhaus-Seelsorger sei das nicht, sagt er: „Ihre großartige Arbeit am Krankenbett ist enorm wichtig.“ Dafür würden auch sie intensiv geschult. Die neuen, weiterführenden Aufgaben sieht er aber nicht in ihrer Verantwortung. „Das dürfen wir nicht auf sie abwälzen.“

Wittenbecher zählt dazu auch besondere Seelsorge-Situationen direkt am Krankenbett. Vieles könne da aus einem guten Bauchgefühl richtig gemacht werden. „Aber auch vieles falsch.“ Gerade moderne medizinische Möglichkeiten brächten ungewohnte Vorgaben mit. „Ein Wachkoma-Patient war vor einigen Jahren noch die Ausnahme.“ Fragen zu lebenserhaltenden Maßnahmen oder zu Patientenverfügungen zählt er ebenfalls dazu. „Da braucht es neben ethischen Antworten auch  rechtliche und medizinische Kenntnissen.“

 

Basis ist die Nächstenliebe

 

Die spirituelle Basis des Krankenhausseelsorgers ist die gleiche geblieben. Er handelt weiter aus christlicher Nächstenliebe. Damit betritt er aber mit dem Krankenhaus ein System, das noch viele weitere Qualifikationen einfordert. Nur mit ihnen kann er den richtigen Weg sowohl ans Krankenbett, als auch zu den Mitarbeitern oder in die Gremien und Arbeitskreise finden, in denen er gefragt ist. Wittenbecher findet ein Bild dafür: „Ein Arzt kann ja auch nicht allein mit seinem Charisma und einigen Grundkenntnissen einen Blinddarm operieren – er braucht dafür viel spezifische Informationen und Fertigkeiten.“

Die Intensität der Ausbildung ist für ihn auch deshalb gerechtfertig, weil „die Kranken-hausseelsorge mit ihrer großen Kontaktfläche zu den Menschen eine eine riesige Chance ist“. Fernab von Religion, Konfession oder Weltanschauung könnten Patienten, Angehörigen und Mitarbeitern „das Reich Gottes erfahren.“ Das sei ein Ausstrahlung und geschehe nicht aus missionarischen Interesse, sagt Wittenbecher. „Krankenhausseelsorger sind nicht dafür da, damit Patienten beim nächsten Pfarrfest die Würstchen grillen.“

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