Aktionen machen auf Armut aufmerksam

Die erste „Woche der Armut“ für Bocholt

Am 18. Februar startet in Bocholt die „Woche der Armut“. Ein Arbeitskreis aus sozialen und kirchlichen Institutionen und Verbänden macht damit auf ein Thema aufmerksam, das auf lokaler Ebene oft verdrängt wird.

 

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Auf Armut aufmerksam machen: Das soll die zum ersten Mal in Bocholt vorbereitete „Woche der Armut“. Gestartet wird sie von einem Arbeitskreis aus kirchlichen und städtischen Einrichtungen.

„Das Projekt hat zwei Ziele: Zuerst wollen wir Armut erstmal definieren. Zum Zweiten sollen insbesondere wohlhabende Menschen aus Bocholt damit konfrontiert werden, wie andere Mitbürger leben müssen“, erklärte Ulrik Störzer von der Familienbildungsstätte.

 

Armut aus verschiedenen Blickwinkeln

 

Vor einem Jahr hatten er und Pastoralreferent Klaus Mees die Idee, eine Aktion zum Thema Armut zu starten. „Wir haben schnell gemerkt, dass es ein interessantes Thema ist, und fanden immer mehr Kooperationspartner“, sagt Störzer.

Geboten wird eine „gelungene Mischung aus verschiedenen Themen und Blickwinkeln“: Die „Woche der Armut“ beginnt am Sonntag, 18. Februar, mit einem Einkehrtag. Dort soll die christliche Sichtweise auf Armut Thema sein. Kapuzinerpater Thomas Dienberg wird dazu einen Vortrag halten, Prälat Peter Kossen eine Predigt.

 

Geschobener Kaffee

 

Weitere Themen in der Aktionswoche sind unter anderem das Thema Scham, vorgestellt mit einer Ausstellung und einem Vortrag, und eine Kabarett-Darbietung mit Fatih Cevikkollu. Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge wird bei seinem Vortrag „Armut in einem reichen Land“ die politische Dimension der Armut beleuchten.

Mit einem Benefizkonzert der Coverband „Winkelrocker“, einer Coverband aus Bocholt, in der Familienbildungsstätte schließt die Woche ab. Während der Aktionswoche läuft zudem in einigen Bocholter Cafés das Projekt des „geschobenen Kaffees“. Kunden, die es sich leisten können, zahlen zwei Kaffees, trinken aber nur einen. Sie „schieben“ den bezahlten Kaffee an jemanden, der sich ihn nicht leisten kann. „Damit wollen wir noch einmal im Alltag auf das Thema Armut sensibel machen“, berichtet Fatma Boland von der Volkshochschule Bocholt.

 

Scham bei Armut

 

Mit der Armutssituation in Bocholt vertraut ist Johannes Janßen-Kappenberg. Er leitet die örtliche Gemeindecaritas, die unter anderem das Sozialbüro „Offenes Ohr“ anbietet. „Es sind vor allem Schicksalsschläge, wie zum Beispiel Trennungen, Unfälle oder Arbeitslosigkeit, die die Betroffenen in die Armut stürzen“, sagt Janßen-Kappenberg.

Ihre Armut würden sie aus Scham jedoch versuchen zu vertuschen: „Oft tragen diese Menschen Statussymbole wie Markenkleidung oder die neuesten Smartphones. Dadurch sieht man ihnen ihre Armut gar nicht an.“

 

Immer mehr junge Menschen psychisch krank

 

Dass diese Menschen sich schämen, sieht Janßen-Kappenberg vor allem darin begründet, dass die Gesellschaft sie verurteilt: „Da wird immer geguckt, ob der Mensch verschuldet oder unverschuldet in diese prekäre Lage gekommen ist. Man urteilt über ihn, ohne seine Lebenssituation zu kennen. Sieht man das jetzt aus christlicher Perspektive, hat man jedoch kein Recht, über andere die Schuld zu erheben.“

Er selbst beobachtet in Bocholt, dass es immer mehr psychisch kranke Menschen gibt und diese immer jünger werden, was er vor allem in der heutigen Schnelllebigkeit und dem steigenden Druck begründet sieht.

Wünschen würde Janßen-Kappenberg sich, dass die Menschen versuchen zu verstehen, warum die Betroffenen in eine solche Lage geraten sind und dass sie mit diesen Menschen sprechen. „Der Mensch am Rand ist unsere Mitte.“

Das Programm der Armuts-Woche
• Sonntag, 18. Februar, von 14 bis 19 Uhr: „Armut – Skandal oder Tugend? Wozu uns das Evangelium herausfordert.“ Einkehrtag im Pfarrheim St. Josef Bocholt mit Kapuzinerpater Professor Thomas Dienberg, 15 Uhr: „Suche Gerechtigkeit“, Fastenpredigt in St. Gudula in Rhede mit Prälat Peter Kossen, 17 Uhr: Fastenpredigt von Prälat Kossen zum gleichen Thema in St. Georg Bocholt;
• Montag, 19. Februar, 19.30 Uhr: „Die Würde des Menschen ist verletzlich“, Vortrag von Stephan Marks im Medienzentrum (alter Bahnhof) an der Hindenburgstraße in Bocholt, freier Eintritt; ab 15 Uhr beginnt die Ausstellung „Der Schlüssel zur Welt“ des alpha-Netzwerkes Nordrhein-Westfalen im Medienzentrum;
• Donnerstag, 22. Februar, um 19 Uhr: „Armut in einem reichen Land“, Vortrag von Professor Christoph Butterwegge im Medienzentrum (alter Bahnhof);
• Freitag,  23. Februar, 19 Uhr: Benefizkonzert des SKM mit den Winkelrockern in der Familienbildungsstätte Bocholt am Ostwall.

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