Gast-Kommentar von Weihbischof Hegge zur Corona-Krise

Die Ignoranz der Impfgegner ist skandalös

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Die Corona-Pandemie ist längst nicht vorbei. Doch noch immer sind viele Menschen in Deutschland ungeimpft. Weihbischof Christoph Hegge hat zu dem Thema eine klare Haltung und erklärt sie in seinem Gast-Kommentar.

Ein Band soll halten, zusammenhalten – je stabiler es ist, umso verlässlicher und sicherer ist auch der Halt. Gleich auf mehreren Ebenen drohen Bänder des gesellschaftlichen Zusammenhalts spröde zu werden und zu reißen.

Während vor der Corona-Pandemie die Staatskasse sprudelte und das politische Szenario weitgehend von den Themen Klimawandel, Klimaziele und Klimademos bestimmt war, drohte die soziale Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Wohlhabenden und Abstiegsgefährdeten sich immer weiter zu öffnen. Die Corona-Krise hat diese Situation dramatisch verschärft, weil gerade Kleinselbstständige, Geringverdiener, Menschen ohne Kündigungsschutz trotz aller gut gemeinten staatlichen Hilfsangebote in eine soziale Notlage geraten sind.

 

Überlastung des Gesundheitssystems beginnt

 

Der Autor
Christoph Hegge, geb. 1962, ist seit 2010 Weihbischof im Bistum Müns­ter und zuständig für die Region Borken-Steinfurt. Er ist Mitglied der Kommission Wissenschaft und Kultur der Deutschen Bischofskonferenz sowie als promovierter Kirchenrechtler des höchsten kirchlichen Gerichts, der Apostolischen Signatur in Rom.

Wir sind nicht am Ende der Pandemie, auch wenn über Dreiviertel der Bevölkerung geimpft ist. Wie aber soll es wirklich zu einem Ende der pandemisch-restriktiven Schutzmaßnahmen in unserer Gesellschaft kommen, wenn inzwischen eine Minderheit von Impfverweigerern – ausgenommen jene, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können – der überwältigenden Mehrheit unserer Gesellschaft Restriktionen des gesellschaftlichen Lebens aufzwingt?

Dass diese Minderheit sich weigert, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Überlastung unseres Gesundheitssystems aufgrund ungeimpfter schwer­kranker Menschen bereits beginnt, dass zahllose Beschäftigte in unseren Krankenhäusern über Gebühr belas­tet werden, dass gerade Kinder und Jugendliche mit Einschränkungen im Lebens­alltag weiterhin leben müssen, halte ich für skandalös.

Nein, die Freiheit dieser Minderheit endet dort, wo sie die Freiheit anderer Mitbürgerinnen und Mitbürger massiv einschränkt und bedroht. Es ist ein Gebot und Grundlage des sozialen Zusammenhalts unserer Gesellschaft, der medizinischen Wissenschaft und der demokratisch legitimierten Politik zu vertrauen, ja, es ist ein ethisches Gebot der Achtung des Mitmenschen und seiner Rechte, sich impfen zu lassen.

 

Sozialer Frieden steht auf der Kippe

 

Jahrzehnte gab es in der Bundesrepublik sozialen Frieden. Dieser steht derzeit aber auf der Kippe. Wenn Winston Churchill sagte, „Verschwende niemals eine gute Krise“, dann meint das heute auch, mit Blick auf die Stärkung des Sozialwesens einander zuhören, die Nöte der Mitmenschen teilen, Bereitschaft zum Verzicht um der Stärkung und des Erhalts einer sozial gerechteren und freiheitlich demokratischen Gesellschaft Willen.

Die Positionen der Gastkommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.

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