Eine Serie von Pfarrer Stefan Jürgens

Die kleine Gebetsschule (13): Eine Ordnung, die trägt

Wegen der Corona-Krise gibt es derzeit keine öffentlichen Gottesdienste. Pfarrer Stefan Jürgens aus Ahaus lädt deshalb zu einer kleinen Gebetsschule für zu Hause ein. Jeden Morgen ab 7.30 Uhr. Heute mit Teil 13.

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Wegen der Corona-Krise gibt es derzeit keine öffentlichen Gottesdienste. Pfarrer Stefan Jürgens aus Ahaus lädt deshalb zu einer kleinen Gebetsschule für zu Hause ein. Die Impulse bauen aufeinander auf. „Das persönliche Gebet ist mir ein Herzensanliegen“, sagt Jürgens. Viele hätten jetzt Zeit dafür. Jeden Morgen ab 7.30 Uhr gibt es an dieser Stelle eine neue Folge seiner "kleinen Gebetsschule".

Viele Menschen haben aufgehört zu beten. Und das, obwohl sie an Gott glauben. Vielleicht überfordern sie sich und ihr Gebet. Sie denken, ihr Gebet müsse etwas „bringen“; es müsse etwas dabei herauskommen. Das Gebet jedoch ist zweckfrei, aber sinnvoll; es hat seinen Wert in sich. Als Beispiel nenne ich gerne die Salbung in Betanien:

Als Jesus in Betanien im Haus Simons des Aussätzigen bei Tisch war, kam eine Frau mit einem Alabastergefäß voll kostbarem, wohlriechendem Öl zu ihm und goss es über sein Haar. Die Jünger wurden unwillig, als sie das sahen, und sagten: Wozu diese Verschwendung? Man hätte das Öl teuer verkaufen und das Geld den Armen geben können. Jesus bemerkte ihren Unwillen und sagte zu ihnen: Warum lasst ihr die Frau nicht in Ruhe? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer. Als sie das Öl über mich goss, hat sie meinen Leib für das Begräbnis gesalbt. Amen, ich sage euch: Überall auf der Welt, wo dieses Evangelium verkündet wird, wird man sich an sie erinnern und erzählen, was sie getan hat (Mt 26,6-13).

Glauben und Gebet haben mit Beziehung zu tun – und sind damit zweckfrei und sinnvoll. „Sie hat ein gutes Werk an mir getan“, lesen wir in der Bibel. Wörtlich übersetzt heißt es: „Sie hat ein schönes Werk – ergón kalón – an mir getan“, und das ist etwas ganz anderes. Die Frau, die Jesus salbt, verfolgt damit keinen Zweck, sondern einen Sinn; keinen Nutzen, sondern Schönheit. Solch ein „schönes Werk“ ist auch das Gebet.

Christen beten deshalb nicht, weil es effizient ist oder weil sie damit Glück und Segen „produzieren“ können. Dann käme es ja beim Beten auf Leistung an. Beten mit himmlischer Dividende ist ein ganz schlimmer Aberglaube. Christen beten, weil sie darin ihre Beziehung zu Gott zum Ausdruck bringen, ohne genau zu wissen, was es bei Gott bewirken mag. Es geht ihnen nicht um Produktion, Zweck und Nützlichkeit, sondern um Liebe, Schönheit und Beziehung.

Wenn sich eine Familie zum Abendessen trifft, so gibt sie sich dafür auch keine Tagesordnung; es muss nichts dabei herauskommen. Nicht die Themen sind wichtig, nicht das Ergebnis, sondern dass man einfach zusammen ist (isst) und Beziehung erlebt. Und gerade Beziehung lebt von Äußerlichkeiten.

Pfarrer Stefan Jürgens (51) ist Pfarrer in Ahaus. Bekannt geworden ist er auch als Buch-Autor, vor allem durch sein jüngstes Buch "Ausgeheuchelt". | Foto: Christof HaverkampPfarrer Stefan Jürgens (51) ist Pfarrer in Ahaus. Bekannt geworden ist er auch als Buch-Autor, vor allem durch sein jüngstes Buch "Ausgeheuchelt". | Foto: Christof Haverkamp

Das wurde mir im Gespräch mit einer Eheberaterin mehr als deutlich; sie sagte mir: „Liebe braucht fortdauernde Pflege. Es gilt etwas für die Liebe zu tun, damit sie lebendig bleibt. Denn von selbst wird eine Beziehung nur eins: schlechter. Liebe braucht Pflege, Liebe braucht die alltägliche Umsetzung in kleine Schritte und sichtbare Zeichen.“ Und dann sprach sie von „fünf Pflegehinweisen für eine gelingende Ehe und Partnerschaft“, die sie jungen Paaren manchmal an die Hand gibt:

Nehmt euch morgens zwei Minuten Zeit zum Austausch über die Frage: Was steht heute bei mir und dir an?

  1. Lasst euch am Abend mindestens 15 Minuten Raum und Zeit, um vom Erleben des Tages zu erzählen.
  2. Konzentriert euch fünf Minuten am Tag darauf, dem anderen etwas Positives zu sagen. Es soll fünfmal mehr Lob als Kritik geben.
  3. Gebt einander mindestens fünf Minuten Körperkontakt.
  4. Nehmt euch innerhalb einer Woche Zeit für ein längeres partnerschaftliches Gespräch über anderthalb bis zwei Stunden.

„Man soll sich dabei nicht überfordern“, meinte die Eheberaterin, „sondern klein anfangen. Mäßig, aber regelmäßig lautet die Devise. Und dann allmählich das Programm erweitern – ‚weil du es mir wert bist’.“

In jeder Beziehung trägt gerade das Äußere. Das konnte ich bei der Eheberaterin lernen. Wenn Glauben und Beten Beziehung bedeuten, dann kann man ihre fünf Pflegehinweise direkt auf das Gebet übertragen:

  1. Ein kurzes Morgengebet – aussprechen, was mich heute erwartet.
  2. Ein längeres Abendgebet – den Tag vor und mit Gott reflektieren.
  3. Gott loben steht im Vordergrund – vor allem Klagen und Bitten.
  4. Glauben braucht kleine und große Zeichen – Symbole und Sakramente.
  5. Der Sonntagsgottesdienst.

Gebet ist Beziehung, und Beziehung lebt von außen nach innen. Dass manche Menschen gerade beim Gebet so sehr auf Innerlichkeit setzen, sich so sehr unter Druck setzen, so sehr auf Ergebnisse aus sind, das ist der Tod einer jeden Gottesbeziehung.

Bis morgen!
Stefan Jürgens

Herzliche Einladung zur Übertragung der Eucharistiefeier aus dem Paulusdom in Münster montags bis samstags um 8 Uhr und aus der Lambertikirche in Münster um 18 Uhr: www.kirche-und-leben.de

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