Fake-Geschichten in der Bibel – und das achte der Zehn Gebote

„Die Menschen lügen alle“

Lügen haben kurze Beine – und mitunter eine lange Nase. Wesen mit solchen Gliedmaßen verbreiten sich scheinbar immer mehr. Nicht nur in der Politik. Ist es da mit einem Hinweis auf die Zehn Gebote getan?

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Lügen haben kurze Beine – und mitunter eine lange Nase. Wesen mit solchen Gliedmaßen verbreiten sich scheinbar immer mehr. Nicht nur in der Politik. Ist es da mit einem Hinweis auf die Zehn Gebote getan?

Ist die Rente in Österreich besser, wie die Linke behauptet? Ist der Soli zu hoch, wie die FDP vorrechnet? Gibt es mehr Extremwetter durch Klimawandel, wie die Grünen warnen? Hat sich Hasskriminalität im Netz verdreifacht, wie die SPD behauptet? Sind unionsgeführte Bundesländer sicherer, wie die CDU für sich reklamiert? Sind von 2015 bis heute 630 000 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig, wie die AfD vorgibt?

Was an solchen plakativen Aussagen dran ist, die vor allem im Wahlkampf aus allen Parteien in den öffentlichen Raum gestellt werden, das überprüft beispielsweise der WDR mit eigens dazu beauftragtem Personal, professioneller Recherche und mitunter peinlichen Resultaten für die Parteienvertreter.

„Wahlwatch“ (also „Wahl-Beobachtung“) nennt sich dieses Projekt, das vor allem im Internet und da besonders in den Sozialen Netzwerken wie Facebook unterwegs ist. Was tatsächlich wahr war, wird auch als wahr bewertet. Aber zwischen Wahr und Falsch gibt es noch „größtenteils wahr“, „halbwahr“ und „größtenteils wahr“. Das ist auch in Ordnung so. Denn nicht alles, das nicht ganz wahr ist, ist deshalb schon ganz falsch.

 

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

 

Trotzdem: Dass es überhaupt einen solchen Fakten-Check geben muss, wirft nicht gerade ein gutes Licht auf die Politik. Wahr ist aber auch: Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik wurde derart lautstark, hasserfüllt und teils aggressiv die Glaubwürdigkeit der so genannten „etablierten“ Politik in Frage gestellt – und die renommierter Medien gleich mit, Stichwort „Lügenpresse“. 

Dass an der Spitze solcher populistischen Meinungsführer einmal Präsidenten wie jene der USA oder der Türkei stehen würden – wer hätte das noch vor zwei, drei Jahren gedacht? Seitdem aber gibt es ein Gespenst, das sich anschickt, dem berühmt-berüchtigten Zeitgeist Konkurrenz zu machen. Doch es ist viel gefährlicher – und es heißt „Fake-News“. Mitunter, in der Sprachregelung des Weißen Hauses in Washington, auch „Alternative Fakten“. Unsäglich!

 

Prominente Lügner in der Bibel

 

Mit einer womöglich politischen Absicht in die Welt gesetzte Fake-News aber können brandgefährlich sein, erst recht wenn sie so Wählerstimmen sammeln sollen. Wenn dann noch so genannte „Bots“ dazu kommen, die im Internet automatisiert Meinungen platzieren und verbreiten – dann ist es umso wichtiger, als Wähler Verantwortung zu übernehmen und sich selbst unvoreingenommen auf die Wahrheitssuche zu machen. Verantwortungsbewusste Medien helfen dabei.

Wahr ist aber auch: Eine der ersten „Fake-Geschichten“ der Welt steht schon im Kapitel 27 des ersten Buchs der Bibel: als Jakob mit einem Tierfell bekleidet so tut, als wäre er sein behaarter Bruder Esau, und sich so den Erstgeburtssegen seines Vaters Isaak erschleicht. Und im Neuen Testament ist es sogar der spätere erste Papst, der feige behauptet, er kenne Jesus nicht.

Wie war das noch: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht? Keine guten Karten für den dreifach-Lügner Petrus, den künftigen Wächter der Wahrheit. Und sogar ein Bischof unserer Zeit hatte offenbar „alternative Fakten“ parat, als es um die Frage ging, ob er Erster Klasse im Flugzeug in ein Armenviertel unterwegs gewesen war.

 

„Du wirst nicht lügen“

 

Machen wir uns nichts vor: „Die Menschen lügen. Alle.“ So übersetzt der Theologe und Poet Arnold Stadler Psalm 116, Vers 11. Und doch heißt es: „Du sollst nicht lügen.“ Genauer gesagt: Wenn du ganzen Herzens an Gott, den Schöpfer, den Barmherzigen glaubst, wirst du nicht lügen. Weil du es nicht nötig hast, als dein eigener Fake durch die Welt zu laufen. Weil du es als Gottesgeschöpf nicht nötig hast, deine Mitmenschen an der langen Nase herumzuführen – und dich letztlich selber zu betrügen. Das „Du sollst“ der Zehn Gebote ist letztlich kein Befehl, sondern eine Konsequenz: So handelt, wer sich von Gott geliebt weiß. Und das ist die Wahrheit.

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch diese Konsequenz: Wir sollten endlich anfangen, „Fake News“ wieder als das zu bezeichnen, was sie sind: Lügen.

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