Gebet in der Hedwigskathedrale – Auch Papst Franziskus nimmt Anteil

Die Trauer nach dem Anschlag von Berlin füllt die Kirchen

Die Trauer am Tag nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt füllt die Kirchen – und auch Seelsorger ringen am Dienstag um das richtige Wort. „Es ist Nacht in Berlin“, sagt Erzbischof Heiner Koch. Der Papst bekundet sein Beileid.

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Die Trauer am Tag nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt füllt die Kirchen – und auch Seelsorger ringen am Dienstag um das richtige Wort. „Es ist Nacht in Berlin“, sagt Erzbischof Heiner Koch. „Ohnmächtig, verzweifelt, wutvoll, so haben viele die Nacht des Terrors erlebt“, fasst er die Gefühle zusammen. Rund 400 Menschen sind in die katholische Hedwigskathedrale gekommen, seiner Einladung zum Gebet gefolgt.

Papst betet für Berliner Opfer
Papst Franziskus betet für die Opfer des Anschlags von Berlin. Er sei tief betroffen von der „schrecklichen Gewalttat“, heißt es in einem Telegramm von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an den Berliner Erzbischof Heiner Koch. „Seine Heiligkeit nimmt Anteil an der Trauer der Hinterbliebenen und bekundet ihnen und allen Betroffenen sein Mitgefühl und seine Nähe in ihrem Schmerz.“ Der Papst verbinde sich „mit allen Menschen guten Willens, die dafür arbeiten, dass der mörderische Wahnsinn des Terrorismus keinen Platz in unserer Welt hat“. Die Bundesregierung und die Ermittlungsbehörden gehen davon aus, dass die Tat ein Terroranschlag war, die Hintergründe sind weiter unklar.

„Hier gibt es nichts zu erklären mit frommen Worten“, räumt der Erzbischof nach ersten Orgelklängen ein. „Wir müssen die Leere aushalten, das Nicht-Verstehen-Können. Das ist vielleicht die größte Hilfe, die wir den Trauernden geben können.“ Weihbischof Matthias Heinrich spricht in einem Klagegebet von den zerbrochenen Liebes- und Lebensgemeinschaften, „den Kindern, die zu Waisen geworden sind, den Alten, die alleine geblieben sind“.

 

„Wir lassen uns nicht teilen, wir bleiben zusammen“

 

„Unerträglich“, empfindet der Erzbischof da, „wie jetzt schon wieder angefangen wird, nach Konsequenzen zu rufen, nach Schuldigen“. Dem hält er entgegen: „Wir lassen uns nicht teilen, wir bleiben zusammen.“ Vorsichtig schlägt er den Bogen zum Weihnachtsfest, zum Stern von Bethlehem, der die Geburt Jesu ankündigte: „Seien auch wir in kommenden Tagen ein Stern für einen anderen Menschen.“

Ein Stern, wie es nach Ansicht des Erzbischofs viele Helfer geworden sind: „Danke“ sagt er den Sanitätern, Polizisten, Feuerwehrleuten, die noch immer im Einsatz sind. So waren an die 20 Notfall-Seelsorger vor Ort, um Beistand anzubieten. „Und wir werden es bleiben, solange unsere Hilfe gebraucht wird“, versichert Diakon Norbert Verse.

 

Fassungslosigkeit in der Gedächtniskirche

 

Als der Erzbischof den Schlusssegen gesprochen hat und die Orgel verklungen ist, erhellen immer mehr Kerzen die Marienfigur in einem Winkel der Kathedrale. Andere gedenken der Opfer in stiller Versunkenheit. Die Berliner Grünen-Politikerin Bettina Jarasch antwortet auf die Frage, warum sie gekommen ist: „Es ist eben eine der wenigen Möglichkeiten, seine Anteilnahme auszudrücken.“ Politiker fühlten sich jetzt aber „genauso hilflos wie alle anderen Bürger“.

Auch in der evangelischen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, gleich neben dem Ort der Tat, dominiert Fassungslosigkeit. Eine Frau, mit Koffer und Rucksack bepackt, schaut mit Tränen in den Augen auf die demolierten Weihnachtsbuden, bei denen Menschen starben oder verletzt wurden. Die Polizei hat das Gelände großräumig abgesperrt, die Kirche selbst ist geöffnet.

 

Lange Schlange vor Kondolenzbüchern

 

Vor dem Eingang liegen ungezählte Blumen und stehen Kerzen. Drinnen hat sich eine lange Menschenschlange gebildet. Dutzende warten geduldig, um sich in eines der Kondolenzbücher einzutragen.

„Die Gedächtniskirche ist das Symbol des Friedens im Westen von Berlin“, sagt Pfarrerin Dorothea Strauß vor 250 Menschen. Das tägliche Mittagsgebet wird zum Gedenkgottesdienst für die Opfer. Unterdessen ist teils schwer bewaffnete Polizei angerückt, geht in und um die Kirche in Stellung. In dem Gotteshaus gedenkt am Abend das politische Berlin der Opfer.

Bereits am Nachmittag kam Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Gedenken an den Ort des Anschlags. Begleitet wurde sie von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und dem Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD). Anschließend trugen die Politiker sich in das Kondolenzbuch in der Kirche ein.

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