Betroffener befürchtet: Auch nach Umbau komme ich nicht allein in den Dom

Die Tücken des barrierefreien Zugangs zum Xantener Dom

Der Xantener Dom soll für Menschen mit Behinderungen leichter zugänglich werden. Ein barrierefreier Gehstreifen zur hinteren Pforte ist geplant. Damit scheinen nicht alle Probleme gelöst. Behindertenvertreter, die Denkmalbehörde und Archäologen reden ein Wort mit.

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Es sind nur drei flache Stufen hoch bis zur Eingangspforte des Xantener Doms und doch für Menschen mit einem Rollator oder im Rollstuhl ohne Hilfe nur schwer oder gar nicht zu bewältigen. Rudolf Schüngel zum Beispiel ist auf seinen Elektro-Scooter angewiesen. Doch den Haupteingang kann er mit seinem Gefährt nicht nutzen.

Einen normalen Rollstuhl wiederum kriegt Ehefrau Helga, wenn überhaupt, nur mit größter Mühe die Stufen hochgezogen. Und der Zugang von der Rückseite her über den Kreuzgang führt über holpriges Kopfsteinpflaster. „Das letzte Mal war Rudi Weihnachten 2016 im Dom“, berichtet sie. 

 

Innen warten weitere Hindernisse

 

Von einem barrierefreien Zugang ins Kirchenschiff ist der Dom derzeit also noch weit entfernt. Aber ab Frühherbst wird ein barrierefreier Gehstreifen um das mittelalterliche Wahrzeichen der Stadt herum zur hinteren Pforte führen. Ein Drittel der Baukosten, maximal 50.000 Euro, trägt die Propsteigemeinde St. Viktor. Das war die Vorbedingung, dass die Stadt hier investiert.

Über den Weg sollen Besucher mit Gehbehinderungen eigenständig in den Dom gelangen können. Theoretisch. In der Praxis komme er auch von dort aus nicht ins Kirchenschiff, sagt Rudolf Schüngel und demonstriert es. Eine Flügeltür ist offen, die zweite aber kann er alleine nicht öffnen. Ein anderer muss sie für ihn entriegeln. Der gläserne Windfang dahinter macht einen geräumigen Eindruck. Und doch ist er für den Scooter zu eng, denn das Fahrzeug müsste eine weitere Tür an der Seite nehmen. Zum Kurven fehle es aber an Platz, sagt Rudolf Schüngel. Die Doppelpforte einige Meter weiter wiederum wäre breit genug, doch dort müssten zwei Stufen bewältigt werden.

 

Woran es in der Vorbereitung hakt

 

Der St.-Viktor-Dom in Xanten. Ohne Hilfe können ihn Rollstuhlfahrer nur von außen betrachten. | Foto: pixabay.com
Der St.-Viktor-Dom in Xanten. Ohne Hilfe können ihn Rollstuhlfahrer nur von außen betrachten. | Foto: Pixabay

Ein barrierefreier Zugang war in den letzten Jahren immer wieder Stadtgespräch. 2016 nahm das Thema richtig an Fahrt auf, als die Interessensvertretung „All inclusive“ (Alles inklusiv), die sich für Menschen mit Handicap einsetzt, mobil machte. Die jetzige Pflasterung sei eine Stolpergefahr, befürchtete Wolfgang Diamant, Mitglied von „All inclusive“ und Vorsitzender des überparteilichen Inklusionbeirats der Stadt. Die Unebenheiten erschütterten zudem einen elektrischen Scooter so sehr, dass sich Platinen lösen könnten.

Der barrierefreie Zugang erweist sich als schwerer umsetzbar als gedacht, auch wenn die Politik dahinterstand. Viele Gespräche waren erforderlich, die Pfarrgemeinde und das Bistum Münster mussten ins Boot geholt, der Landschaftsverband Rheinland bei der Lösung eingebunden werden.

 

Denkmalschutz verbietet Rampe

 

Eine fest installierte Rampe hoch zur Pforte verbot sich aus Denkmalschutzgründen. Das Amt für Denkmalpflege im Rheinland äußerte große Vorbehalte. „Ein schwieriges Unterfangen in einem sensiblen Bereich“, heißt es in einer Stellungnahme. Bauliche Eingriffe seien erforderlich. Außerdem würde das Erscheinungsbild verändert.

Daher bezweifelte das Amt, dass eine denkmalverträgliche Variante gefunden werden könne und wies darauf hin, dass bereits über den Kreuzgang der „selbstständige und eigenverantwortliche“ Eintritt möglich sei. Helga Schüngel will das nicht akzeptieren. Sie verweist auf andere denkmalgeschützte Gebäude wie den Kölner Dom. Dort gebe es eine „barrierefreie Anschrägung“.

 

Grabungsfunde unterbrechen die Arbeit

 

Kaum hatten im Mai die Xantener Arbeiten für den neuen Weg begonnen, ruhten sie schon wieder. Ein Bauarbeiter war in einem Meter Tiefe auf menschliche Überreste gestoßen.

„Vermutlich aus dem Spätmittelalter, 1400 bis 1600 nach Christus“, lautete die erste Einschätzung von Dieter Hupka von der Kölner Fachfirma Archbau. Das Unternehmen ist immer zugegen, wenn bei Tiefbauarbeiten in einem historischen Umfeld archäologische Funde nicht auszuschließen sind. Und die gibt es in Xanten reichlich. „Dass hier etwas liegt, wusste man von früheren Bauarbeiten“, erklärt Hupka.

 

Bauarbeiten gehen weiter – ein Problem bleibt

 

Die Knochenfragmente – darunter Skelettteile und Schädel – sind für Hupka also keine Überraschung: „Im Mittelalter waren Friedhöfe oft überfüllt. Die Menschen mussten ihre Verstorbenen  außerhalb der Städte bestatten.“ Um eine derartige Grabstätte müsse es sich auch hier handeln.

Seit der Bergung der Funde ging es auf der Baustelle voran. Im Herbst werden die Arbeiten beendet sein. „Ein barrierefreier Zugang ist uns ein besonderes Anliegen“, sagt Propst Klaus Wittke. „Wir sind immer bemüht, Menschen mit Handicap zu unterstützen.“ Dazu gehört auch, dass die schwere Holztür zum Windfang einen elektronischen Öffner erhält. Aber dann bleibt noch der mangelnde Platz im Windfang, fürchtet Schüngel.

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