BISTUM MÜNSTER

Das Diözesankomitee wirbt für eine weltoffene Kirche – seit 60 Jahren

Anzeige

Als Vertretung der Laien im Bistum Münster gestaltet das Diözesankomitee der Katholiken Kirche und Gesellschaft mit. Beispiele seines Wirkens.

 

Als vor drei Jahren mit Brigitte Lehmann und Ulrich Vollmer erstmals ein Leitungsduo an die Spitze des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster gewählt wurde, war der Synodale Weg der deutschen katholischen Kirche in vollem Gang. Mutig und couragiert in ihren Äußerungen nahmen die Neugewählten zu diesem Reformprozess Stellung: „Ich wünsche mir eine reformbereite Kirche, die sich öffnet, die Lebenswirklichkeit der Menschen wahrnimmt und die Stimmen aller Gläubigen integriert“, hatte Vollmer seine Erwartungen gegenüber „Kirche+Leben“ formuliert.

Und auch Brigitte Lehmann hatte frühzeitig konservative Skeptiker dieses von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der Katholiken gemeinsam getragenen Gesprächsprozesses gewarnt: „Der Synodale Weg darf als Reformprojekt nicht vor die Wand gefahren werden.“

Vertretung von 1,7 Millionen Katholiken

Meinungsbildend, in der Sache streitbar und dialogbereit: Das Diözesankomitee der Katholiken trägt mit seinen Stellungnahmen und Beurteilungen zur Vielfalt der Kirche bei. Dem Zusammenschluss der organisierten Laien im Bistum Münster gehören Vertreterinnen und Vertreter diözesaner Verbände und der Gremien auf Kreisdekanatsebene ebenso an wie weitere katholische Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft. Die Laienvertretung will in Politik und Gesellschaft hineinwirken und gleichzeitig will sie innerkirchlich die Anliegen der rund 1,7 Millionen Katholikinnen und Katholiken artikulieren und das kirchliche Leben mitgestalten.

Das Diözesankomitee hat sich wiederholt zu den politischen Herausforderungen geäußert und unter anderem vor dem europaweiten Aufschwung rechtspopulistischer Parteien gewarnt. In dem Wahlaufruf zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025 hieß es: „Überlassen wir unser Land nicht autoritären Parteien und Bewegungen oder mächtigen Einzelpersonen, die erkennbar unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen und autokratischen Staatsformen den Weg bereiten wollen.“

Klare Kante gegen die AfD

Weil für das Diözesankomitee die Würde eines jeden Menschen unabhängig von Herkunft, Milieu oder Status unantastbar ist, hat es prägnant formuliert: „Darum wählen wir nicht die AfD!“ Jahre zuvor hatte das Diözesankomitee beschlossen, AfD-Vertreter nicht zu seinen Veranstaltungen einzuladen.

Ebenso eindeutig sind die Aussagen des Diözesankomitees zum Asylrecht und zur Flüchtlingspolitik. Die Politik schütze vorrangig Grenzen und nicht Flüchtlinge, hieß es etwa in einem Text aus dem Jahr 2013.

44 Verbände Mitglied im Diözesankomitee

Schon damals war dem Diözesankomitee bewusst, dass die Kirche in der Flüchtlingsfrage Verantwortung zu tragen hat, zum Beispiel in der Bereitstellung von Wohnraum: „Wir appellieren an Pfarreien und kirchliche Einrichtungen, zu überprüfen, ob leerstehende Gebäude und Räume als Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden können.“

Zu den Themen der Zeit Stellung zu nehmen und dabei die Interessen der 44 katholischen Verbände, für die das Diözesankomitee ein wichtiges Sprachrohr ist, verlangt ein Gespür für transparente Kommunikation und Gesprächskultur. „Jeder Verband hat eine eigene Zielgruppe, die besonders angesprochen werden will“, hat der Vorstand des Diözesankomitees einmal formuliert.

Münster: Bistumspartnerschaft mit Ghana

Den Blick in den globalen Süden hat das Diözesankomitee der Katholiken sehr früh gerichtet: Seit 1982 besteht die Diözesanpartnerschaft zwischen dem Bistum Münster und den nordghanaischen Diözesen Tamale, Damongo, Wa, Navrongo-Bolgatanga und Yendi.

Damals hatte ein Sachausschuss des damaligen Diözesankomitees der katholischen Verbände in Abstimmung mit der Bistumsleitung den Bischöfen der nordghanaischen Kirchenprovinz eine Partnerschaft angeboten mit dem Ziel, „als Christen und Menschen unterschiedlicher Kontinente voneinander zu lernen und sich gegenseitig in Liebe und Respekt vor dem menschlichen Leben, der Kultur und Religiosität anzunehmen“.

Konzil stärkte Mitarbeit von Laien

Im Rahmen der Bistumspartnerschaft engagieren sich mit Leidenschaft Frauen und Männer in 35 Pfarreien. Sie leisten praktische Hilfen, vornehmlich in den Bereichen Gesundheit, Bildung und wirtschaftliche Entwicklung. Der Sachausschuss Weltkirche des Diözesankomitees der Katholiken begleitet intensiv die Bistumspartnerschaft und die einzelnen Gemeindepartnerschaften.

Die Ursprünge der Laienvertretung liegen 60 Jahre zurück, als das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) die Diözesen in aller Welt ermutigte, diözesane Gremien der Mitverantwortung einzurichten. Das Bistum Münster hatte bereits in seiner Diözesansynode von 1958 Vorschläge erarbeitet, das organisierte Laienapostolat in die Mitverantwortung der kirchlichen Arbeit auf der Ebene der Pfarreien, der Dekanate und des Bistums zu bringen. Das Konzil hatte die Errichtung von Beratungsorganen empfohlen, um dem Grundsatz der Einheit des Volkes Gottes einen institutionellen Rahmen zu geben.

Gründung im Jahr 1965

Am 18. Juni 1965 konstituierte sich das Diözesankomitee im Bistum Münster. Die Anmeldeliste war ein beeindruckender Spiegel des organisierten Vereinskatholizismus: die Männerbewegung mit neun Organisationen, die Frauenverbände mit vier, die männliche Jugend mit acht, die weibliche mit sechs. Aus dem karitativen Bereich kamen sieben Organisationen. Weitere Vertreter sandten die Bildungseinrichtungen. Bezirksdechanten und Vorsitzende von Bezirkskomitees vervollständigten die Teilnehmerliste.

Themen waren Aufgaben der Gemeinde, das Verständnis des Konzils, die Förderung des Laienapostolats, die Fragen von Erziehung, Bildung und Familie, der „Dienst am Nächsten“ und die Liturgie. Einen breiten Raum nahm die Forderung nach einer selbstverantwortlichen Tätigkeit der Laien ein. Überall sollten Pfarrkomitees gebildet werden. Es waren die Vorläufer der Pfarrgemeinderäte und heutigen Pfarreiräte.

Appell von Franz Kamphaus

In der Zeit des Experimentierens von Räten und Komitees sprach der seinerzeitige Assistent der Katholisch-Theologischen Fakultät, Franz Kamphaus, der später Bischof von Limburg werden sollte, 1969 über den „Auftrag des Diözesankomitees in der gegenwärtigen Situation der Kirche“.

Kamphaus warnte vor einem Rückzug der Laien in den Binnenraum der Kirche, als er sagte: Die Entpolitisierung der Kirche werde zwar „weithin als heilsame Läuterung betrachtet“, und kaum jemand sehne sich nach der „Zeit der Wahlhirtenbriefe und des Schulkampfes“ zurück. „Doch: Sollte gesellschaftspolitische Abstinenz der Auftrag des Evangeliums sein? Wo steht das Thema Gastarbeiter auf der Tagesordnung unserer Pfarrkomitees? Stattdessen streiten wir uns, ob die Kommunionbank entfernt werden soll oder nicht. Spüren wir diese Diskrepanz? Die Welt brennt, und wir spielen im Sandkasten.“

Diözesanforum „Mit einer Hoffnung unterwegs“

Wenig später gründete die Bistumsleitung unter Beteiligung des Diözesankomitees den Diözesanrat, dem die eigentliche Leitung des Bistums obliegt, wobei der Bischof Vorsitzender dieses Rates ist. Laienvertreter bildeten eine „Arbeitsgemeinschaft der katholischen Verbände“, die später Diözesankomitee der katholischen Verbände genannt wurde. Im Zusammenspiel mit Vertretern der kirchlichen Gremien aus den Gemeinden konstituierte sich am 7. Juni 2002 das „Diözesankomitee der Katholiken im Bistum Münster“ als Zusammenschluss der organisierten Kräfte des Laienapostolates.

20 Jahre, von 1990 bis 2010, leitete Margret Pernhorst aus Lüdinghausen im Kreis Coesfeld das Diözesankomitee, das wesentlich das Diözesanforum „Mit einer Hoffnung unterwegs“ (1994-1997) für eine gedeihliche Zukunft der Kirche auf den Weg brachte. Über diese Zeit sagte Margret Pernhorst einmal: „Die Aktiven in Verbänden und Gemeinden wollten eine zukunftsfähige Kirche. Alte Strukturen sollten aufgebrochen werden. Vielen war klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen konnte, denn die Menschen ändern sich. Darum muss sich auch die Kirche auf allen Ebenen stets ändern.“

Leistung von freiwillig Engagierten

Später repräsentierten dann Notburga Heveling und Kerstin Stegemann als Vorsitzende das Diözesankomitee. Heveling, die von 2011 bis 2018 die Laienvertretung leitete, hatte großen Anteil am Gelingen des deutschen Katholikentags 2018 in Münster.

Stegemann, die nachfolgend bis 2022 die Leitung ausübte, sagte anlässlich ihres Abschieds in einem Gespräch mit Kirche+Leben: „Auch wenn ich rückblickend sagen würde, dass die Zusammenarbeit mit der Bistumsleitung gut war, wünsche ich mir manches deutlichere Zeichen der Wertschätzung für die große Leistung der ehrenamtlich Engagierten.“

 

Anzeige